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Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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sich selbst in die Denunziationen einbezogen. Aber er ist inzwischen älter geworden und begnügt sich nicht mehr damit, Amseln zu fangen und ihnen den Hals umzudrehen. Diesmal muss es – buchstäblich – ein paar Nummern größer sein. Kühe, Pferde. Und da er selbst körperlich nicht viel hermacht, lässt er sich von anderen dabei helfen. Und jetzt will er noch höher hinaus und kündigt uns zwanzig Mädchen an. Zwanzig junge Mädchen, Campbell.«
    »Allerdings, Sir. Sie erlauben, dass ich ein, zwei Fragen stelle?«
    »Aber ja.«
    »Erstens, warum sollte er sich selbst denunzieren?«
    »Um uns auf eine falsche Fährte zu locken. Er setzt absichtlich seinen eigenen Namen auf eine Liste von Leuten, die – wie wir wissen – mit der Sache nichts zu tun haben können.«
    »Demnach setzt er auch eine Belohnung für seine eigene Ergreifung aus?«
    »So kann er sicher sein, dass niemand darauf Anspruch erhebt außer ihm selbst.« Anson lachte trocken auf, doch Campbell schien den Scherz nicht zu verstehen. »Und natürlich ist das wieder eine Provokation der Polizei. Seht nur, wie die Constabulary herumstümpert, da muss ein armer, ehrlicher Bürger in die eigene Tasche greifen, damit ein Verbrechen aufgeklärt wird. Wenn ich’s mir recht überlege, könnte man diese Annonce als Verleumdung der Polizei auslegen …«
    »Aber – Verzeihung, Sir – warum sollte ein Solicitor aus Birmingham eine Bande hiesiger Rabauken um sich scharen, um Tiere zu verstümmeln?«
    »Sie haben ihn doch kennengelernt, Campbell. Welchen Eindruck hat er auf Sie gemacht?«
    Der Inspektor überlegte. »Intelligent. Nervös. Zunächst sehr darauf bedacht, uns gefällig zu sein. Dann ziemlich schnell gekränkt. Er bot uns seinen Rat an, und wir waren nicht sonderlich begeistert davon. Meinte, wir sollten es mit Bluthunden versuchen.«
    »Mit Bluthunden? Sind Sie sicher, dass er nicht von eingeborenen Spurenlesern sprach?«
    »Nein, Sir, von Bluthunden. Das Komische ist, als ich seine Stimme hörte – es war eine gebildete Stimme, eine Rechtsanwaltsstimme –, dachte ich an einer Stelle, mit geschlossenen Augen könnte man ihn glatt für einen Engländer halten.«
    »Während man ihn mit offenen Augen nicht unbedingt für einen Soldaten des Eliteregiments halten würde?«
    »So könnte man es ausdrücken, Sir.«
    »Ja. Das klingt, als hätten Sie – ob mit offenen oder geschlossenen Augen – den Eindruck von einem Menschen gewonnen, der sich für etwas Besseres hält. Wie soll ich mich ausdrücken? Jemand, der sich einer höheren Kaste zugehörig fühlt?«
    »Schon möglich. Aber warum sollte so ein Mensch ausgerechnet Pferde aufschlitzen wollen? Statt seine Schläue und Überlegenheit dadurch zu beweisen, dass er zum Beispiel große Geldsummen unterschlägt?«
    »Wer weiß, ob er das nicht auch im Schilde führt? Ehrlich gesagt, Campbell, das Warum interessiert mich viel weniger als das Wie und Wann und Was.«
    »Ja, Sir. Doch wenn Sie wollen, dass ich den Burschen festnehme, wäre es hilfreich, wenn wir einen Anhaltspunkt für sein Motiv hätten.«
    Solche Fragen mochte Anson nicht; seiner Ansicht nach wurden sie heutzutage in der Polizeiarbeit viel zu oft gestellt. Alle stöberten mit Leidenschaft im Innenleben eines Verbrechers herum. Dabei sollte man einen Burschen fassen, festnehmen, vor Gericht stellen und für ein paar Jahre hinter Gitter bringen, je länger, desto besser. Wen interessierte schon, was im Kopf eines Missetäters vorging, während er seine Pistole abfeuerte oder einem das Fenster einschlug. Der Chief Constable wollte gerade etwas in der Art sagen, da brachte ihn Campbell auf eine Idee.
    »Immerhin können wir Habgier als Motiv ausschließen. Er zerstört ja nicht seinen eigenen Besitz, um die Versicherung zu schröpfen.«
    »Wer den Heuschober seines Nachbarn in Brand steckt, tut das nicht aus Habgier. Er tut es aus Bosheit. Er tut es, weil es ihm Vergnügen macht, Flammen am Himmel und Angst auf den Gesichtern der Menschen zu sehen. Vielleicht hat Edalji einen tödlichen Hass auf Tiere. Sie werden dem zweifellos nachgehen. Wenn es aber ein Muster in der zeitlichen Abfolge der Übergriffe gibt, wenn sie meistens am Monatsanfang geschehen, dann hat es womöglich etwas mit irgendeinem Opferritus zu tun. Vielleicht handelt es sich bei dem mysteriösen Messer, das wir suchen, um ein Kultgerät indischer Herkunft. Einen Krummdolch oder dergleichen. Soweit ich weiß, ist Edaljis Vater Parse. Sind das nicht

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