Arto Ratamo 7: Der Finne
Stahlrohr zu. Er traf die Kanzlistin an der Schläfe, man hörte einen dumpfen Aufprall, als sie zu Boden stürzte, dann fiel die Tür laut ins Schloss. Das Blutrinnsal auf dem Mosaikparkett des Sitzungssaals wurde von dem Leinenkleid aufgesaugt, als Furow die Frau von der Tür weg schleifte.
Er drückte auf die Schnellwahltaste seines Handys, ließ es einmal läuten und ging dann mit klopfendem Herzen ins Foyer hinunter. Das »Schwert des Marschalls« wartete nur wenige Meter entfernt auf den, der es sich holen würde, das ungeheuer wertvolle Dokument war seine Eintrittskarte für ein unbeschwertes Leben.
Furow öffnete die Haupttür des Rittersaals, wurde vom Sonnenlicht geblendet und fuhr zusammen, als er die mit Handschellen aneinandergeketteten Finnen direkt vor sich sah, die »Flunder« stand hinter ihnen.
Die Finnen stiegen gehorsam die Treppe hinauf, sie ließen sich geduldig in den Tod führen wie Schafe. Es wunderte Furow, dass sich diese beiden Starrköpfe ihrem Schicksal so widerstandslos ergaben.
Alle vier betraten den Sitzungssaal des Gebäudes, Furow schloss die Tür und befahl der »Flunder«, den Finnen die Handschellen abzunehmen.
Taru wand ihre blonden Haare um die Hand, band sie mit einem Gummi zum Pferdeschwanz und schaute Eerik an. Sie bemühte sich, einen mutigen Eindruck zu erwecken.
Sutelas Beine zitterten so, dass er gezwungen war, ständig das Gewicht von einem Bein aufs andere zu verlagern. Sollte hier alles zu Ende gehen? Er versuchte seine Angst hinter der Rolle des Professors zu verstecken. »Wusstest du, dass die Spartaner in der Schlacht bei den Thermopylen im Jahre 480 vor Christus ihr Haar zu Zöpfen flochten, bevor sie in den sicheren Tod gingen? Sie wollten als Gefallene gut aussehen.«Arto Ratamo hastete mit großen Schritten den Flur im zweiten Geschoss der Ratakatu 12 entlang, Riitta Kuurma und Ossi Loponen folgten ihm auf den Fersen. Er war in knapp anderthalb Stunden von Kokemäki nach Helsinki gefahren und sah die weiße Mittellinie immer noch vor sich, das Adrenalin beschleunigte seine Schritte, und er fühlte sich schlechter denn je. In den Ohren rauschte es, und der Druck auf der Brust nahm zu.
Die drei betraten den operativen Raum der SUPO. Jetzt hatten die Ermittlungen ernsthaft begonnen: Die elektronischen Geräte surrten, auf einem Fernsehbildschirm lief ein Video, Pekka Sotamaa schrieb etwas auf den Flipchart, Ulla Palosuo arbeitete am Computer, und der Laserdrucker spuckte Seiten aus.
Als Ratamo sich an der Tür räusperte, sprang Ulla Palosuo so hastig auf, dass ihre Frisur wackelte, aber Sotamaa war schneller und redete als Erster:
»Die Polizei von Ivalo hat gemeldet, dass die Tochter dieser Taru Otsamo am letzten Donnerstag zu Hause bei ihren Großeltern entführt wurde. Man hat das Mädchen zurück …«
»Das haben wir schon gehört«, unterbrach ihn Ratamo wütend.
»Nun lass mich doch zu Ende reden«, schnauzte Sotamaa zurück. »Dieser in Kokemäki erschossene Major Rodion Jarkow ist der Chef des Ermittlungsdirektorats des FSB. Also ein ziemlich hohes Tier. Zumindest scheinen die Russen dieses ›Schwert des Marschalls‹ ernst zu nehmen.«
Ratamo schüttelte den Kopf, er war wie ein Pfadfinder durch ganz Finnland gezogen, während all das im Gange war. »Ein entführtes Kind, der Chef eines FSB-Direktorats, ein Killer mit fleckigem Gesicht … Man hätte schon lange Ermittlungen einleiten müssen.«
Loponens Telefon schrillte ohrenbetäubend, gerade alsUlla Palosuo etwas sagen wollte. Er meldete sich, und je mehr er hörte, umso begeisterter wurde seine Miene.
»Der Range Rover, den die Polizistin aus Vantaa gesehen hat, ist gefunden, er steht vor dem Rittersaal«, rief Loponen seinen Kollegen zu, hielt sein Handy hoch und schwenkte es hin und her wie der Sieger eines Staffellaufes.
Endlich kam Ulla Palosuo zu Wort. »Jetzt muss eine Beratung organisiert werden, an der alle teilnehmen: das Innenministerium, der Hauptabteilungsleiter Polizei, die Zentrale der Kriminalpolizei, die Helsinkier Kriminalpolizei und die Leitung des Sondereinsatzkommandos Karhu.«
Ratamo erschrak und wandte sich Ulla Palosuo zu. »Da für ist jetzt wirklich keine Zeit. Das Karhu-Kommando ist schon einsatzbereit, das muss jetzt sofort zum Rittersaal geschickt werden, sonst erwartet uns dort in Kürze derselbe Anblick wie in der Kapelle von Kokemäki.«
Mit verlegener Miene dachte Ulla Palosuo einen Augenblick nach. »Wahrscheinlich hast du Recht. Und du hast diese
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