Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
Vom Netzwerk:
Statuten. Mehr als ich ihn hasste, weil er mir meine Mutter genommen hatte. Mehr als ich mich hasste, weil ich nicht stark genug gewesen war, die Soldaten zu bekämpfen. Ich richtete jeden Funken des Hasses auf diese Frau, bis Schmerz und Zorn eins wurden.
    Endlich hörte sie auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Ach, du liebe Zeit«, sagte sie lächelnd. »Was für ein Kuddelmuddel. Möchten Sie ein Wundpflaster?«
    Er hatte eine Blume auf meinem Kopfkissen zurückgelassen. Ein Tausendschönchen mit gleichmäßigen Blütenblättern und einem langen, grünen Stengel. Der Gedanke, wie er das Fenster hochschob und es vorsichtig dort ablegte, wo ich meinen Kopf betten würde, rief einen Schmerz tief in meinem Inneren wach.
    Das Fensterbrett zog meinen Blick an. Dort hatte er noch eine Blume hinterlassen, kleiner, aber nicht minder perfekt. Die Vorstellung, wie er nach den schönsten Blumen suchte, entlockte mir ein Lächeln. Ich schob das Fenster hoch und lehnte mich hinaus, rechnete beinahe damit, dass er dort draußen auf mich wartete, aber das tat er nicht.
    Ein weiteres Tausendschönchen lag genau in der Mitte zwischen unseren Häusern im Gras. Begeistert von dem Spiel kletterte ich aus dem Fenster und bückte mich, um das Blümchen meinem langsam anwachsenden Strauß hinzuzufügen. Dann schaute ich mich um und fand, ein paar Meter weiter nahe der Rückseite des Hauses, noch eine Blume, die mir den Weg in seinen Garten wies.
    Kichernd folgte ich der Blumenspur, Tausendschönchen um Tausendschönchen. Meine Vorfreude wuchs, und ich stellte mir vor, wie er mich in die Arme nehmen würde, wenn ich ihn erst gefunden hatte, wie er mein Gesicht berühren würde, kurz bevor er mich küsste.
    Ich kletterte auf die Veranda und rief seinen Namen, als ich zur Hintertür hineinging. Im Raum war es dunkel, und es dauerte einige Sekunden, bis sich meine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten.
    Irgendwas stimmte nicht. Ich spürte es wie ein Kribbeln am Halsansatz, das mich davor warnte, noch weiterzugehen.
    »Chase?«
    Er trug eine Uniform. Die blaue Jacke stand offen und gab den Blick auf seinen Gürtel frei. Ich wurde ganz schwach, als ich die Waffe sah und die leere Schlaufe, dort wo der Schlagstock hätte sein müssen.
    »Ember, lauf!« Ich erschrak, als ich die Stimme meiner Mom hörte. Sie kniete auf der anderen Seite des Raums, die Finger auf dem Kaffeetisch ausgebreitet. Ms Brock stand mit hoch erhobener Gerte vor ihr.
    Ich blickte zu Mom herab und sah voller Entsetzen das Blut, das über ihre Finger strömte.
    Ich ließ die Tausendschönchen fallen und wollte zu ihr, aber Chase verstellte mir den Weg. Seine Augen waren kalt und leer, sein Körper nur noch die äußere Hülle des Jungen, den ich einmal gekannt hatte. Mit einem Schlagstock in der Hand drängte er mich in eine Ecke und zertrat meine Blumen auf dem Teppich.
    »Kämpf nicht gegen mich, Ember.«
    Ich zuckte aus dem Albtraum hoch, schweißüberströmt, selbst ohne Decke. Feuchtigkeit bedeckte perlend Stirn und Hals und benetzte mein Haar. Meine Kehle war heiß und dick und fühlte sich zerschlagen an, als ich sie berührte. In meinen Händen wütete ein pulsierender Schmerz, als würde die Haut in Flammen stehen.
    Die Bilder vergifteten noch immer meinen Geist. Ms Brock im Haus nebenan, wie sie meine Mutter schlug. Chase, der mich in eine Ecke trieb. Kämpf nicht gegen mich, Ember.
    Ich versuchte, mich auf meine echten Erinnerungen zu konzentrieren: Mein Chase hatte drinnen auf mich gewartet, mit offenen Armen und einem breiten Lächeln. Aber nach allem, was er getan hatte, kam mir sogar diese Erinnerung falsch vor.
    Langsam kam mir meine Umgebung wieder zu Bewusstsein. Ich war immer noch in der Besserungsanstalt. Immer noch in meinem Zimmer.
    Ich hörte ein Klicken, dann ein Rasseln. Es kam von Rebeccas Seite des Raums. Vom Fenster.
    Ein Einbrecher! Meine Muskeln spannten sich, bereit, mich im Eiltempo zur Tür hinauszubefördern.
    »Rebecca!«, krächzte ich, zwang mich zu einem schmerzhaften Schlucken. Meine in Socken steckenden Füße standen bereits auf dem Boden, und der Rock, der mir bis zu den Hüften hochgerutscht war, hatte sich um meine Beine gewickelt.
    Sie rührte sich nicht. Ich lauschte, aber da war kein Laut zu hören.
    Gar keiner, um genau zu sein. Nicht einmal Rebeccas Atmen.
    Ich zwang mich zur Ruhe. Wahrscheinlich war es nur der Wind gewesen, der über das Glas des Fensters fegte. Ein Ast oder totes Laub oder

Weitere Kostenlose Bücher