Artikel 5
auf, und Rick feixte.
»Nicht so geizig, Bruder. Hat deine Mama dir nicht beigebracht zu teilen?«
Hinter ihm lachte Stan heiser. Ich konnte nicht einmal mehr schlucken, so dick fühlte sich der Kloß in meinem Hals an.
Chase tat einen Schritt in Richtung Truck. Ich klammerte mich an seinen Hemdzipfel.
»Hey, hey, wo willst du denn hin?« Rick stolzierte auf uns zu.
»Weg«, sagte Chase bestimmt.
» Weg , mag sein. Aber nicht mit ihr.«
»Ich gehe mit ihm!« Die Worte sprudelten einfach über meine Lippen. Chase spannte sich.
»Oh, die ist ja streitlustig«, sagte Rick, als wäre das ein besonderer Vorzug, und ich musste daran denken, wie Randolph mich gepackt und als »Müll« bezeichnet hatte.
Chase verlagerte sein Gewicht. Im Nu schoss Ricks Hand nach hinten und tastete nach etwas in seinem Gürtel. Ohne hinsehen zu müssen, wusste Chase genau, wo ich war, und er stieß mich grob zurück und schirmte mich vollständig mit seinem Körper ab.
Ich sah, wie Rick die Lederscheide eines großen, glänzenden Messers aufriss, dessen gekrümmte Schneide in einer todbringenden Spitze endete.
Die Gefahr pulsierte in meinen Ohren. Aus irgendeinem Grund machte mir das Messer mehr Angst als das Gewehr. Warum, wusste ich nicht. Ich wusste gar nichts mehr.
»Leg das Zeug ab«, befahl Rick. »Ich nehme den Schlüssel und den Truck.«
»Steig in den Wagen«, wies mich Chase leise an.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Chase hatte keinen Blick für mich, aber er konnte doch unmöglich glauben, dass ich ihn hier mit zwei bewaffneten Gegnern allein ließ. Unsere größte Chance bestand darin, zusammenzubleiben. Wenn die nicht wollten, dass ich verletzt wurde, würden sie ihn vielleicht auch verschonen.
Chase schüttelte Rucksack und Jacke ab und ließ beides zu Boden gleiten.
»Chase«, flüsterte ich, »ich lasse dich nicht allein.«
Ich hätte nicht sagen dürfen, was ich ihm im Laden an den Kopf geworfen hatte. Nun wollte er mich beschützen, um wiedergutzumachen, dass er mich zuvor im Stich gelassen hatte.
»Steig in den Truck«, kommandierte er. Stan kam schnell näher, das Gewehr immer noch an die Schulter gepresst. Sein Finger lag am Abzug.
»Nein!«, widersprach ich entschlossen.
»Nur keine Angst. Daddy wird sich um dich kümmern«, spottete Rick, und Stan lachte.
»Immer mit der Ruhe«, sagte Chase zu ihnen und griff unter seinem Flanellhemd in seine Tasche.
»Langsam, Bruder«, warnte ihn Rick.
Beide Männer waren nun ganz nahe, und sie beobachteten Chases Hände. Genau wie ich.
Mit einer blitzartigen Bewegung zog Chase den schwarzen Schlagstock aus dem Gürtel und riss ihn hoch in die Luft, sodass er gegen den doppelten Lauf von Stans Gewehr krachte. In dem Sandwich aus Metall und Metall wurden Stans Finger eingeklemmt, was ihm einen gequälten Aufschrei entlockte. Die Waffe fiel zu Boden.
Chase nutzte den Schwung des Schlagstocks, um ihn Rick von der Seite gegen das Kinn zu prügeln. Beim Aufprall flog ihm der Knüppel aus der Hand und krachte gegen die Mauer des Gebäudes. Rick stolperte, richtete sich aber gleich wieder auf und stürzte mit dem Messer voran auf uns zu. Pures Entsetzen raste für einen Moment durch meinen Leib, ehe ich grob zur Seite gestoßen wurde. Im nächsten Moment hörte ich etwas reißen, dann ein Grollen, und ich sah eine karmesinrote Linie, die von Chases Bizeps zur Rückseite seines Arms verlief. Der Flanellstoff klebte an seiner feuchten, blutigen Haut.
»Chase«, schrie ich und mühte mich hastig hoch.
Stan brachte mir seine Gegenwart mit einem Fluch in Erinnerung. Spontan hastete ich um ihn herum, um mir das Gewehr zu schnappen, doch so schnell ich auch war, er war sofort über mir. Sein nach altem Schweiß stinkender Körper beugte sich bedrohlich über mich. Ich biss die Zähne zusammen und schlang die Finger um den hölzernen Schaft des Gewehrs. Die empfindliche Haut an meinen Fingerknöcheln rutschte über den Asphalt.
Stan ballte die Faust in meinem Haar und zerrte mir brutal den Kopf zurück. Ich schrie auf, als ein brennender Schmerz über meine Stirn raste, und riss mich los.
Als ich mich umdrehte, erkannte ich, dass Chase Stan vor den Truck stieß und ihm, als er stürzte, in den Bauch trat. Stan fiel auf Knie und Unterarme. Ich sah nicht länger hin. Stattdessen packte ich das Gewehr, rannte zum Truck und verstaute es, ohne nachzudenken, hinter dem Sitz.
Gerade als ich mich wieder umdrehte, stürzte sich Rick – das Gesicht voller Blut, das aus
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