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Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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spielen, während Sir Arthurs Bruder drei Körbe mit Telegrammen und Kabelnachrichten hereinträgt, öffnet und verliest. Dann gibt es Essen und so viel Champagner, wie George sein Leben lang nicht hat fließen sehen, und Ansprachen und Trinksprüche, und als dann der Bräutigam seine Rede hält, sind darin Worte, die ebensogut Champagner sein könnten, denn sie sprudeln in Georges Gehirn hinauf und machen ihn schwindlig vor Aufregung.
    »… und zu meiner großen Freude darf ich heute auch meinen jungen Freund George Edalji unter uns begrüßen. Kein anderer Gast erfüllt mich mit solchem Stolz wie er …«, und dann wenden sich ihm Gesichter zu, und man lächelt ihn an, und Gläser werden leicht angehoben, und er weiß überhaupt nicht, wohin er schauen soll, merkt aber, dass das ohnehin gleichgültig ist.
    Das Brautpaar dreht eine zeremonielle Runde auf der Tanzfläche, begleitet von viel fröhlichem Geschrei, und mischt sich dann unter die Gäste, erst gemeinsam, dann einzeln. George findet sich neben Mr Wood wieder, der mit dem Rücken zur Hälfte in einer Palme verschwindet und bis zu den Knien in Farnblättern steht.
    »Sir Arthur rät immer zur Tarnung«, sagt er augenzwinkernd. Gemeinsam schauen sie der Menge zu.
    »Ein glücklicher Tag«, bemerkt George.
    »Und das Ende eines sehr langen Weges«, antwortet Mr Wood.
    George weiß nicht, wie er diesen Satz verstehen soll, und begnügt sich daher mit einem zustimmenden Nicken. »Arbeiten Sie schon lange für Sir Arthur?«
    »Southsea, Norwood, Hindhead. Würde mich nicht wundern, wenn die nächste Station Timbuktu wäre.«
    »Tatsächlich?«, sagt George. »Geht dort die Hochzeitsreise hin?«
    Darauf runzelt Mr Wood die Stirn, als sei ihm die Frage zu hoch. Er trinkt wieder einen Schluck aus seinem Champagnerglas. »Wie ich höre, wären Sie gern ganz allgemein verheiratet. Sir Arthur meint, heiraten sollte man nur im Be-son-de-ren.« Das letzte Wort spricht er mit einem Stakkato-Effekt aus, der ihn aus irgendeinem Grund zu erheitern scheint. »Oder ist das zu naheliegend und offensichtlich?«
    Diese Wendung des Gesprächs erschreckt George und macht ihn auch ein wenig verlegen. Mr Wood streicht sich mit dem Zeigefinger über die Nase. »Ihre Schwester hat geplaudert«, erklärt er. »Gleich zwei nebenberuflich beratenden Detektiven war sie nicht gewachsen.«
    »Maud?«
    »So hieß sie, ja. Nette junge Dame. Etwas still, nichts dagegen einzuwenden. Nicht, dass ich selbst Heiratsabsichten hätte, weder im Allgemeinen noch im Be-son-de-ren.« Er lächelt in sich hinein. George kommt zu dem Schluss, das sei nicht boshaft gemeint, sondern liebenswürdig. Er hat aber den Verdacht, Mr Wood könne ein wenig berauscht sein. »Bisschen viel Aufwand, wenn Sie mich fragen. Und was das alles kostet.« Mr Woods schwankendes Glas umfasst das Orchester, die Blumen, die Kellner. Einer von denen versteht die Geste als Befehl und schenkt ihm nach.
    Als George sich allmählich fragt, worauf diese Unterhaltung hinauslaufen soll, sieht er über Mr Woods Schulter hinweg, wie Lady Conan Doyle auf sie zu steuert.
    »Woodie«, sagt sie, und George hat den Eindruck, dass sein Gefährte ein merkwürdiges Gesicht zieht. Doch bevor er das recht beurteilen kann, ist der Sekretär irgendwie verschwunden.
    »Mr Edalji.« Lady Conan Doyle spricht seinen Namen mit genau der richtigen Betonung aus und legte ihm eine behandschuhte Hand auf den Unterarm. »Ich bin so froh, dass Sie kommen konnten.«
    George ist verblüfft: Es ist ja nicht so, dass er viele andere Verabredungen absagen musste, um hier zu sein.
    »Ich wünsche Ihnen alles Glück«, antwortet er. Er schaut ihr Kleid an. So etwas hat er noch nie gesehen. Sein Vater hat in Staffordshire viele Dorfmädchen getraut, aber keins von ihnen hat jemals auch nur im Entferntesten so etwas getragen. Wahrscheinlich sollte er etwas Lobendes darüber sagen, weiß aber nicht, wie man das macht. Aber das ist egal, denn sie spricht wieder zu ihm.
    »Mr Edalji, ich möchte mich bei Ihnen bedanken.«
    Wieder ist er verblüfft. Ob sie schon ihre Hochzeits g eschenke aufgemacht haben? Gewiss nicht. Aber was könnte sie sonst meinen?
    »Nun ja, ich wusste nicht recht, was Sie brauchen könnten …«
    »Nein«, sagt sie, »das meine ich nicht, egal, was es ist.« Sie lächelt ihm zu. Ihre Augen sind irgendwie graugrün, denkt er, ihre Haare golden. Starrt er sie an? »Ich meine, zum Teil habe ich es Ihnen zu verdanken, dass es zu diesem glücklichen Tag

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