Arthur & George
Feueranbeter?«
Campbell sah ein, dass die professionellen Methoden bislang nichts ergeben hatten, wollte sie aber nicht gern durch derart wilde Spekulationen ersetzt sehen. Und wenn die Parsen Feueranbeter waren, sollte man dann nicht eher erwarten, dass der Mann zum Brandstifter wurde?
»Übrigens bitte ich Sie nicht, den Anwalt festzunehmen.«
»Nein, Sir?«
»Nein. Ich bitte Sie – ich befehle Ihnen –, alle Einsatzkräfte auf ihn zu konzentrieren. Überwachen Sie das Pfarrhaus tagsüber unauffällig, lassen Sie ihn bis zum Bahnhof verfolgen, stellen Sie einen Mann nach Birmingham ab – für den Fall, dass er mit dem geheimnisvollen Captain zu Mittag speist –, und nach Einbruch der Dunkelheit observieren Sie das Haus vollständig. Sorgen Sie dafür, dass er nicht vor die Hintertür treten und ausspucken kann, ohne einen Hilfspolizisten zu treffen. Irgendwas wird er tun, das weiß ich, irgendwas wird er tun.«
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George
George versucht, sein Leben ganz normal weiterzuführen: Das ist schließlich sein gutes Recht als frei geborener Engländer. Es ist aber nicht leicht, wenn man sich ständig bespitzelt fühlt; wenn nachts dunkle Gestalten auf das Grundstück des Pfarrhauses eindringen; wenn man alles Mögliche vor Maud und bisweilen auch vor der Mutter geheim halten muss. Die Gebete des Vaters klingen so kraftvoll wie eh und je und werden von den Frauen in der Familie ebenso ängstlich wiederholt. George spürt, dass er immer weniger auf den Schutz Gottes vertraut. Der einzige Moment des Tages, an dem er sich sicher fühlt, ist der, wenn sein Vater die Schlafzimmertür abschließt.
Manchmal möchte George die Vorhänge zurückziehen, das Fenster aufreißen und den Beobachtern, die, wie er weiß, dort draußen lauern, sarkastische Bemerkungen zurufen. Was für eine groteske Verschwendung öffentlicher Gelder, denkt er. Zu seiner Überraschung stellt er fest, dass er ein aufbrausendes Temperament entwickelt. Zu seiner weiteren Überraschung kommt er sich damit recht erwachsen vor. Eines Abends wandert er wie gewöhnlich über die Feldwege, und hinter ihm läuft in einigem Abstand ein Hilfspolizist. George macht eine plötzliche Kehrtwendung und spricht seinen Verfolger an; der Mann hat ein verschlagenes Gesicht, trägt einen Tweedanzug und hätte eher in eine billige Kaschemme gepasst.
»Kann ich Ihnen vielleicht den Weg zeigen?«, fragt George, der mit Mühe die Höflichkeit wahrt.
»Ich komm schon zurecht, danke.«
»Sie sind nicht von hier?«
»Aus Walsall, wo Sie schon fragen.«
»Dies ist nicht der Weg nach Walsall. Warum laufen Sie zu dieser Tageszeit auf den Feldwegen von Great Wyrley herum?«
»Dasselbe könnte ich Sie auch fragen.«
Was für ein unverschämter Kerl, denkt George. »Sie folgen mir auf Anweisung von Inspector Campbell. Das ist ganz offensichtlich. Halten Sie mich für einen Idioten? Mich interessiert lediglich, ob Sie Befehl haben, sich jederzeit offen zu zeigen; in dem Fall wäre Ihr Verhalten als Verkehrsbehinderung auf öffentlichem Straßenland zu bezeichnen. Oder ob Campbell Sie angewiesen hat, sich verborgen zu halten; in dem Fall wären Sie ein ganz und gar unfähiger Hilfspolizist.«
Der Bursche grinst nur. »Das geht nur ihn und mich was an, meinen Sie nicht auch?«
»Ich würde so sagen, mein guter Mann« – und jetzt packt George ein sündhafter Zorn –, »Sie und Ihresgleichen sind eine erhebliche Verschwendung von Steuermitteln. Schon seit Wochen kriechen Sie hier im Dorf herum, und es ist nichts, absolut nichts dabei herausgekommen.«
Der Hilfspolizist grinst nur wieder. »Sachte, sachte«, sagt er.
Beim Abendessen schlägt der Pfarrer vor, George solle mit Maud einen Tagesausflug nach Aberystwyth machen. Das klingt wie ein Befehl, doch George weigert sich kategorisch: Er hat viel zu tun und will sich keinen Tag Urlaub nehmen. Er bleibt hart, bis Maud sich der Bitte des Vaters anschließt, und gibt dann widerstrebend nach. Am Dienstag sind sie vom frühen Morgen bis in die Nacht fort. Die Sonne scheint; die Bahnfahrt – ganze 124 Meilen mit der Great Western Railway – verläuft angenehm und ohne Zwischenfälle; Bruder und Schwester erleben ein ungewohntes Gefühl der Freiheit. Sie gehen am Meer spazieren, besichtigen die Fassade des University College und bummeln zum Ende der Seebrücke (Eintritt 2 Pence). Es ist ein herrlicher Augusttag mit einer sanften Brise, und sie sind sich völlig einig, dass sie nicht mit dem Ausflugsdampfer um die Bucht
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