Arto Ratamo 7: Der Finne
Strategiespiel, allein macht das keinen Spaß.«
Ratamo war so zufrieden, dass es ihn nicht mal störte, wie sie mit ihm redete. Tagelang hatte er sich über die Beziehung seiner Tochter zu diesem Jungen Gedanken gemacht, völlig umsonst. Warum, um Himmels willen, machte er sich immer Sorgen um Dinge, bevor geklärt war, ob überhaupt Anlass dazu bestand?
Ratamo hatte genug von der Hitze, er stand aus seinem verschwitzten Liegestuhl auf und öffnete die Tür zu Ilonas gemieteter Wohnung. Der kombinierte Arbeits-, Aufenthalts- und Schlafraum, der den Namen »Botticelli« trug, war eine ausgezeichnete Ferienwohnung, aber Ratamo hatte die ganze Woche das Gefühl, dass er und Nelli der Hausherrin nur im Wege waren. Wenn sich die Künstlerin im Haus aufhielt, verlangte sie Ruhe, um sich konzentrieren zu können. Und spazieren gehen wollte sie auch allein, in Gesellschaft konnte sie angeblich ihren Akku nicht aufladen.
Er hatte Appetit auf ein eiskaltes Bier, goss sich aber Orangensaft in ein Glas und schüttete eine Handvoll Eisstückchen hinein, die fröhlich hüpfend zerbrachen. Es wareine Woche vergangen, seit er erfahren hatte, dass er an einer leichten Erkrankung der Herzkranzgefäße litt. Er wusste nicht, was er mehr fürchtete, die Krankheit oder die Aussicht, womöglich nur noch Büroarbeit machen zu dürfen. Gerade wegen der Angst, sich für den Rest seines Lebens am Schreibtisch zu vergraben, hatte er ja damals seine Arbeit als Wissenschaftler aufgegeben und bei der SUPO angefangen. Würden die Ermittlungen im Fall Forsman–Sutela seine letzten gewesen sein?
Ratamo ließ sich aufs Sofa fallen, schaltete den Fernseher ein und suchte den englischen Nachrichtenkanal. Der russische Präsident Wadim Bukin beherrschte den Bildschirm. Das immer etwas spröde wirkende Staatsoberhaupt im dunklen Anzug stand am Rednerpult, das vom russischen Wappen mit dem doppelköpfigen Adler geschmückt wurde. Hinter ihm erkannte man Wladimir II., den Patriarchen von Moskau und ganz Russland, mit seiner weißen Kopfbedeckung. Bukin starrte wütend in die Kameras, wirkte aber nicht so unermesslich selbstsicher wie sonst.
»Ich möchte den im Kreml und besonders in den ausländischen Massenmedien kursierenden lügenhaften Gerüchten, wonach ich ein Ausnahmegesetz plane, das mir eine dritte Amtszeit als Präsident ermöglichen würde, endgültig den Boden entziehen. Ich sage hiermit in aller Entschiedenheit und unwiderruflich: Ich werde keine dritte Präsidentschaft anstreben, sondern beabsichtige, mich nach Ablauf meiner Amtszeit gänzlich aus der Politik zurückzuziehen.«
Informationen zum Buch
Ins Herz der finnischen Seele
Ratamos Gesundheit ist lädiert, und er hat Liebeskummer. Dabei benötigt er alle Kraft, um seinen neuesten Fall zu lösen: Ein geheimnisvolles Buch kann den russischen Staat zum Einsturz bringen, und Ratamo muss es vor dem feindlichen Geheimdienst finden. Die Jagd endet in Finnlands ältester Holzkirche, wo sich das Schicksal zweier Länder entscheidet.
Ein packender Roman, der ins Herz der finnischen Seele führt. Taavi Soininvaara ist der Meister des finnischen Krimis. Seine Ratamo-Romane sind „spannend und glaubwürdig“.
Süddeutsche Zeitung
Informationen zum Autor
TAAVI SOININVAARA , geb. 1966, studierte Jura und arbeitete als Chefanwalt für bedeutende finnische Unternehmen. Mit "Finnisches Requiem" - als bester finnischer Kriminalroman ausgezeichnet - erschien 2004 erstmals eines seiner Bücher auf Deutsch. Es folgten "Finnisches Roulette" (2005), "Finnisches Quartett" (2006) und "Finnisches Blut" (2007).
Fußnoten
3
1
fi. ratamo – dt. Wegerich
45
1
Anm. d. Übers.: fi. munkki – dt. Mönch, aber auch Pfannkuchen (Berliner)
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