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Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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Haufen Erde holperten, den eine Schlammlawine auf der Straße zurückgelassen hatte.
    An einem großen Schild auf der rechten Seite mit der Aufschrift SIDELING HILL BESUCHERZENTRUM, NÄCHSTE AUSFAHRT war herumgeschmiert worden; jemand hatte gleich unter den Worten ein Kreuz und eine Flagge gesprüht, die wiederum von einem großen, neongrünen X überlagert wurden. Symbole wie diese hatte ich in den Nachrichten gesehen, als wir noch einen Fernseher besaßen, aber nie war ich in meiner Heimatstadt einem begegnet. Ich kam mir vor wie eine domestizierte Hauskatze, die plötzlich in der Wildnis ausgesetzt worden war.
    »Du bist klein«, bemerkte er so spät, ich hatte schon vergessen, dass ich überhaupt etwas gesagt hatte. Ich versuchte, mich auf meinem Platz größer zu machen, als wollte ich sagen, eins zweiundsechzig ist gar nicht so klein, aber da hoppelte der Truck so heftig über den unebenen Boden, dass ich die Position nicht aufrechterhalten konnte.
    Wir passierten die Kluft von Sideling Hill und fuhren weiter in Richtung Hagerstown. Noch dreiunddreißig Meilen, sagte das Straßenschild. Das Gebiet war so hastig evakuiert worden, dass die meisten Läden samt ihrer Handelsware zurückgelassen worden waren. Wir wollten uns ansehen, wie brauchbar die Ware nach acht Jahren noch sein mochte, ehe wir den Highway Richtung Harrisonburg nehmen würden.
    »Glaubst du, hier ist es sicher?« Ich hatte von Gangs gehört, die sich in den verlassenen Städten herumtrieben. Eigentlich hatte die MM vorgehabt, die Kriminalität in diesen Gebieten zu verringern.
    »Das ist es nirgends«, sagte er. »Aber das FBR hat die Gegend geräumt.«
    »Da fühle ich mich doch gleich viel besser«, gab ich zurück.
    Er bog auf die Interstate 81 ab und behielt unentwegt die Umgebung der Straße im Auge, als wir in die Stadt hineinfuhren. Die ersten Häuser, die wir sahen, waren groß und umgeben von ausgedehnten Grundstücken und mächtigen Bäumen. Je näher wir der Innenstadt kamen, desto mehr Wohnviertel konnten wir ausmachen, gefolgt von Reihenhaussiedlungen und Apartmenthäusern. Ein Supermarkt. Ein Restaurant. Alles überzogen von einem grauen Film aus Asche, der aussah wie schmutziger Schnee und standhaft jeglichem Wetter trotzte.
    Kein Kind spielte auf der Straße. Kein Hund bellte in einem der Vorgärten. Kein Auto war auf der Fahrbahn zu sehen.
    Die Stadt hatte die Jahre überdauert, doch nichts regte sich noch in ihr.
    Mir fiel ein Einkaufszentrum auf der rechten Seite auf, und ich zeigte darauf. Chase nahm die nächste Ausfahrt zu einer Straße namens Garland Groh Boulevard. Keine Minute später bog er in eine kleine Nebenstraße an einem alten Sportartikelladen ein. So einen hatte es auch bei uns zu Hause gegeben, aber er war während des Krieges geschlossen worden. Die MM hatte später ein Verteilerzentrum für Uniformen daraus gemacht.
    Hinter dem Parkplatz konnte ich den verlassenen Highway erkennen, der uns geradewegs zum Checkpoint bringen sollte. Das Herz klopfte in meiner Brust. Nur noch etwas mehr als fünf Stunden, bis die MM Chase als unerlaubt abwesend melden würde. Wir mussten einpacken, was wir kriegen konnten, und von hier verschwinden. Schnell.
    Chase löste die Drähte vor seinen Knien, und der Motor erstarb. Ehe er die Tür öffnete, zog er einen dünnen, schwarzen Schlagstock mit einem lotrechten Griff unter seinem Sitz hervor. Seine Miene verfinsterte sich, als er sah, dass ich den Stock mit großen Augen anstarrte.
    Die andere Waffe befand sich im vorderen Fach der großen Tasche. Er wollte nicht, dass wir mit einer Schusswaffe gesehen wurden, sollten wir jemandem begegnen. Das wäre, als würden wir einen Hundertdollarschein aus der Tasche hängen lassen und uns einbilden, niemand käme auf die Idee, ihn zu stehlen.
    »Bleib für alle Fälle in meiner Nähe«, wies er mich an.
    Ich nickte, und wir ließen die Sicherheit unseres Trucks hinter uns. Unsere Schuhe hinterließen Fußabdrücke in der dünnen Ascheschicht auf dem Asphalt.
    Ich blieb dicht bei Chase, als wir zur Vorderseite des Gebäudes gingen. Die großen Schaufenster des Ladens waren eingeschlagen worden, und die verbliebenen Glasstücke hingen wie eiszapfenartige Stalaktiten aus dem grün lackierten Rahmen. Die langen, senkrechten Handgriffe der Glastüren waren mit einer Metallkette zusammengebunden worden, an der ein Vorhängeschloss hing, aber auch in den Türen fehlten die Scheiben.
    Ich musterte den Parkplatz hinter uns, als Chase durch den

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