Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
Königreiche bestritten
Freundschaftskämpfe vor den Mauern, und als Owain, Uthers Champion, die Arena betrat, sah König Tewdric sich genötigt, zwei seiner besten Männer gegen ihn in den Kampf zu schicken. Dumnonias berühmter Held galt als unüberwindlich, und genauso sah er auch aus, als er dastand und die Sommersonne sich in seinem langen Schwert spiegelte. Er war ein Riese, mit tätowierten Armen, haariger, nackter Brust und einem gesträubten Bart voll Kriegerringe, die aus den Waffen besiegter Feinde geschmiedet worden waren. Sein Kampf gegen Tewdrics Champions sollte nur ein
Scheingefecht sein, aber davon war wenig zu spüren, als die beiden Helden von Gwent ihn abwechselnd attackierten. Die drei Männer fochten, als wären sie von Haß erfüllt; sie tauschten Schwerthiebe, die bis ins ferne Powys hinein zu hören gewesen sein mußten, und schon nach wenigen Minuten mischte sich Blut in ihren Schweiß, waren die stumpfen Seiten ihrer Schwerter voller Scharten, und alle drei hinkten, doch Owain hatte noch immer die Oberhand. Trotz seiner Größe war er sehr schnell und geschickt im Umgang mit dem Schwert, und in seinen Schlägen steckte eine vernichtende Kraft. Die Zuschauermenge, die aus der ganzen Umgebung herbeigeströmt war und daher sowohl aus Uthers wie auch aus Tewdrics Königreich stammte, brüllte wie wild, um ihre Männer anzuspornen, aber Tewdric, der die entfesselte Leidenschaft erkannte, warf schließlich seinen Stab in den Sand, um damit den Kampf zu beenden. »Vergeßt nicht, wir sind Freunde«, sagte er zu den drei Kämpen, und Uther, der, wie es dem Großkönig zustand, eine Stufe höher als Tewdric saß, nickte zustimmend.
Uther sah abstoßend und krank aus; sein Körper war aufgedunsen, sein Gesicht gelblich und schlaff, sein Atem ging mühsam. Er war in einer Sänfte zum Kampfplatz getragen worden und saß in einen dicken Umhang gehüllt auf seinem Thron, so daß sein juwelenbesetzter Gürtel und der glänzende Torques nicht mehr zu sehen waren. König Tewdric war wie ein Römer gekleidet - sein Großvater war ein echter Römer gewesen, und diese Tatsache erklärte wohl auch seinen fremdartigen Namen. Der König trug das Haar sehr kurz geschnitten, war bartlos und in eine weiße Toga gehüllt, die geschickt auf einer Schulter gerafft war. Er war hoch gewachsen, schlank und bewegte sich graziös, und obwohl er noch ein junger Mann war, ließ ihn der traurige, weise Ausdruck seines Gesichtes weit älter wirken. Enid, seine Königin, trug die Haare zu einer seltsamen, geflochtenen Spirale frisiert, die so hoch auf ihrem Kopf aufgetürmt war, daß
sie gezwungen war, sich mit der eckigen Unbeholfenheit eines neugeborenen Fohlens zu bewegen. Ihr Gesicht war mit einer weißen Paste zugedeckt, die einen leeren Ausdruck erstaunter Langeweile auf ihren Zügen fixierte. Meurig, ihr Sohn und Edling von Gwent, war ein zappeliger zehnjähriger Knabe, der zu Füßen seiner Mutter saß und jedesmal, wenn er sich in der Nase bohrte, einen Klaps von seinem Vater bekam. Nach den Kämpfen trugen die Harfenspieler und Barden ihren Wettstreit aus. Cynyr, der Barde von Gwent, sang das hohe Lied von Uthers Sieg über die Sachsen bei Caer Idern. Später fiel mir ein, daß Tewdric es als Tribut an den Großkönig bestellt haben mußte, und tatsächlich schien Uther der Vortrag zu gefallen, denn er lächelte, während die Verse dahinrollten, und nickte, wenn ein bestimmter Krieger gelobt wurde. Cynyr trug den Sieg mit klingender Stimme vor, und als er zu den Zeilen kam, in denen erzählt wurde, wie Owain die Sachsen zu Tausenden abschlachtete, wandte er sich dem erschöpften, zerschlagenen Schwertkämpfer zu, und einer von Tewdrics Champions, der noch vor einer Stunde versucht hatte, den gewaltigen Kämpen zu besiegen, stand auf und hob Owains Schwertarm. Die Menge tobte, dann lachte sie, weil Cynyr eine Frauenstimme nachahmte, um zu schildern, wie die Sachsen um Gnade gebettelt hatten. Mit kleinen, ängstlichen Schritten trippelte er um den Kampfplatz herum, duckte sich, als wollte er sich verstecken, und die Zuhörer jubelten ihm zu. Ich fand es auch wundervoll, denn man konnte gleichsam sehen, wie sich die verhaßten Sachsen vor Angst verkrochen, man konnte den Gestank ihres Todesblutes riechen und die Schwingen der Raben hören, die herbeigeflogen kamen, um sich an ihrem Fleisch gütlich zu tun. Dann richtete sich Cynyr zu seiner vollen Größe auf, ließ den Mantel fallen, damit man sah, daß sein blau
Weitere Kostenlose Bücher