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Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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als ich wieder normal atmen konnte. Er war wieder finster gestimmt; fast konnte ich die Sturmwolken über seinem Kopf sehen, die meinen Schmerz vertrieben und den Zorn wieder aufleben ließen. Leute verändern sich? Das war nicht gut genug. Dass er sich verändert hatte, war offensichtlich, aber das erklärte weder, warum er uns verhaftet hatte, noch, warum er uns befreit hatte, es weckte nur den Wunsch in mir, ihn noch einmal zu treten. Und noch mehr wollte ich mich treten, weil ich mir trotz seiner Geheimnistuerei Sorgen machte. Den wirren Ausdruck in seinen Augen hatte ich mir nicht eingebildet. Etwas Finsteres lauerte in ihm. Wie ein Krebsgeschwulst. Und das war es, was ihn veränderte.
    Er wollte nicht über die Vergangenheit reden? Schön. Wahrscheinlich war das sowieso besser. Wir mussten uns darauf konzentrieren, den Checkpoint zu finden.
    »Einen Erste-Hilfe-Kasten und ein Zelt. Ein bisschen Trockennahrung, an die die Ratten nicht drangekommen sind.«
    Ich verzog das Gesicht und schob die Ersatzkleidung zusammen mit meinem Pullover aus der Besserungsanstalt unter die Klappe. Er befestigte einen dicken Schlafsack am Boden des Rucksacks, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen.
    »Wir müssen los«, sagte er und warf sich den Rucksack über die Schulter.
    Ich hatte keine Uhr, schätzte aber, dass es ungefähr acht war. Und bis zum Checkpoint waren es immer noch beinahe zwei Stunden.
    Draußen lag der Parkplatz verlassen da, und ich wusste wirklich nicht, warum ich geglaubt hatte, es könnte anders sein. Die Wolken, die am frühen Morgen hoch am Himmel dahingezogen waren, hingen nun tiefer über uns und hatten eine zinngraue Farbe angenommen. Die Luft, die vage nach Schwefel roch, war kühl und elektrisierend.
    Ich folgte Chase um das Gebäude herum und wäre beinahe gegen ihn geprallt, als er abrupt stehen blieb.
    Ich taumelte zurück. Das Gefühl der Gefahr übertrug sich von Chase auf mich, ehe ich selbst sah, was los war.
    Zwei Männer waren an unserem Truck. Einer war Ende zwanzig, hatte wirres Haar und eine Hakennase. Er trug einen grauen Kapuzenpullover und eine weite Tarnhose. Über seiner linken Schulter hing ein Jagdgewehr. Der andere Mann war halb in die Kabine geklettert; ich sah seine schmutzigen Skaterschuhe aus der Fahrertür herausragen.
    »Rick, hey!«, zischte der erste Mann, schwang sein Gewehr in weitem Bogen zu uns herum und presste den Kolben an die Schulter. Ich hörte das schicksalhafte Klicken, als er die Waffe spannte.
    Mein Herz blieb stehen. Zivilisten war der Besitz von Waffen seit dem Krieg verboten. Nur die MM hatte Waffen.
    Und Soldaten, die sich unerlaubt von der Truppe entfernt hatten. Was auf die hier, dessen war ich ziemlich sicher, nicht zutraf.
    Der Mann, der offenbar Rick hieß, kroch aus dem Wagen. Er war groß, nicht ganz so groß wie Chase, aber immer noch einen Kopf größer als ich. Und dick war er auch. Aber trotz der weiten Kleidung konnte ich erkennen, dass er überdies recht muskulös war. Sein wirres Haar reichte ihm bis zur Schulter. Mit einer raschen Kopfbewegung schleuderte er es zurück. Ein Ausdruck der Gier lag in seinem Gesicht.
    »Morgen, Bruder!«, rief Rick.
    Chase sagte nichts, aber seine Miene war hart wie Stahl.
    »Vielleicht ist er taub«, meinte der andere Mann.
    »Bist du taub?«, fragte Rick.
    »Nein«, antwortete Chase.
    »Dann warst du wohl zu lange nicht mehr unter Menschen, Bruder. Wenn jemand ›guten Morgen‹ sagt, dann sollte man ihm antworten.«
    »Ich plaudere nicht so gern, wenn jemand mit einem Gewehr auf mich zielt.« Chases Ton war ruhig und extrem kontrolliert. »Und ich bin nicht dein Bruder.«
    Rick sah erst seinen Freund und dann wieder uns an. Mir fiel auf, dass ihre Haut und sogar ihre Augen einen gelblichen Farbton aufwiesen, der einen krassen Kontrast zu dem grauen Himmel und der grauen Asche bildete.
    »Stan, du machst es unseren Freunden schwer, sich wohlzufühlen.«
    Stan gluckste, zielte aber weiter auf uns. Meine Nackenhaare richteten sich mit einem unangenehmen Kribbeln auf.
    Rick konzentrierte sich auf mich. »Wie heißt du, Schätzchen?«
    Meine Hände krallten sich in die Jacke in meinen Armen, und ich schwieg, während ich mich zugleich bemühte, schnell zu denken. Vielleicht konnte ich an die Waffe in Chases Tasche kommen, aber nicht, ohne die Aufmerksamkeit des Kerls mit dem Gewehr auf mich zu lenken.
    »Siehst du, Stan. Du hast das arme Ding verschreckt.«
    Rick trat vor. Chase baute sich demonstrativ vor mir

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