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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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mit Zweigen und Gras gedeckt. Mit einem Tritt öffnete ich eine wacklige Holztür, trat geduckt in die Hütte und packte mir die erste schlafende Gestalt, die ich fand. Ich stieß die Kreatur hinaus, versetzte einer weiteren einen Tritt und hieb mit Hywelbane ein Loch ins Dach. Wesen, die früher einmal Menschen gewesen waren, lösten sich voneinander und huschten davon. Den einen Mann trat ich kräftig gegen den Kopf, den anderen verdrosch ich mit Hywelbanes flacher Klinge, einen dritten zerrte ich ans matte Tageslicht hinaus. Ich schleuderte ihn zu Boden, setzte ihm den Fuß auf die Brust und Hywelbanes Spitze an die Kehle. »Ich suche eine Frau namens Nimue«, sagte ich.
    Er stammelte unverständliches Kauderwelsch. Da er nicht sprechen konnte, oder vielmehr nur in einer Sprache, die seine eigene Erfindung war, ließ ich ihn liegen und lief statt dessen einer Frau nach, die hinkend in die Büsche zu flüchten versuchte. Als ich sie packte, schrie sie laut, und als ich ihr den Stahl an die Kehle setzte, schrie sie abermals. »Kennst du eine Frau namens Nimue?«
    Sie war zu verängstigt, um sprechen zu können. Statt dessen hob sie ihre verdreckten Röcke und zeigte mir ihr zahnloses Grinsen. Ich schlug ihr die flache Schwertklinge ins Gesicht.
    »Nimue!« schrie ich sie an. »Ein einäugiges Mädchen namens Nimue! Kennst du sie?« Die Frau brachte immer noch kein Wort heraus, zeigte aber nach Süden und stieß ihren Finger in dem hektischen Versuch, mich nachsichtig zu stimmen, immer wieder in Richtung der südlichen Inselspitze. Ich zog mein Schwert zurück und schob mit dem Fuß ihre Röcke über ihre mageren Schenkel. Hastig verkroch sich die Frau in einem Dornengestrüpp. Die anderen verängstigten Seelen starrten mir aus ihren Hütten nach, als ich dem Pfad in südlicher Richtung hinab zum tosenden Meer folgte.
    Ich kam an zwei weiteren winzigen Siedlungen vorbei, aber niemand versuchte jetzt noch, mich aufzuhalten. Ich war zu einem Teil des lebenden Alptraums dieser Insel der Toten geworden, zu einem Wesen, das im Morgengrauen mit nacktem Stahl drohte. Ich ging durch Felder von blassem, mit Hornklee, blauen Kreuzblumen und spitzen karmesinroten Orchideenblüten getupftem Gras und sagte mir, ich hätte wissen müssen, daß Nimue, eine Tochter Manawydans, so dicht wie möglich am Meer Zuflucht suchen würde. Die Südküste der Insel war ein Gewirr von Felsblöcken am Rand einer niedrigen Klippe. Riesige Wogen zersprangen hier zu Schaum, wurden in Felsspalten gesogen, versprühten weiße Gischt. Vor der Küste wirbelte und spie der Hexenkessel. Es war ein Sommermorgen, aber das Meer lag grau wie Eisen, der Wind blies kalt, und die Seevögel schrien laut ihre Klagen.
    Von einem Fels zum anderen springend, näherte ich mich bergabwärts diesem tödlichen Wasser. Als ich um eine Säule aus hellem Gestein bog, blähte sich mein zerfetzter Mantel im Wind, und ich entdeckte eine Höhle, die nur wenige Fuß
    oberhalb der obersten, von der höchsten Flut angespülten dunklen Linie von See-und Blasentang lag. Ein schmaler Vorsprung führte zum Eingang der Höhle, und auf diesem Felsband türmten sich Knochen von Vögeln und Tieren, die von Menschenhand aufgehäuft worden sein mußten, denn sie lagen in regelmäßigen Abständen, und jedes Häuflein war sorgfältig mit einem Gitterwerk aus längeren Knochen stabilisiert und mit einem Schädel gekrönt worden. Ich hielt inne. Angst stieg in mir auf wie die Fluten des Meeres, als ich auf diesen Zufluchtsort hinabstarrte, der so dicht am Wasser lag, wie es auf dieser Insel der verdammten Seelen nur möglich war. »Nimue?« rief ich, während ich Mut genug sammelte, um mich dem Felsband zu nähern. »Nimue?«
    Ich kletterte zu der schmalen Felsplatte hinab und suchte mir vorsichtig einen Weg zwischen den aufgehäuften Knochen. Ich fürchtete mich vor dem, was ich in der Höhle finden würde.
    »Nimue?« rief ich abermals.
    Unter mir klatschte eine Woge gegen einen Felsvorsprung und griff mit weißen Fingern nach dem Sims. Dann fiel das Wasser wieder und floß in dunklen Rinnsalen ins Meer zurück, bevor der nächste Brecher auf die Steine des Felsvorsprungs und die glänzendnassen Felsen donnerte. Die Höhle war still und dunkel. »Nimue?« fragte ich wiederum mit versagender Stimme.
    Der Eingang der Höhle wurde von zwei menschlichen Schädeln bewacht, die so in die Felsspalten gezwängt worden waren, daß sie zu beiden Seiten des Eingangs mit zerbrochenen Zähnen in den

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