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Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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hatte, sagte aber nichts dazu.
    Seine Hände fühlten sich an meinen auffallend warm an, und ich erkannte, dass sie noch infolge des Kampfes geschwollen waren. Er konnte die Fäuste nicht vollständig ballen, und er konnte die Finger nicht ganz ausstrecken. Mehrere Finger waren krumm, aber ich nahm an, dass die zugrundeliegenden Knochenbrüche schon viel länger her waren.
    Als er fertig war, zog er rasch die Hände weg.
    Wir widmeten uns dem Essen und wechselten uns mit dem Löffel ab. Die Suppe war versalzen, aber warm. Ich versuchte, die Tatsache zu ignorieren, dass wir einander immer wieder berührten, aber es fiel mir nicht leicht.
    Plötzlich zuckte Chase zusammen und drehte die Lautstärke am Radio auf.
    »… vor einem Sportartikelgeschäft in Hagerstown, Maryland, von einem Mann und einer Frau angegriffen, beide Jugendliche oder junge Erwachsene. Die Angreifer waren bewaffnet und gelten als gefährlich. Mutmaßlich sind sie in einem weinroten Ford Pickup aus den späten Siebzigern mit einem Nummernschild aus Michigan oder Minnesota unterwegs. Der männliche Verdächtige könnte ein fahnenflüchtiger Angehöriger des Federal Bureau of Reformation sein. Die Opfer berichteten von einem FBR -Schlagstock, der im Zuge der Prügelei zum Einsatz gekommen sei. Ihnen werden zurzeit Fotos von einer Reihe unerlaubt abwesender Soldaten vorgelegt. Werden die Verdächtigen gefasst, werden sie verhaftet und zur Befragung vorgeführt. Sachdienliche Informationen reichen Sie bei Ihrem Vorgesetzten ein.«
    Ich ließ die Stirn in Richtung Tisch sinken. Alles in mir schien zu erstarren. Der Mann im Radio fuhr derweil fort:
    »… Liste der vermissten Personen ist seit heute um zwei Namen länger geworden. Ronald Washington, Afroamerikaner, sechzehn Jahre alt, ist aus der Jugendhaftanstalt von Richmond geflohen. Ember Miller, weiß, siebzehn Jahre alt, wurde möglicherweise aus der Besserungs- und Resozialisierungsanstalt für Mädchen Süd-Ost entführt.«
    Mir blieb das Herz stehen.
    »Oh«, sagte ich mit brüchiger Stimme.
    Dann schnappte ich noch ein paar weitere Worte auf: »… keine Spur … melden Sie sich bei Sichtkontakt bei der Krisenstelle.« Aber ich konnte mich kaum auf die gefühllose Stimme des Mannes konzentrieren.
    »Brock hat es herausgefunden«, sagte ich kläglich und krümmte mich zusammen. »Sie muss die Behörde angerufen haben, um sich den Prozess bestätigen zu lassen.«
    Wenn bekannt war, dass ich verschwunden war – »möglicherweise entführt« –, dann konnten wir getrost davon ausgehen, dass sie auch wussten, dass Chase mich fortgebracht hatte. Bald würde die Highway Patrol, die uns angehalten hatte, über die Begegnung Bericht erstatten. Und Rick und Stan aus Hagerstown. Die Puzzlestücke griffen ineinander und brannten sich in mein Gehirn.
    Das Schlucken fiel mir schwer.
    Chases Miene war düsterer als je zuvor. Im Gegensatz zu mir sah er keineswegs überrascht aus, sondern zutiefst besorgt.
    »Worüber zerbrichst du dir den Kopf?«, fragte ich ihn.
    »Reicht das denn nicht?« Er deutete auf das Radio, ehe er sich mit abgehackten Bewegungen mit den Fingern durch das Haar fuhr. Ich sah ihm an, dass er kurz davor war, die Nerven zu verlieren, und sich bemühte, die Fassung zu wahren. Vielleicht meinetwegen. Vielleicht auch nur um seiner selbst willen.
    »Es geht doch um mehr als nur um das, was wir gerade gehört haben. Du kannst es mir sagen«, versicherte ich ihm.
    Er ließ langsam den Kopf kreisen.
    »Du wurdest zu früh vermisst gemeldet, und ich glaube nicht, dass deine Direktorin in Chicago angerufen hat, um sich den Prozess bestätigen zu lassen. Ich denke, jemand hat vielleicht Kontakt zu ihr aufgenommen.«

»Was? Wer?« Steckte Randolph dahinter? Hatte er Verdacht geschöpft?
    Meine Gedanken kehrten zu der Revision zurück, zu dem blonden Soldaten mit den grünen Augen. Und zu den drei Striemen, die meine Fingernägel an seinem Hals hinterlassen hatten.
    »Morris«, riet ich. Für mich hatte es so ausgesehen, als wären die beiden Freunde. Du hast gesagt, du kriegst das hin , hatte er gesagt, als Chase sich schützend vor mich gestellt hatte. Offensichtlich hatte er gewusst, dass Chase und mich eine gemeinsame Vergangenheit verband.
    »Kennst du ihn?«
    »Wie könnte ich ihn vergessen? Er hat mich verhaftet.«
    »Tucker Morris ist …« Chase verzog das Gesicht, als könnte er die passenden Worte nicht finden. »Er war in meiner Einheit. Wir sind zusammen zurückgefahren, nachdem

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