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Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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jetzt und auf diese Weise gekommen ist.«
    Jetzt ist George vollends verwirrt. Obendrein starrt er sie an, das weiß er.
    »Wahrscheinlich werden wir jeden Moment unterbrochen, und ich hatte ohnehin nicht vor, das näher zu erklären. Vielleicht werden Sie nie erfahren, was ich meine. Aber ich bin Ihnen in einer Weise dankbar, die Sie nicht erraten können. Und darum ist es auch richtig, dass Sie hier sind.«
    George grübelt noch über diese Worte nach, als ein geräuschvoller Wirbel die frischgebackene Lady Conan Doyle hinwegträgt. Ich bin Ihnen in einer Weise dankbar, die Sie nicht erraten können . Wenig später drückt ihm Sir Arthur die Hand, sagt, er habe jedes Wort seiner Rede ehrlich gemeint, klopft ihm auf die Schulter und geht weiter zu seinem nächsten Gast. Die Braut verschwindet und taucht dann in anderen Kleidern wieder auf. Ein letzter Toast wird ausgebracht, Gläser werden geleert, man lässt das junge Paar hochleben, das Paar fährt ab. Für George bleibt nichts anderes zu tun, als sich von seinen vorübergehenden Freunden zu verabschieden.
    Am nächsten Morgen kaufte er sich die Times und den Daily Telegraph . Die eine Zeitung verzeichnete seinen Namen zwischen dem von Mr Frank Bullen und dem von Mr Hornung, die andere rückte ihn zwischen Mr Bullen und Mr Hunter. Er erfuhr, dass die weißen Blumen, die er nicht kannte, lilium Harrisii hießen. Und dass Sir Arthur und Lady Conan Doyle nach Paris aufgebrochen waren, um von dort nach Dresden und Venedig weiterzufahren. »Die Braut«, las er, »reiste in einem Kleid aus elfenbeinfarbenem Stoff, das mit einer weißen Soutache-Borte besetzt war. Oberteil und Ärmel waren aus Spitze, die Überärmel aus Tuch. Die Taille der Jacke wurde im Rücken mit goldbestickten Knöpfen betont. Vorne fiel der Stoff in weichen Volants über einer Spitzen-Chemisette auseinander. Die Kleider stammten aus der Maison Dupree, von Lee und B. M. «
    Er verstand kaum ein Wort davon. Für ihn war das ebenso mysteriös wie die Worte, die die Trägerin der Kleider am Vortag zu ihm gesagt hatte.
    Er fragte sich, ob er selbst je heiraten würde. Wenn er sich in der Vergangenheit beiläufig diese Möglichkeit vorgestellt hatte, war der Schauplatz immer St Mark’s gewesen, wo sein Vater die Trauung vornahm und seine Mutter stolz zu ihm herübersah. Das Gesicht seiner Braut hatte er nie erkennen können, was ihn aber nicht störte. Nach seiner Leidensgeschichte kam ihm dieser Schauplatz jedoch nicht mehr glaubhaft vor, und das schien gegen die Wahrscheinlichkeit des ganzen Ereignisses zu sprechen. Er fragte sich, ob Maud jemals heiraten würde. Und Horace? Über das jetzige Leben seines Bruders wusste er wenig. Horace hatte sich geweigert, zu dem Prozess zu kommen, und hatte ihn nie im Gefängnis besucht. Von Zeit zu Zeit schickte er noch eine dürftige Postkarte. Horace war seit etlichen Jahren nicht mehr zu Hause gewesen. Vielleicht war er bereits verheiratet.
    George fragte sich, ob er Sir Arthur und die frischgebackene Lady Conan Doyle je wiedersehen würde. Er würde die nächsten Monate und Jahre in dem Bemühen verbringen, sich in London wieder das Leben aufzubauen, das er einst in Birmingham begonnen hatte; sie aber würden fortgehen und sich eines Lebens freuen, das einem weltberühmten Schriftsteller und seiner frisch angetrauten Gattin geziemte. Er wusste nicht recht, wie es mit ihm und Sir Arthur weitergehen sollte, wenn es kein gemeinsames Anliegen mehr gab. Vielleicht war er jetzt überempfindlich oder überängstlich. Doch er versuchte sich vorzustellen, wie er sie in Sussex besuchte, oder mit Sir Arthur in seinem Londoner Club speiste, oder sie beide in einer seinen Verhältnissen entsprechenden, bescheidenen Wohnung empfing. Nein, das war wieder eine unglaubwürdige Szene aus einem Leben, das er nicht haben würde. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden sie sich nie wieder begegnen. Dennoch, für ein Dreivierteljahr hatten sich ihre Wege gekreuzt, und wenn der gestrige Tag das Ende dieses gemeinsamen Weges bezeichnete, dann war das George vielleicht gar nicht so unrecht. Ja, zum Teil war es ihm sogar lieber so.

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Vier
Enden

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George
    An dem Dienstag schob Maud schweigend den Daily Herald über den Frühstückstisch. Sir Arthur war am vergangenen Morgen um 9 Uhr 15 in Windlesham, seinem Wohnsitz in Sussex, gestorben. RÜHMT STERBEND SEIN E FRAU verkündete die Schlagzeile und dann »DU BIST WUNDERBAR!«, SAGT DER SCHÖPFER VON SHERLOCK HOLMES und dann

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