Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
Grunde nicht weniger erreicht hatte als die meisten anderen Kriegshorden, die in den umstrittenen Gebieten umherstreiften. Doch als wir schon fast in vertrautem Gelände waren, entdeckten wir einen sächsischen Kriegstrupp, der uns entgegenkam. Er mußte einem Teil unserer heimwärtsziehenden Landwehr begegnet sein, denn die Männer waren schwer beladen mit erbeuteten Waffen und Frauen.
Diese Begegnung kam für beide Seiten überraschend. Da ich am Ende von Griffids Kolonne ging, hörte ich nur den Beginn des Kampfes, der sich entspann, als unsere Vorhut aus dem Schutz der Bäume auftauchte und sah, wie etwa sechs Sachsen einen Bach überquerten. Unsere Männer griffen sofort an, dann eilten von beiden Seiten Speerkämpfer hinzu, um in den unerwarteten Kampf einzugreifen. Es gab keinen Schildwall, nur ein blutiges Gerangel quer über einen seichten Bach hinweg, und wieder einmal verspürte ich, genau wie an jenem Tag, wo ich im Wald südlich von Ynys Wydryn meinen ersten Gegner tötete, die Begeisterung der Schlacht. Es war, wie ich feststellte, das gleiche Gefühl, das Nimue offenbar überkam, wenn die Götter sie erfüllten: Als hätte man Flügel, hatte sie zu mir gesagt, die einen in Glanz und Glorie hoch hinauftrugen, und genau das war es, was ich an jenem Herbsttag empfand. Meinem ersten Sachsen begegnete ich in schnellem Lauf, den Speer auf ihn gerichtet, und als ich die Angst in seinen Augen sah, wußte ich, daß er ein toter Mann war. Da der Speer in seinem Bauch steckenblieb, zog ich Hywels Schwert, das ich inzwischen Hywelbane getauft hatte, und erledigte ihn mit einem seitlichen Hieb. Dann watete ich in den Bach und tötete noch zwei Sachsen. Ich kreischte wie ein böser Geist, lud die Sachsen in ihrer eigenen Sprache ein, näher zu kommen und den Tod zu schmecken, bis ein riesiger Krieger meiner Aufforderung Folge leistete und mich mit einer dieser schweren Äxte angriff, die so furchteinflößend wirkten. Allerdings hat so eine Axt zuviel Eigengewicht. Sobald man sie schwingt, kann man sie nicht zurückhalten, und so brachte ich den riesigen Mann mit einem geraden Schwertstoß zu Fall, der Owains Herz erwärmt hätte. Allein von diesem Axtmann erbeutete ich drei Goldtorques, vier Spangen und ein juwelenbesetztes Messer und nahm mir auch noch das Blatt seiner Axt, um mir daraus die ersten Kampfringe zu schmieden.
Als die Sachsen flohen, ließen sie acht Tote und ebenso viele Verwundete zurück. Ich selbst hatte nicht weniger als vier Feinde getötet, ein Heldenstück, das meinen Kameraden nicht entging. Ich sonnte mich in ihrer Bewunderung, obwohl mir später, als ich älter und weiser war, natürlich klar wurde, daß
ich die überdurchschnittliche Tötungsquote jenes Tages nur meiner jugendlichen Torheit zu verdanken hatte. Die Jugend handelt oft übereilt, während die Weisheit eher bedächtig vorgeht. Wir verloren drei Mann, darunter Licat, der mir auf dem Moor das Leben gerettet hatte. Ich holte mir meinen Speer zurück, sammelte von den Männern, die ich im Bach getötet hatte, zwei weitere Silbertorques ein und sah dann zu, wie die feindlichen Verwundeten in die Anderwelt befördert wurden, wo sie unseren toten Kämpfern als Sklaven dienen würden. Unter den Bäumen versteckt fanden wir sechs britische Gefangene. Es waren Frauen, die unserer Landwehr in den Kampf gefolgt und dann von diesen Sachsen gefangengenommen worden waren. Eine dieser Frauen entdeckte den einzigen feindlichen Krieger, der sich am Bachrand unter ein paar Brombeersträuchern versteckt hatte. Sie schrie ihn an und versuchte ihn mit einem Messer zu erstechen, aber er rettete sich flink in den Bach hinein, wo ich ihn erwischte. Er war ein bartloser Jüngling, ungefähr in meinem Alter, und zitterte vor Angst. »Wie heißt du?« fragte ich ihn und legte ihm meine blutige Speerspitze an die Kehle. Er lag lang ausgestreckt im Wasser. »Wlenca«, antwortete er, und dann erzählte er mir, daß er erst vor ein paar Wochen nach Britannien gekommen sei. Doch als ich ihn fragte, woher er komme, konnte er mir nur antworten, von zu Hause. Seine Sprache glich nicht ganz der meinen, aber die Unterschiede waren gering, und ich konnte ihn ganz gut verstehen. Der König seines Volkes, erklärte er mir, sei ein großer Führer namens Cerdic, der an der Südküste von Britannien Land zu nehmen beabsichtige. Um seine neue Kolonie einzurichten, habe Cerdic, sagte er, gegen Aesc kämpfen müssen, einen Sachsenkönig, der jetzt die kentischen
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