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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sei im Schrein des heiligen Dornbuschs beigesetzt worden, wo sie als Heilige verehrt werde.
    »Was ist ein Heiliger?« wollte ich wissen.
    »Ein toter Christ«, antwortete sie geringschätzig. »Am besten wären sie alle Heilige.«
    »Und wie geht es dir?« fragte ich sie.
    »Ich lebe noch«, antwortete sie tonlos.
    »Bist du glücklich?«
    »Du stellst immer so dämliche Fragen. Wenn ich glücklich sein wollte, Derfel, wäre ich jetzt hier bei dir, würde dir Brot backen und dein Bettzeug sauberhalten.«
    »Und warum tust du's dann nicht?«
    Sie spie ins Feuer, um meine Dummheit zu bannen.
    »Gundleus lebt immer noch«, sagte sie kurz und bündig, das Thema wechselnd.
    »Als Gefanger in Corinium«, wandte ich ein, als ob sie nicht selbst genau wüßte, wo sich ihr Erzfeind befand.
    »Ich habe seinen Namen auf einem Stein begraben«, sagte sie und warf mir einen goldäugigen Blick zu. »Er hat mich geschwängert, als er mich vergewaltigte, aber ich habe das widerliche Ding mit Mutterkorn umgebracht.« Mutterkorn, eine schwarze Fäule, die an Roggen wuchs, wurde von den Frauen für Abtreibungen benutzt. Auch Merlin benutzte sie, um sich in den Traumzustand zu versetzen und mit den Göttern zu sprechen. Ich selbst hatte das nur einmal probiert, war aber danach tagelang krank gewesen.
    Lunete bestand darauf, Nimue all ihre neuen Schätze zu zeigen: Dreifuß, Kessel und Sieb, die Juwelen und den Umhang, das feine Leinenhemd und den ramponierten Silberkrug mit dem nackten römischen Reiter, der einen Hirsch um die Wölbung herumjagte. Nimue machte einen
    mißlungenen Versuch, Interesse zu heucheln; dann bat sie mich, sie nach Caer Cadarn zu begleiten, wo sie die Nacht verbringen wollte. »Lunete ist töricht«, informierte sie mich. Wir schlenderten am Ufer eines Baches entlang, der in den Cam-Fluß mündete. Trockene braune Blätter raschelten unter unseren Füßen. Es hatte inzwischen gefroren, und der Tag war bitterkalt. Nimue wirkte zorniger denn je und gerade deshalb um so schöner. Tragödien standen Nimue gut, und da sie das wußte, suchte sie sie. »Du machst dir allmählich einen Namen«, sagte sie mit einem Blick auf die schlichten, eisernen Kriegerringe an meiner Linken. An der Rechten trug ich keine Ringe, damit ich Schwert und Speer sicherer packen konnte, doch meine Linke war jetzt mit vier Eisenringen geschmückt.
    »Glück«, erklärte ich die Existenz der Ringe.
    »Nein, nein, nicht Glück.« Sie hob ihre Linke, damit ich die Narbe sehen konnte. »Wenn du kämpfst, Derfel, kämpfe ich mit dir. Du wirst ein großer Krieger werden, und das wirst du wohl auch müssen.«
    »Wirklich?«
    Sie erschauerte. Der Himmel war grau, grau wie ein unpoliertes Schwert, obwohl am westlichen Horizont zitronengelbe Lichtstreifen zu sehen waren. Die Bäume waren winterlich kahl, das Gras traurig-schwarz, und der Rauch der Feuer in den Siedlungen klebte am Boden, als fürchte er den eisigen, leeren Himmel. »Weißt du, warum Merlin Ynys Wydryn verlassen hat?« fragte sie mich auf einmal, eine Frage, die mich überraschte.
    »Um das geheime Wissen von Britannien zu suchen«, antwortete ich, das heißt, ich wiederholte, was sie dem Hohen Rat in Glevum gesagt hatte.
    »Aber warum jetzt? Warum nicht vor zehn Jahren?« fragte mich Nimue, um ihre Frage gleich darauf selbst zu beantworten. »Er ist jetzt fortgegangen, Derfel, weil wir schlechten Zeiten entgegengehen. Alles, was gut ist, wird schlecht werden, alles, was schlecht ist, wird noch schlechter werden. Alle, die in Britannien wohnen, sammeln ihre Kräfte, weil sie wissen, daß der große Kampf bevorsteht. Manchmal glaube ich, die Götter spielen mit uns. Sie werfen alle Wurfsteine zugleich, um zu sehen, wie das Spiel endet. Die Sachsen werden immer stärker, und bald werden sie uns in hellen Scharen angreifen, nicht nur in Kriegshorden. Die Christen …« - sie spie in den Bach, um Böses abzuwenden -
    »sagen, daß bald fünfhundert Winter vergangen sind, seit ihr armseliger Gott geboren wurde, und behaupten, das bedeute, die Zeit ihres Triumphes sei gekommen.« Abermals spie sie aus. »Und was ist mit uns Briten? Wir bekämpfen uns gegenseitig, wir bestehlen uns, wir bauen neue Festhallen, wenn wir Schwerter und Speere schmieden sollten. Wir werden auf die Probe gestellt werden, Derfel. Merlin sammelt all seine Kraft, denn wenn die Könige uns nicht zu retten vermögen, muß Merlin die Götter dazu bewegen, uns zu Hilfe zu kommen.« Sie trat an einen kleinen Tümpel am

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