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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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daß Lancelot in die Mysterien des Mithras eingeweiht wurde, wäre dies alles möglicherweise nicht geschehen. Das Schicksal ist unerbittlich. Inzwischen waren die Türen des Tempels geschlossen. Keiner von denen, die drinnen eingesperrt waren, hatte entkommen können; denn sobald Guinevere herausgebracht worden war und Arthur lange mit ihr gesprochen hatte, war er allein und nur mit Excalibur in der Hand in den Keller zurückgekehrt. Es dauerte eine ganze Stunde, bis er wieder auftauchte. Als er herauskam, war sein Gesicht kälter als das Meer und so grau wie Excaliburs Klinge, nur daß die kostbare Klinge jetzt dick mit rotem Blut bedeckt war. In der einen Hand hielt er den horngekrönten Goldreif, den Guinevere als Isis getragen hatte, in der anderen hielt er sein Schwert. »Sie sind tot«, berichtete er mir.
    »Alle?«
    »Jeder einzelne.« Er wirkte merkwürdig unbeteiligt, obwohl seine Arme und seine Schuppenrüstung blutbesudelt waren und selbst die Gänsefedern auf seinem Helm Blutspritzer abbekommen hatten.
    »Die Frauen auch?« fragte ich ihn, denn unter den Anhängern war auch Lunete gewesen. Ich empfand längst keine Liebe mehr für sie, aber sie war einmal meine Gefährtin gewesen, und irgendwie tat sie mir leid. Die Männer im Tempel waren die ansehnlichsten von Lancelots
    Speerkämpfern gewesen, die Frauen Guineveres Hofdamen.
    »Alle tot«, sagte Arthur beinah munter. Er war langsam den Hauptweg des Lustgartens entlanggeschritten. »Dies war nicht die erste Nacht, in der sie so etwas getan haben«, sagte er, und es klang fast verwundert. »Sie haben das anscheinend häufig getan. Alle. Jedesmal, wenn der Mond richtig stand. Und sie haben es miteinander getrieben, alle. Bis auf Guinevere. Die hat es nur mit den Zwillingen oder mit Lancelot getan.« Er erschauerte, die erste Gefühlsäußerung, seit er mit so eiskaltem Blick aus dem Keller gekommen war. »Wie es scheint«, fuhr er fort, »hat sie es früher für mich getan. Wer soll auf dem Thron sitzen? Arthur, Arthur, Arthur. Aber die Göttin hat mich anscheinend nicht akzeptiert.« Er hatte wieder zu weinen begonnen. »Oder ich habe mich zu energisch gegen die Göttin gewehrt, deswegen haben sie meinen Namen gegen Lancelots eingetauscht.« Er schwang sein blutiges Schwert durch die Luft. »Lancelot«, sagte er, und seine Stimme war von Qual erfüllt. »Seit Jahren schläft sie mit Lancelot, Derfel, und alles wegen der Religion, behauptet sie! Religion! Gewöhnlich war er Osiris, und sie war immer Isis. Wer sonst hätte sie sein können?« Er hatte die Terrasse erreicht und setzte sich auf eine Steinbank, von der aus er auf die mondüberglänzte Bucht hinabblicken konnte. »Ich hätte sie nicht alle töten sollen«, sagte er nach langem Schweigen.
    »Nein, Lord«, stimmte ich zu, »das hättet Ihr nicht.«
    »Aber was sollte ich denn sonst tun? Es war Schmutz, Derfel, gemeiner Schmutz!« Jetzt brach er in Schluchzen aus. Er sagte etwas über die Schande, über die Toten, die Zeugen der Schande seiner Gemahlin geworden seien, und über seine eigene Entehrung; und als er nicht weitersprechen konnte, schluchzte er hilflos, und ich schwieg. Es schien ihn nicht zu kümmern, ob ich bei ihm blieb oder nicht, aber ich blieb, bis es Zeit wurde, Dinas und Lavaine zum Meeresufer zu bringen, damit Nimue ihnen die Seelen Zoll um gräßlichen Zoll aus den Körpern ziehen konnte.
    Und nun saß Arthur im Morgengrauen leer und erschöpft über dem Meer. Die Hörner lagen zu seinen Füßen, während sein Helm und Excaliburs blanke Klinge neben ihm auf der Bank lagen. Das Blut auf dem Schwert war zu einer dicken, braunen Kruste getrocknet.
    »Wir müssen fort, Lord«, mahnte ich, als der Morgen das Meer zur Farbe einer Speerspitze aufhellte.
    »Liebe«, sagte er verbittert.
    Ich dachte, er hätte mich nicht verstanden. »Wir müssen fort, Lord«, wiederholte ich.
    »Wozu?« fragte er mich.
    »Um Euren Eid zu erfüllen.«
    Er spie aus. Dann saß er schweigend da. Die Pferde waren aus dem Wald heruntergebracht, der Kessel und die Kleinodien von Britannien waren für den Marsch verpackt worden. Die Speerkämpfer beobachteten uns und warteten. »Gibt es einen Eid«, fragte er mich bitter, »der nicht gebrochen wurde? Nur einen?«
    »Wir müssen fort, Lord«, sagte ich, doch da er sich weder rührte noch etwas sagte, machte ich auf dem Absatz kehrt.
    »Dann werden wir ohne Euch gehen«, sagte ich hart.
    »Derfel!« rief Arthur, aufrichtigen Schmerz in der Stimme.
    »Lord?«

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