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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ohne den Blick von mir zu wenden, die Hand nach einer der Wachen aus. »Weißt du, du Hund, was wir mit Arthurs letztem Botschafter gemacht haben?«
    »Ihr habt ihn getötet, Lord König«, antwortete ich.
    »Ich habe seinen madenverseuchten Kopf an deinen Hurenliebhaber zurückgeschickt, das habe ich mit ihm gemacht. Na komm schon, schnell!« herrschte er den nächsten Gardisten an, der nicht wußte, was er dem König in die ausgestreckte Hand drücken sollte. »Dein Schwert, Dummkopf!« forderte Gorfyddyd. Der Mann zog hastig sein Schwert aus der Scheide und reichte es dem König mit dem Griff nach vorn.
    »Lord König.« Galahad trat vor, aber Gorfyddyd wirbelte die Klinge so geschickt herum, daß sie nur wenige Zoll vor Galahads Augen haltmachte.
    »Seid vorsichtig mit Euren Worten, Galahad von Benoic«, grollte Gorfyddyd drohend.
    »Ich bitte um Derfels Leben«, sagte Galahad. »Er ist nicht als Spion hergekommen, sondern als Botschafter des Friedens.«
    »Ich will keinen Frieden!« schrie Gorfyddyd Galahad an.
    »Frieden kann mir keine Genugtuung geben! Ich will Arthur weinen sehen, wie meine Tochter einstmals geweint hat. Begreift Ihr das? Ich will seine Tränen sehen! Ich will, daß er mich anbettelt, wie sie mich angebettelt hat. Ich will, daß er vor mir kriecht, ich will, daß er stirbt und seine Hure meine Männer befriedigt. Kein Botschafter Arthurs ist hier willkommen, und Arthur ist das wohlbekannt! Und du hast das auch gewußt!«
    Die letzten Worte schrie er mir entgegen, während er das Schwert auf mein Gesicht richtete.
    »Tötet ihn! Tötet ihn!« In seinem zerlumpten, bestickten Gewand sprang Tanaburs auf und ab, so daß die Knochen in seinem Haar klapperten wie getrocknete Bohnen in einem Topf.
    »Wenn Ihr ihn anrührt, Gorfyddyd«, meldete sich eine neue Stimme in der Halle, »gehört Euer Leben mir. Ich werde es unter dem Dunghaufen von Caer Idion vergraben und die Hunde rufen, damit sie darauf pissen. Ich werde Eure Seele den Geistkindern überantworten, die kein Spielzeug haben. Ich werde Euch in der Finsternis festhalten, bis der letzte Tag vorüber ist, und dann werde ich auf Euch spucken, bis die nächste Ära einsetzt, und selbst dann, Lord König, werden Eure Qualen kaum erst begonnen haben.«
    Ich spürte, wie mich die ängstliche Spannung schlagartig verließ. Nur ein einziger Mann konnte es wagen, so mit einem Großkönig zu sprechen. Das war Merlin. Merlin! Merlin, der nun mit hocherhobenem Kopf würdevoll den Mittelgang der Halle heraufgeschritten kam, Merlin, der an mir vorbeiging und mit einer Geste, die weitaus königlicher war als alles, was Gorfyddyd zustande brachte, das Schwert des Königs mit seinem schwarzen Stab beiseite stieß. Merlin, der auf Tanaburs zuging und ihm etwas ins Ohr flüsterte, das den geringeren Druiden schreiend aus der Halle fliehen ließ. Es war Merlin, der sich verwandeln konnte wie kein zweiter. Er liebte die Verstellung, er liebte es, andere zu verwirren und zu täuschen. Er konnte barsch, boshaft, geduldig und hoheitsvoll sein, an jenem Tag aber hatte er sich dafür entschieden, in unverhohlener, eisiger Majestät aufzutreten. Auf seinem finsteren Gesicht zeigte sich kein Lächeln, keine Andeutung von Freude in seinen tiefen Augen - nichts als der Ausdruck einer so arroganten Autorität, daß die Männer in seiner unmittelbaren Nähe instinktiv auf die Knie sanken, und selbst König Gorfyddyd, der eben noch bereit gewesen war, mir das Schwert in den Hals zu stoßen, ließ die Klinge sinken. »Ihr sprecht für diesen Mann, Lord Merlin?« fragte Gorfyddyd.
    »Seid Ihr taub, Gorfyddyd?« fuhr Merlin ihn an. »Derfel Cadarn wird weiterleben. Er wird Euer hochgeehrter Gast sein. Er wird von Eurem Tisch essen und von Eurem Wein trinken. Er wird in Euren Betten schlafen und, falls er es wünscht, Eure Sklavinnen nehmen. Derfel Cadarn und Galahad von Benoic stehen unter meinem Schutz.« Er wandte sich um und musterte die gesamte Halle, forderte die Männer heraus, ihm zu widersprechen. »Derfel Cadarn und Galahad von Benoic stehen unter meinem Schutz!« wiederholte er. Diesmal hob er seinen schwarzen Stab, und man spürte, wie die Krieger vor der Drohung zurückschreckten. »Ohne Derfel Cadarn und Galahad von Benoic«, fuhr Merlin fort, »wäre das geheime Wissen Britanniens verloren. Ohne sie wäre ich in Benoic gestorben, und ihr alle wärt dazu verdammt, Sklaven unter sächsischer Herrschaft zu werden.« Er wandte sich wieder an Gorfyddyd. »Sie brauchen

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