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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zweimal, dann wusch ich ihre schwarzen Haare und benutzte anschließend einen Knochenkamm, um die Strähnen zu entwirren. Einige Knoten waren so fest, daß
    ich sie abschneiden mußte, die meisten aber ließen sich lösen, und als ihre Haare naß und glatt herabhingen, benutzte ich den Kamm, um die Läuse aufzustöbern und zu töten, bevor ich sie noch einmal wusch. Sie ließ die Prozedur wie ein kleines, gehorsames Kind über sich ergehen, und als sie endlich sauber war, wickelte ich sie in eine große Wolldecke, nahm die Fleischsuppe vom Feuer und zwang sie, etwas zu essen, während ich mich selbst ebenfalls wusch und jene Läuse einfing, die sich von ihrem auf meinen Körper gerettet hatten.
    Als ich fertig war, dämmerte es, und sie lag fest schlafend auf einem Bett, das ich ihr aus frisch geschnittenem Farn bereitet hatte. Sie schlief die ganze Nacht hindurch und aß am anderen Morgen sechs Eier, die ich auf dem Feuer in einer Pfanne gerührt hatte. Dann schlief sie weiter, während ich mir ein Messer und ein Stück Leder nahm und ihr eine Augenklappe mit Schnur zurechtschnitt, die sie sich um den Kopf binden konnte. Ich beauftragte eine von Gyllads Sklavinnen, Kleidung zu besorgen, dann schickte ich Issa in die Stadt, damit er sich nach den neuesten Nachrichten umhörte. Issa war ein kluger Bursche mit einem so freundlichen, offenen Wesen, daß sich ihm selbst völlig Fremde an einem Tisch in der Schenke anvertrauten.
    »Die halbe Stadt behauptet, der Krieg sei schon jetzt verloren, Lord«, berichtete er mir bei seiner Rückkehr. Da Nimue schlief, unterhielten wir uns am Ufer des Baches, der dicht neben der Hütte vorüberfloß.
    »Und die andere Hälfte?« fragte ich ihn.
    Er grinste. »Freut sich auf Lugnasa, Lord. Sie denken nicht darüber hinaus. Aber die Hälfte, die weiter denkt, das sind alles Christen.« Er spie ins Wasser. »Lugnasa sei ein sündiges Fest, sagen sie, und König Gorfyddyd komme über uns, um uns für unsere Sünden zu bestrafen.«
    »Wenn das so ist«, gab ich zurück, »sollten wir dafür sorgen, daß wir genügend Sünden begehen, um die Strafe auch zu verdienen.«
    Er lachte. »Manche sagen, Lord Arthur verläßt die Stadt nicht, weil er fürchtet, es werde einen Aufstand geben, sobald seine Soldaten weg sind.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Er will zu Lugnasa bei Guinevere sein.«
    »Wer würde das nicht wollen?« gab Issa zurück.
    »Warst du beim Goldschmied?« fragte ich ihn.
    Er nickte. »Er braucht mindestens zwei Wochen, um das Auge anzufertigen, sagt er, weil er so was noch nie gemacht hat, aber er wird sich einen Toten suchen und ihm ein Auge rausschneiden, damit er die richtige Größe hat. Ich sagte ihm, er solle die Leiche eines Kindes nehmen, denn die Lady ist sehr zierlich, nicht wahr?« Mit dem Kopf deutete er auf die Hütte.
    »Hast du ihm gesagt, daß das Auge hohl sein muß?«
    »Hab' ich, Lord.«
    »Das hast du wirklich gut gemacht«, lobte ich ihn. »Und nun wirst du wohl sündigen gehen und ausgiebig Lugnasa feiern wollen, wie?«
    Er grinste. »Und ob, Lord!« An Lugnasa sollte eigentlich die bevorstehende Ernte gefeiert werden, aber die Jugend hat es von jeher zu einem Fest der Fruchtbarkeit gemacht, und diese Feierlichkeiten sollten an jenem Abend beginnen, dem Vorabend des Festtags.
    »Dann los!« spornte ich ihn an. »Ich werde hierbleiben.«
    An jenem Nachmittag baute ich für Nimue zu Lugnasa eine eigene Laube. Irgendwie bezweifelte ich zwar, daß sie sich darüber freuen würde, aber ich wollte es eben tun, und so flocht ich ein winziges Häuschen am Bach. Ich schnitt die Weidenzweige und bog sie zu einem Unterstand, in den ich Kornblumen, Mohnblumen, Tausendschönchen, Fingerhut und lange, hängende Wickenranken flocht. Solche Hütten wurden an diesem Festtag in ganz Britannien errichtet, und im nächsten Spätfrühling würden dann in ganz Britannien Hunderte von Lugnasakindern geboren werden. Der Frühling galt als günstige Zeit für eine Geburt, denn dann kam das Kind in eine Welt, die vor der Fülle des Sommers stand, obwohl die Frage, ob die Aussaat dieses Jahres gute Ernte bringen würde, von den Schlachten abhing, die nach dem Einbringen der Frucht geschlagen werden mußten.
    Gerade als ich die letzten Fingerhutrispen ins Dach der Laube flocht, kam Nimue aus der Hütte. »Ist heute Lugnasa?« fragte sie erstaunt.
    »Nein, morgen.«
    Sie lachte schüchtern. »Mir hat noch nie jemand eine Laube geflochten.«
    »Du wolltest ja nie eine.«
    »Jetzt

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