Arto Ratamo 7: Der Finne
dass Stalin den Vater der Revolution und Begründer der Sowjetunion, Lenin, umgebracht hatte, um an die Macht zu gelangen.
Diese Konstellation war perfekt, Sutela musste fast lachen. Das »Schwert des Marschalls« bewies, dass sich sowohl die russischen Zaren, Lenin und Stalin, die späteren Machthaber der Sowjetunion als auch der jetzige Präsident des neuen, demokratischen Russlands des Völkermords oder anderer schwerwiegender Verbrechen schuldig gemacht hatten. Es war leicht zu verstehen, warum alle russischen Herrscher um jeden Preis erreichen wollten, dass die Geheimnisse des Dokuments verborgen blieben.
Eine knappe halbe Stunde später parkte Sutela seinen Wagen in der Nähe der Markthalle in Turku und ging ans Ufer des Aurajoki. Die Freiluftgaststätte des Restaurantschiffs »Svarte Rudolf« lag im Sonnenschein. Er holte sich ein Bier und nahm in Gedanken versunken an einem freien Tisch Platz. Hier hatte er mit Marissa im Sommerurlaub oft gesessen. Von Marissa wanderten seine Gedanken zu Taru. Seine Wut und seine Verärgerung hatten sich schon etwas gelegt, aber es würde sicher einige Zeit dauern, bis er wieder jemandem vertrauen könnte. Anscheinend war seine Annäherung ein allzu verzweifelter Versuch gewesen, vor der Erinnerung an Marissa zu fliehen und Trost zu finden. Erhoffte jedoch, dass man Taru bei dem bevorstehenden Prozess nicht zu einer Gefängnisstrafe verurteilen würde. Der Russe mit dem fleckigen Gesicht hätte sie beide umgebracht, wenn Taru ihm nicht zuvorgekommen wäre. Sicher würde er die Gelegenheit erhalten, für Taru als Zeuge aufzutreten. Und wer weiß, vielleicht gab es für sie beide irgendwann in der Zukunft eine neue Chance.
In Kürze würde er seinen Schwiegervater anrufen, beschloss Sutela, als er das kalte Bier kostete. Es war Dereks Verdienst, dass er diese Reise überhaupt angetreten hatte. Die britischen Geheimdienste hatten im Laufe der Jahre hin und wieder Gerüchte über das »Schwert des Marschalls« gehört, deswegen hatte sein Schwiegervater es von Anfang an für möglich gehalten, dass ein solches Dokument existierte. Derek Atkins hatte ihm eine interessante, kostenlose Reise ins russische Lappland versprochen und eine Prämie von einer Million Pfund in Aussicht gestellt, wenn das »Schwert des Marschalls« gefunden wurde und nach London gelangte. Und Derek hatte ihn auch während der ganzen Reise beraten.
Sutela schloss die Augen, als die Sonne hinter einer Wolke hervorkam und ihn blendete. Die Prämie von einer Million Pfund war für ihn nicht sonderlich verlockend, er besaß schon alles, was er brauchte, und machte seine Arbeit, weil sie ihm gefiel. Sollte er das »Schwert des Marschalls« nun seinem Schwiegervater oder der russischen Kirche übergeben? Oder wäre es am sichersten, wenn eine neutrale Person das Dokument verwahrte?
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Moskau, Montag, 21. August
Wasser spritzte, als Präsident Wadim Bukin im Schwimmbecken seines Wohnsitzes in Nowo Ogarjowo seine täglichen Bahnen im Schmetterlingsstil schwamm. Er vollführte gerade eine Rollwende und wollte sich vom Beckenrand abstoßen, als jemand von oben nach seiner Schulter griff.
Der Präsident erschrak so sehr, dass er Wasser in die Lunge bekam. Er schnellte an die Wasseroberfläche, tastete nach dem Beckenrand und prustete und hustete, als hätte sein letztes Stündlein geschlagen.
»Ich bitte um Entschuldigung, Herr Präsident.« Bukins Sekretärin klang verstört. »Aber der Patriarch ist hier, mit einem … Engländer zusammen. Das Treffen war nicht vereinbart. Doch ich habe nicht gewagt, den Patriarchen abzuweisen. Sie sagen doch, dass man ihn zuvorkommend behandeln muss. Seine Heiligkeit behauptet, Sie möchten ihn sicher treffen …«
Bukin hatte es plötzlich eilig. »Führe den Patriarchen und seinen Gast ins Arbeitszimmer, ich bin in wenigen Minuten da«, befahl er und schwang sich aus dem Becken. Er schnappte sich das Handtuch vom Liegestuhl und lief auf dem rauen Steinfußboden zum Aufzug.
Er zog sich an, kämmte sich, band den Schlips um, und das alles so schnell wie noch nie. Was für einen Briten hatte der Patriarch mitgebracht?
Präsident Bukin rannte die Treppe hinunter, blieb an der Tür seines Arbeitszimmers stehen und holte ein paar Mal tief Luft, um sich zu beruhigen. Das könnte das wichtigsteTreffen seines Lebens werden. Er öffnete die Tür seines asketischen Arbeitszimmers und lief mit großen Schritten hinter seinen Schreibtisch, ohne zur Seite zu schauen.
»Derek Atkins,
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