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Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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ein paar Jahren gab es eine Kampagne gegen die Familie.«
    »Das habe ich in den Akten gesehen. Hatte das einen Grund?«
    »Wer weiß? Es gab ein gewisses … Unbehagen, als der Pfarrer damals die Pfründe bekam. Die Leute wollten keinen Schwarzen auf der Kanzel haben, der ihnen ihre Sünden vorhält, so in der Art. Aber das ist eine Ewigkeit her. Ich selbst bin Nonkomformist. Wir sind aufgeschlossener, finde ich.«
    »Dieser Bursche – der Sohn –, sieht der für Sie wie ein Pferdeschlitzer aus?«
    Parsons kaute auf seinen Lippen herum, ehe er antwortete. »Inspector, ich will mal so sagen. Wenn Sie erst so lange in dieser Gegend Dienst getan haben wie ich, werden Sie merken, dass keiner wie dies oder das aussieht. Oder auch nicht wie dies oder das. Können Sie mir folgen?«

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George
    Der Briefträger zeigt George den amtlichen Stempel auf dem Umschlag: FRANKIERUNG UNZUREICHEND . Der Brief kommt aus Walsall; sein Name und die Kanzleiadresse sind sauber und ordentlich geschrieben, darum nimmt George die Sendung an. Das kostet ihn Twopence, doppelt so viel wie das fehlende Porto. Er freut sich, als er den Inhalt sieht: ein Bestellformular für Railway Law . Ein Scheck oder eine Postanweisung liegt aber nicht bei. Der Absender will 300 Exemplare haben und gibt seinen Namen mit Beelzebub an.
    Drei Tage danach fangen die Briefe wieder an. Dieselben Briefe wie früher – verleumderisch, blasphemisch, irre. Sie kommen in seine Kanzlei, was er als unverschämtes Eindringen in seinen persönlichen Bereich empfindet: Hier ist er sicher und geachtet, hier verläuft das Leben in geordneten Bahnen. Den ersten Brief wirft er instinktiv fort; die übrigen legt er dann in eine untere Schublade, um sie als Beweismittel aufzubewahren. George ist kein ängstlicher Jüngling mehr wie bei den ersten Verfolgungen; er hat es zu etwas gebracht, er ist ein Solicitor mit vier Jahren Berufserfahrung. Solche Belästigungen kann er ignorieren, wenn er will, oder aber angemessen mit ihnen umgehen. Und die Birminghamer Polizei ist zweifellos tüchtiger und moderner als die Staffordshire Constabulary.
    Eines Abends kurz nach 18 : 10 hat George eben seine Dauerfahrkarte wieder eingesteckt und hängt sich gerade den Schirm über den Unterarm, als er eine Gestalt neben sich bemerkt.
    »Geht’s uns gut, junger Herr?«
    Es ist Upton, noch dicker und rotgesichtiger als vor Jahren und wahrscheinlich auch noch dümmer. George geht einfach weiter.
    »Guten Abend«, antwortet er kurz angebunden.
    »Wir genießen das Leben, ja? Haben einen guten Schlaf?«
    Früher einmal hätte George es mit der Angst bekommen oder wäre stehengeblieben, um zu hören, was Upton von ihm wollte. Aber das ist jetzt anders geworden.
    »Jedenfalls schlafwandeln wir nicht, wie ich hoffe.« George geht bewusst schneller, sodass der Sergeant nun keuchen und schnauben muss, um mit ihm Schritt zu halten. »Wir haben nämlich, müssen Sie wissen, den Bezirk mit Hilfspolizisten überschwemmt. Überschwemmt. Darum wäre es sogar für einen So-li-ci-tor nicht gut, wenn er schlafwandelte, o nein.« Ohne seine Schritte zu verlangsamen, wirft George diesem Narren mit seinen leeren Drohungen einen verächtlichen Blick zu. »O ja, ein So-li-ci-tor. Hoffentlich nützt Ihnen das was, junger Herr. Gewarnt ist gewappnet, wie es so schön heißt, oder vielleicht auch andersrum.«
    Seinen Eltern erzählt George nichts von dem Vorfall. Es gibt einen direkteren Anlass zur Sorge: Die Nachmittagspost hat einen Brief aus Cannock mit einer wohlbekannten Handschrift gebracht. Er ist an George adressiert und mit »Ein Freund der Gerechtigkeit« unterzeichnet:
    Ich kenne Sie nicht, habe Sie aber manchmal in der Eisenbahn gesehen und würde Sie wohl auch nicht sehr mögen, wenn ich Sie kennte, weil ich Einge borene nicht leiden kann. Aber ich meine, jeder hat einen Anspruch auf Gerechtigkeit, und deshalb schreibe ich Ihnen, weil ich nicht glaube, dass Sie etwas mit den scheußlichen Verbrechen zu tun haben, über die alle reden. Alle Leute sagen, das müssen Sie gewesen sein, weil sie denken, Sie sind kein rechter Kerl und würden so etwas gerne tun. Darum werden Sie von der Polizei überwacht, aber die hat nichts gesehen, und jetzt überwachen sie jemand anders … Wenn wieder ein Pferd umgebracht wird, heißt es bestimmt, das waren Sie, darum sollten Sie Urlaub nehmen und verreisen, dann sind Sie nicht da, wenn der nächste Fall passiert. Die Polizei sagt, das wird am Ende des Monats sein, wie

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