Arthur & George
Stafford-Knotens gehalten. Das tat kund, was jeder bereits wusste: dass Captain the Honourable George Augustus Anson, Chief Constable seit 1888 , Deputy Lieutenant der Grafschaft seit 1900 , mit Leib und Seele Staffordshirianer war. Als Berufspolizist der neuen Schule sah Campbell nicht ein, warum die Constabulary ausgerechnet von dem einzigen Amateur in der Truppe befehligt werden musste; doch ihm erschien vieles im gesellschaftlichen Gefüge willkürlich und mehr auf überholte Vorurteile denn auf moderne Vernunft gegründet. Immerhin genoss Anson bei seinen Untergebenen Respekt; er galt als ein Chef, der sich für seine Beamten einsetzte.
»Campbell, Sie haben sicher erraten, warum ich Sie hergebeten habe.«
»Vermutlich wegen der Verstümmelungen, Sir.«
»In der Tat. Wie viele sind es bisher?«
Campbell hatte sich gut vorbereitet, griff aber trotzdem zu seinem Notizbuch.
»Zweiter Februar, wertvolles Pferd von Mr Joseph Holmes. Zweiter April, Pferd von Mr Thomas, auf genau dieselbe Art aufgeschlitzt. Vierter Mai, eine Kuh von Mrs Bungay, ähnlich misshandelt. Zwei Wochen später, am achtzehnten Mai, ein Pferd von Mr Badger entsetzlich verstümmelt, ebenso in derselben Nacht fünf Schafe. Und vergangene Woche, am sechsten Juni, zwei Kühe von Mr Lockyer.«
»Immer nachts?«
»Immer nachts.«
»Irgendein Muster erkennbar?«
»Sämtliche Taten geschahen innerhalb von drei Meilen um Wyrley. Und … ich weiß nicht, ob das ein Muster ist, aber sie fallen alle in die erste Woche des Monats. Bis auf die vom achtzehnten Mai.« Campbell spürte Ansons Blick und sprach eilig weiter. »Doch das Vorgehen ist bei allen Taten weitgehend gleich.«
»Gleich abscheulich, nehme ich an.«
Campbell sah den Chief Constable an und wusste nicht recht, ob dieser Einzelheiten hören wollte oder nicht. Er fasste sein Schweigen als bedauernde Zustimmung auf.
»Die Tiere wurden am Unterbauch aufgeschlitzt. Kreuzweise und in der Regel mit einem einzigen Schnitt. Bei den Kühen … bei den Kühen wurden auch die Euter verstümmelt. Und es kam auch zu Verletzungen an ihren … ihren Geschlechtsteilen, Sir.«
»Unglaublich, Campbell, nicht wahr? Solch sinnlose Grausamkeit an wehrlosen Tieren?«
Campbell versuchte sich einzureden, sie säßen nicht unter den glasigen Augen und dem abgetrennten Kopf eines Elchs oder Rentiers. »Ja, Sir.«
»Wir suchen also nach einem Wahnsinnigen mit einem Messer.«
»Einem Messer wahrscheinlich nicht, Sir. Ich habe mit dem Veterinär gesprochen, der sich um die späteren Fälle gekümmert hat – das Pferd von Mr Holmes wurde zum damaligen Zeitpunkt als Einzelfall betrachtet –, und er stand vor einem Rätsel, welches Instrument da verwendet worden war. Es muss sehr scharf gewesen sein, doch andererseits hat es nur die Haut und die oberste Muskelschicht durchschnitten, weiter nichts.«
»Und was spricht gegen ein Messer?«
»Ein Messer – etwa ein Schlachtermesser – wäre tiefer eingedrungen. Zumindest an einer Stelle. Ein Messer hätte die Eingeweide getroffen. Keins der Tiere wurde tatsächlich getötet. Jedenfalls starben sie nicht sofort. Sie sind entweder verblutet oder wurden in einem solchen Zustand aufgefunden, dass sie eingeschläfert werden mussten.«
»Und wenn es kein Messer war?«
»Etwas, das glatt, aber nicht tief schneidet. Ein Rasiermesser, zum Beispiel. Aber mit größerer Kraft als ein Rasiermesser. Es könnte ein Gerät aus der Lederverarbeitung sein. Oder ein Werkzeug, das auf einem Bauernhof Verwendung findet. Ich würde annehmen, dass der Mann im Umgang mit Tieren geübt war.«
»Der Mann oder die Männer. Ein gemeiner Schurke oder eine Bande von gemeinen Schurken. Und ein gemeines Verbrechen. Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?«
»In Birmingham nicht, Sir.«
»Nein, wohl kaum.« Anson lächelte matt und verfiel in Schweigen. Campbell erlaubte sich einen Gedanken an die Polizeipferde im Stall von Stafford: Sie waren so aufmerksam und sensibel mit ihrem warmen Leib, ihrem scharfen Geruch und fast schon wolligen Fell; sie zuckten mit den Ohren und neigten den Kopf, wenn man sich ihnen näherte; sie schnaubten durch die Nase, dass es sich anhörte wie ein kochender Wasserkessel. Was musste das für ein Mensch sein, der so einem Tier etwas Böses wünschen konnte?
»Superintendent Barrett erinnert sich an einen etliche Jahre zurückliegenden Fall. Ein armer Teufel war in Schulden geraten und brachte sein eigenes Pferd um, damit er die Versicherung kassieren
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