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Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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platzte ich heraus. »Aufsteigen?« Ich versuchte, mir Chase als ranghohen MM vorzustellen, jemanden, der bei einer Revision das Sagen hatte und Menschen wegen Artikelverstößen verfolgte. So herzlos konnte er doch nicht sein, oder?«
    »In irgendetwas muss man gut sein.« Seine Stimme klang so fremd, wie sein Gesicht ausgesehen hatte, als er meine Mutter geholt hatte. Ich schauderte.
    »Er hat sich nicht kampflos ergeben. Anfangs hat er sich ständig mit mir angelegt. Und dann mit allen. Er hat so viel Ärger gemacht, dass die anderen ihn schikaniert haben, nur um ihn verlieren zu sehen. Als wäre das lustig.«
    Ich gab mir Mühe, das Mitgefühl zu vertreiben, das ich plötzlich für Tucker empfand.
    »Sogar die Offiziere haben sich beteiligt. Sie haben angefangen, nach dem Drill Kämpfe im Boxring des Stützpunkts für ihn zu organisieren. Das hat die Runde gemacht, und es kamen haufenweise Jungs, um Wetten abzuschließen. Wenn sie auf Tucker gesetzt haben, haben sie meistens gewonnen. Deshalb ist der kommandierende Offizier auf die Idee gekommen, Tucker wäre aus dem Stoff gemacht, aus dem Anführer sind.«
    »Wie das?«, fragte ich verwirrt. »Ich denke, sie haben ihn gehasst.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Am Anfang vielleicht. Aber als er gekämpft hat, haben sie allmählich angefangen, in ihm den Soldaten zu erkennen, der er hätte sein können. Brutal. Unaufhaltsam. Aber er war immer noch eine zu große Last.«
    Chase räusperte sich und zog die Stirn kraus, und ich empfand tiefe Erleichterung darüber, dass er offenbar mit seinen eigenen Vorstellungen zu kämpfen hatte. Er hatte immer noch etwas Menschliches in sich.
    »Der kommandierende Offizier hat ihm einen Handel vorgeschlagen. Wenn er sich engagieren würde, wenn er ein verdammtes Aushängeschild des FBR werden würde, dann würden die Kämpfe aufhören. Sie würden ihn im Schnellverfahren zum Captain befördern, was normalerweise Jahre dauert, aber wenn er brav mitspielte, würden sie dafür sorgen, dass es bei ihm nur ein paar Monate wären.
    Es war eine Zwickmühle. Je härter er kämpfte, desto mehr wollten sie ihn haben. Je mehr er sich anpasste, desto mehr wollten sie ihn haben. Er konnte nicht gewinnen. Schließlich haben sie angefangen, Kämpfe zu manipulieren, um ihn zu brechen …« Seine Stimme verlor sich.
    »Wie?«, fragte ich.
    »Nichts Wildes«, sagte er, und allmählich kam erkennbar Farbe in sein Gesicht. »Manchmal haben sie ihn vor einem Kampf laufen lassen. Oder sie haben ihm den ganzen Tag das Essen verweigert. Und sie habe ihn gegen größere Kerle antreten lassen. Er wurde viel häufiger geschlagen und … es wurde schlimmer. Schließlich hat er aufgegeben. Er hat sich auf den Handel eingelassen. Danach gab es im Grunde nichts mehr, worum er hätte kämpfen können.«
    Nichts Wildes, ja genau.
    Ich nagte an meiner Lippe und bemühte mich still darum, den letzten paar Minuten einen Sinn abzuringen, empfand neuen Kummer, nicht wegen eines, sondern wegen zweier guter Menschen.
    »Er ist eifersüchtig auf dich.«
    »Was?« Chases Kopf ruckte hoch.
    »Tucker ist eifersüchtig. Du bist draußen. Du bist frei. Er kann es nicht ertragen, dass du etwas hast, was er nicht haben kann.«
    Chase dachte darüber nach.
    »Was ich nicht verstehe«, sagte ich bedächtig, »ist, warum du eifersüchtig auf ihn bist.«
    »Warum sollte ich eifersüchtig auf ihn sein?« Chase blinzelte überrumpelt.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht, weil du Karriere machen wolltest, er aber derjenige war, den sie dafür ausgewählt haben.«
    »Dafür hat er bezahlt.« Chase zog die Schultern gute zwei Zentimeter hoch.
    »Ich weiß, und das ist der Teil, den ich nicht verstehe«, sagte ich. »Es ist ziemlich krank, eifersüchtig auf jemanden zu sein, der im Grunde gefoltert worden ist. Selbst wenn er Soldat sein wollte …«
    »Er wollte nicht !«, fiel mir Chase mit überraschender Vehemenz ins Wort und knallte die Faust auf den Tisch. Ich richtete mich kerzengerade auf.
    Stille.
    Ein schwerer Seufzer quoll zwischen meinen Zähnen hervor.
    »Hattest du nicht gesagt, Tucker wurde nicht eingezogen? Dass er sich verpflichtet hätte?«
    Chases Augen waren dunkel und unergründlich. Er starrte mich direkt an und sah mich doch nicht.
    »Richtig … er hat sich verpflichtet … ich meinte nur, dass er sich nicht so gut eingewöhnen konnte.«
    Ich senkte den Blick zu der Faust, die auf den Tisch geknallt war, und sah zu, wie die knorrigen Finger vergeblich

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