Arto Ratamo 7: Der Finne
Forsman-Geschichte bisher gut im Griff, auch wenn ich etwas anderes behauptet habe. Du bist auf die Idee mit diesem Predigthaus gekommen, und dank dessen hat die Polizei von Kokemäki diesen komischen Kerl gesehen und … Es gibt in letzter Zeit einiges, worüber man sich zu viel Gedanken macht … Das hat seine Gründe. Na ja, also, macht weiter.«
Ratamo, Kuurma und Loponen schauten sich verdattert an, dann erteilte Ratamo seinen Kollegen die nächsten Aufträge.
Fünfzehn Minuten später standen Ratamo, der Leiter des Karhu-Einsatzkommandos, Matti Ukkola, und ein halbes Dutzend andere Beamte im nordöstlichen Flügel des Gebäudes der Hauptwache an der Kreuzung von Mariankatu und Aleksanterinkatu. Sie schauten durchs Fenster zu, wieein Abschleppwagen einen deutschen Touristenbus wegzog, der vor dem Rittersaal gestanden hatte. Die von der Armee genutzte Hauptwache war der perfekte Ort, um den Rittersaal zu beobachten.
»Wir haben Scharfschützen hier auf dem Dach und auf dem Ostflügel des Staatsratsschlosses. Und zwei Einsatzgruppen sind bereit, den Rittersaal zu stürmen«, sagte Matti Ukkola und drückte seinen Ohrhörer tiefer.
»Wir müssen jetzt sofort im Rittersaal zuschlagen. Die können schon eine ganze Weile da drin sein!«, erwiderte Ratamo, der zur Eile drängte.
Ukkola schüttelte den Kopf und breitete den Grundriss des Gebäudes vor sich aus. »Dort kann man nicht einfach blind hineinstürzen. Erst müssen wir dafür sorgen, dass die Technik funktioniert, gerade werden Kameras und Mikrofone hineingebracht. Das Eingangsgeschoss ist ein wahres Labyrinth, und in den Sitzungssaal im Obergeschoss führen auch vier Türen. Wir klären erst ab, was da drin los ist, und dann bereinigen wir die Situation.«
55
Helsinki, Sonntag, 13. August
Eerik Sutela, Taru Otsamo, die »Flunder« und Vikar Furow betrachteten die Stirnwand des Sitzungssaals. Die Finnen schauten sich angstvoll an, als sie die blutige Schläfe der Angestellten sahen, die an der Wand lag. Hunderte lederbezogene und verzierte Holzstühle standen aufeinandergestapelt an den Seiten, in der Mitte war der Saal leer, und dadurch wirkte der vierhundertvierundsechzig Quadratmeter große und zehn Meter hohe Raum riesig. Drei weiße Wände des Saales waren in kleine Quadrate aufgeteilt, in denen die prächtigen Wappen finnischer Adelsfamilien hingen, und durch die großen Fenster der vierten Wand bot sich die Aussicht auf einen Park, den Ritaripuistikko, die Aleksanterinkatu, die Hauptwache und den Ostflügel des Staatsratsschlosses.
Sutela hatte als Erster genug davon, die Wände anzustarren, er war als Kind ziemlich oft mit seinem Vater hier gewesen, der ihn gezwungen hatte, die Nummer und den Familiennamen der Besitzer jedes einzelnen finnischen Adelswappens auswendig zu lernen. Und hier in diesem Saal hatte er ihn dann abgefragt. Es verwirrte ihn, wenn er daran dachte, dass sein Vater tot war. Und noch dazu wegen des »Schwerts des Marschalls«. Sutela nahm die Brille ab und massierte die Nasenwurzel. Eigenartigerweise hatte der Migräneanfall nachgelassen, obwohl er seine Medikamente das letzte Mal schon am frühen Morgen eingenommen hatte, rechtzeitig vor ihrem Aufbruch zum Predigthaus des heiligen Henrik. Vielleicht hatte derOrganismus so kurz vor dem Ende keine Lust mehr, ihn zu ärgern.
»Was habt ihr mit uns vor, wenn ich sage, wo sich das ›Schwert des Marschalls‹ befindet?«, fragte Sutela, obwohl er wusste, was ihn und Taru erwartete. Furow und der Killer würden sie ganz sicher nicht am Leben lassen, denn sie konnten über alles Geschehene und über das Schicksal des Dokuments berichten. Vor Angst war sein Mund ganz ausgetrocknet.
Furow beachtete Sutela überhaupt nicht, er betrachtete mit zusammengekniffenen Augen ein Wappen, das mit dem Bild eines Harnischs und eines Adlers geschmückt war. »Unter jedem Wappen stehen ein Name und eine Nummer. Und in diesem letzten Brief aus dem Predigthaus war auch eine Nummer. Otto Forsman …« Furow holte den Brief aus der Brusttasche seiner Anzugjacke. »Zweihundert siebenundzwanzig .«
Eerik Sutela wandte den Blick von dem Russen ab, der von einem Wappen zum anderen raste, schaute Taru an und wunderte sich, wie sie so ruhig bleiben konnte. Das »Schwert des Marschalls« befand sich in diesem Raum, ihnen musste in den nächsten Minuten etwas einfallen, sonst würden sie hier sterben. Er hatte solche Angst, dass die Zeit doppelt schnell zu vergehen schien. Nun war das Dokument für
Weitere Kostenlose Bücher