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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Funkenregen zur
    rußgeschwärzten Decke empor. »Kein einziger Mann hat Euch seinen Speer angeboten?« fragte ich erschrocken.
    »Ein paar«, sagte er wegwerfend, »aber keiner, dem ich vertrauen könnte. Keiner, der des Kessels würdig wäre.« Er hielt inne; er wirkte jetzt wieder sehr müde. »Ich kämpfe gegen die Verlockungen des sächsischen Goldes und gegen Morgan. Sie ist gegen mich.«
    »Morgan?« Ich konnte mein Erstaunen nicht verbergen. Morgan, Arthurs älteste Schwester, war Merlins engste Vertraute gewesen, bis Nimue sie verdrängte, und obwohl Morgan Nimue haßte, konnte ich mir doch nicht vorstellen, daß
    sich ihr Haß auch auf Merlin erstreckte.
    »Ja, Morgan«, sagte er tonlos. »Sie hat ein Gerücht in Britannien verbreitet. Sie erzählt, die Götter seien gegen meine Suche, ich werde besiegt werden, und mein Tod werde all meine Begleiter in den Abgrund reißen. Das hat sie geträumt, und die Menschen glauben ihren Träumen. Ich sei alt, behauptet sie, und schwach und geistig krank.«
    »Aber sie hat auch gesagt«, widersprach Nimue leise, »daß
    eine Frau Euch töten wird, nicht Diwrnach.«
    Merlin zuckte die Achseln. »Morgan treibt ihr eigenes Spiel, und ich verstehe es noch nicht.« Er wühlte in einer Tasche seines Gewandes und holte eine Handvoll getrockneter, verknoteter Grashalme heraus. Jeder verknotete Stengel sah genauso aus wie der andere, er aber sortierte sie geschickt und wählte einen, den er Ceinwyn reichte. »Ich entbinde Euch von Eurem Eid, Lady.«
    Ceinwyn warf mir einen Blick zu und betrachtete dann wieder den verknoteten Halm. »Wollt Ihr immer noch über die Dunkle Straße gehen, Lord?« fragte sie Merlin.
    »Ja.«
    »Aber wie werdet Ihr ohne mich den Kessel finden?«
    Ohne zu antworten, zuckte er die Achseln.
    »Wie werdet Ihr ihn mit ihr finden?« fragte ich ihn, denn ich begriff noch immer nicht, warum nur eine Jungfrau den Kessel finden konnte, und warum diese Jungfrau Ceinwyn sein mußte. Wieder zuckte Merlin die Achseln. »Der Kessel«, antwortete er, »stand immer unter dem Schutz einer Jungfrau. Wenn meine Träume mich nicht täuschen, wird er auch jetzt von einer Jungfrau bewacht, und nur eine weitere Jungfrau kann das Versteck entdecken. Falls Ihr«, wandte er sich an Ceinwyn,
    »bereit seid, mitzukommen, werdet Ihr es erträumen.«
    »Ich werde mitkommen«, versicherte Ceinwyn. »Wie ich es Euch versprochen habe.«
    Merlin steckte den Grasknoten wieder in die Tasche und rieb sich mit den langen, schmalen Händen noch einmal das Gesicht. »Wir brechen in zwei Tagen auf«, verkündete er entschieden. »Ihr müßt Brot backen, Dörrfleisch und -fisch einpacken, eure Waffen schärfen und dafür sorgen, daß
    genügend Pelze gegen die Kälte vorhanden sind.« Er sah zu Nimue hinüber. »Wir werden in Caer Sws schlafen. Komm mit.«
    »Ihr könnt hierbleiben«, bot ich ihm an.
    »Ich muß mit Iorweth sprechen.« Er stand auf. Sein Kopf reichte bis an die Dachbalken. »Ich entbinde euch beide von eurem Eid«, verkündete er feierlich, »bete aber darum, daß ihr dennoch mitkommt. Es wird allerdings schwerer werden, als ihr es euch vorstellt, und härter, als ihr in euren schlimmsten Träumen befürchtet, denn ich habe mein Leben dem Kessel geweiht.« Als er zu uns herabblickte, war seine Miene unendlich traurig. »An dem Tag, da wir die Dunkle Straße betreten«, erklärte er uns, »werde ich zu sterben beginnen, denn so lautet mein Eid, und ich habe keinerlei Garantie, daß
    dieser Eid mir Erfolg beschert. Wenn die Suche fehlschlägt, werde ich tot sein, und ihr werdet allein in Lleyn zurückbleiben.«
    »Wir werden Nimue haben«, wandte Ceinwyn ein.
    »Und sie ist alles, was Ihr haben werdet«, verkündete Merlin unheildrohend. Dann duckte er sich und schritt durch unsere Tür hinaus. Nimue folgte ihm.
    Wir blieben schweigend sitzen. Ich legte noch ein Scheit aufs Feuer. Es war grün, denn unser gesamtes Feuerholz bestand aus frisch geschlagenem, nicht abgelagertem Holz, und deswegen rauchte es auch so stark. Ich sah zu, wie der Rauch dichter wurde und um die Dachbalken wirbelte. Dann ergriff ich Ceinwyns Hand. »Möchtest du in Lleyn sterben?« schalt ich sie.
    »Nein«, antwortete sie, »aber ich möchte den Kessel sehen.«
    Ich starrte in die Flammen. »Er wird ihn mit Blut füllen«, prophezeite ich leise.
    Ceinwyns Finger liebkosten die meinen. »Als ich noch ein Kind war«, sagte sie, »habe ich all die Erzählungen vom alten Britannien gehört, als die Götter

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