Arto Ratamo 7: Der Finne
Marschalls« war eine weiße Hand gemalt. Im selben Augenblick begriff er die Bedeutung der Holzkiste und der Hand, es fehlte nicht viel, und er hätte vor Überraschung aufgeschrien.
Taru wandte sich Eerik zu und konnte ihre Gefühle nicht verbergen. »Wie du dir schon denken kannst, habe ich dich in vielen Dingen belogen. Ich tue das deshalb, weil Paulas Vater Leo, Leo Sagorow, meine Hilfe braucht.«
Sutela kochte vor Wut und spürte keine Angst mehr. In diesem ganzen Schauspiel war er der Trottel, der Einzige, den alle an der Nase herumführen konnten. Seine Hoffnungen zerbröckelten auf einen Schlag, Taru hatte ihn ausgenutzt.
Sie richtete die Waffe immer noch auf Eerik, schaute ihm aber nicht mehr in die Augen. »Wir haben uns kennengelernt, als Leo in der Vertretung der russischen Kirche in Helsinki arbeitete, dann kam Paula zur Welt, und einige Monate später wurde Leo in das Kloster Ganina Jama im Ural versetzt. Leo entschied sich für die Kirche, das bedeutete die endgültige Trennung. Ich konnte nicht einmal mit ihm dorthin gehen, da wir nicht verheiratet waren. Leo wurde schon als Junggeselle zum Priester geweiht, und ein orthodoxer Priester darf nach der Weihe nicht mehr heiraten. Leo musste ohne Familie leben. Er hätte seinen Status als Priester verloren, wenn die Kirche von mir und Paula erfahren hätte. Dass wir beide dann allein dastanden,war der Kirche egal. Alles sah so hoffnungslos aus. Und dann sagten sie plötzlich, dass Leo sich selbst seine nächste Stelle aussuchen kann, wenn ich der Kirche helfe, das ›Schwert des Marschalls‹ zu finden. Ich musste einwilligen, das war die einzige Möglichkeit, Leo nach Finnland zurückzubekommen. Ich bin gezwungen, das der Kirche zu übergeben.« Taru schüttelte die Holzkiste in der Hand.
Sutela wurde klar, dass Taru ihn von Anfang an belogen hatte. »Wie hat … Paulas Vater vom ›Schwert des Marschalls‹ erfahren?«
»Das ist das Sonderbarste von allem. Der Patriarch von Russland selbst hat Leo gebeten, mich als Helfer der Kirche anzuwerben. Wladimir II. hatte gesagt, er könnte dafür sorgen, dass ich deine Führerin werde, er hat wahrscheinlich Otto Forsman vorgeschlagen, meinen Namen in dem Brief zu erwähnen, den du in London erhalten hast.« Taru schien sich selbst über ihre Worte zu wundern. »Ich konnte das nicht ablehnen. Leo ist Paulas Vater, und ich bin wahrscheinlich immer noch …«
Sutela wollte nichts mehr hören. Er zeigte auf die Holzkiste. »Öffne sie. Du hast sicher alles verdient, was du dort findest.«
Taru ging sicherheitshalber ein ganzes Stück von Eerik weg, der an den Stuhlstapel gefesselt war, setzte die Holzkiste auf das Parkett und versuchte vergeblich, die Schlösser mit einer Hand zu öffnen. Schließlich verlor sie die Geduld, warf einen Blick auf Eerik, legte die Pistole auf den Fußboden und öffnete die Kiste.
Sutela erriet sofort, was in der Kiste war, als er Tarus schockierte Miene sah. In seiner Verbitterung suchte er nach einer giftigen Bemerkung, da griff die wütende Frau zur Pistole. Plötzlich huschte ein kleiner roter Punkt über den Fußboden, wanderte auf Tarus Rücken, hoch bis zu ihren Schultern.
Taru Otsamo sprang auf und machte mit der Waffe in der ausgestreckten Hand einen Schritt auf Eerik zu. In dem Moment klirrte Glas, und Taru ruckte heftig nach vorn. Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde sie der Blutwolke nachsetzen, die aus ihrem Oberkörper spritzte, dann fiel sie um.
Im selben Augenblick flogen die Holztüren des Saals krachend auf und ein sechsköpfiges Kommando der Karhu-Einheit stürmte herein.
Alle Männer in dunklen Overalls und kugelsicheren Westen trugen zusätzlich zur Glock-Pistole eine Maschinenpistole der Marke Heckler&Koch MP5A3 oder eine Pumpgun Remington 870. Die Feuerkraft des Kommandos hätte ausgereicht, selbst einen starken Gegner zu besiegen, aber sie trafen nur noch einen Menschen an, der bei Bewusstsein war; den mit Handschellen gefesselten Eerik Sutela.
Wenig später trugen die Polizisten Otsamo, Furow, die »Flunder« und die bewusstlose Angestellte aus dem Sitzungssaal hinaus und vergewisserten sich, dass Sutela keine Waffe hatte.
Ratamo stand im ersten Stock und wartete darauf, dass er in den Sitzungssaal gehen konnte. Alles war gegen den Baum gelaufen. Die Polizei hatte es nicht geschafft, die in den Rittersaal gebrachten Mikrofone und Kameras so zu installieren, dass sie auch funktionierten, und der Einsatzleiter, Helsinkis stellvertretender
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