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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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habe ich ihm einen Adlerstein geschenkt, und er hat sich sehr darüber gefreut. Ich muß hier irgendwo noch einen haben. Ja, wo denn nur?« Er kramte in einem kleinen Häufchen Steine und Holzstückchen, die neben dem Höhleneingang lagen. »Ist er womöglich da hinten?« Er zeigte auf den Bettvorhang. »Könnt Ihr ihn sehen?«
    Ich sah nach hinten, um nach dem kostbaren Wurfstein Ausschau zu halten, doch kaum hatte ich den Blick abgewandt, da sprang mir Malldynn auf den Rücken und versuchte mir die schartige Schneide seines kleinen Messers durch die Kehle zu ziehen. »Ich werde Euch essen!«
    verkündete er triumphierend. »Euch essen!« Irgendwie aber hatte ich seine Messerhand mit der Linken packen können, und es gelang mir, die Klinge von meiner Gurgel fernzuhalten. Er rang mit mir, bis wir auf dem Boden lagen, und versuchte mich ins Ohr zu beißen. Sabbernd hockte er über mir, voll Gier bei dem Gedanken an frisches, sauberes Menschenfleisch. Ich schlug ihn einmal, zweimal, dann schaffte ich es, mich so zu winden, daß ich ein Knie anziehen konnte, und schlug ihn abermals, aber der Unglückliche verfügte über eine bemerkenswerte Kraft, und der Lärm unseres Kampfes lockte die Männer aus den anderen Höhlen herbei. Es konnte nur noch Sekunden dauern, bis ich von ihnen gemeinsam überwältigt wurde, also wand ich mich verzweifelt ein letztes Mal, rammte Malldynns Kopf mit dem meinen und warf ihn schließlich ab. Mit einem Tritt beförderte ich ihn davon und rappelte mich panisch auf, um dem Ansturm seiner Freunde zu entkommen. Ich stellte mich in den Eingang zur Bettkammer, wo ich endlich genügend Platz hatte, um Hywelbane zu ziehen. Vor der blitzenden Klinge meines Schwertes wichen die Eremiten zurück.
    Malldynn lag mit blutendem Mund auf einer Seite der Höhle.
    »Nicht mal ein winziges Stückchen Leber?« bettelte er. »Nur ein Bröckchen? Bitte?«
    Ich verließ ihn. Auf dem Weg durch den Steinbruch zupften mich die anderen Eremiten am Mantel, doch keiner versuchte mich aufzuhalten. Einer von ihnen lachte, als ich davonging.
    »Du wirst zurückkommen müssen!« rief er mir nach. »Und dann sind wir noch hungriger!«
    »Eßt Malldynn«, gab ich verbittert zurück.
    Ich kletterte auf den Kamm der Insel, wo zwischen den Steinen Stechginster wuchs. Vom Gipfel aus konnte ich sehen, daß sich der riesige Felsen nicht ganz bis zur Südspitze der Insel erstreckte, sondern steil zu einer weiten Ebene abfiel, die von einem Gewirr alter Steinmauern durchzogen war: Beweis dafür, daß früher einmal ganz normale Männer und Frauen auf der Insel gelebt und das steinige Plateau beackert hatten, das sich sanft zum Meer hin neigte. Auch jetzt gab es noch Siedlungen auf dieser Ebene: Dort wohnten vermutlich die Meermenschen. Eine Gruppe dieser toten Seelen beobachtete mich von ihren Rundhütten aus, die am Fuß des Hügels standen, und ihre Gegenwart veranlaßte mich, vorerst zu bleiben, wo ich war, und lieber bis zum Morgengrauen zu warten. Am frühen Morgen kriecht das Leben nur langsam dahin, deswegen greifen die Soldaten auch gern im ersten Tageslicht an, und deswegen wollte ich nach meiner verschollenen Nimue suchen, solange die wahnsinnigen Bewohner der Insel noch träge und
    schlaftrunken waren.
    Es war eine harte Nacht. Eine sehr schlimme Nacht. Die Sterne zogen über mir dahin, strahlende Heimstätten, von denen die Geister auf die schwache Erde herabblickten. Ich betete zu Bel, bat ihn um Kraft, und manchmal schlief ich, obwohl ich bei jedem Rascheln im Gras oder dem Fall eines Steins hellwach hochfuhr. Ich hatte in einer schmalen Felsspalte Schutz gesucht, in der man mich nur schwer angreifen konnte, und war daher überzeugt, mich selbst schützen zu können, obwohl Bel allein wußte, wie ich die Insel jemals verlassen sollte. Oder ob ich meine Nimue je finden würde.
    Kurz vor Morgengrauen kroch ich aus meiner Felsspalte hervor. Hinter der aufgewühlten See, die den Eingang zu Cruachans Höhle kennzeichnete, hing dichter Nebel über dem Meer, und ein mattes graues Licht ließ die Insel flach und kalt erscheinen. Während ich bergab stieg, sah ich keinen Menschen. Als ich an das erste kleine Dorf aus primitiven Hütten kam, war die Sonne noch nicht aufgegangen. Gestern, hatte ich entschieden, war ich den Bewohnern der Insel gegenüber viel zu zaghaft gewesen. Heute würde ich diese Toten wie das Aasfleisch behandeln, das sie im Grunde ja auch waren.
    Die Hütten bestanden aus Lehm und Weidengeflecht und waren

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