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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Ceinwyn getan hatte, aus tiefstem Herzen. »Sie glaubt, daß es Schande über die Familie bringt«, erklärte uns Cuneglas munter. Er wurde, genau wie Arthur und Galahad, einer meiner besten Freunde. Ich glaube, er fühlte sich einsam in Caer Sws, denn außer Iorweth und ein paar jüngeren Druiden gab es dort nur wenige Männer, mit denen er sich über etwas anderes unterhalten konnte als über die Jagd und den Krieg, und so kam es, daß ich ihm die Brüder ersetzte, die er verloren hatte. Sein älterer Bruder, der eigentlich König werden sollte, war bei einem Sturz vom Pferd umgekommen, der nächste war am Fieber gestorben, der jüngste im Kampf gegen die Sachsen gefallen. Cuneglas war, genau wie ich, entschieden gegen Ceinwyns Vorhaben, uns auf der Dunklen Straße zu begleiten, aber er machte mir auch klar, daß man sie höchstens durch einen Schwertstreich davon abhalten könnte. »Alle Welt hält sie für unendlich lieb und freundlich«, sagte er, »aber sie hat einen eisernen Willen. Stur wie ein Esel.«
    »Sie kann kein Huhn schlachten.«
    »Nicht im Traum könnte ich mir vorstellen, daß sie das versucht«, gab er lachend zurück. »Aber sie ist glücklich, Derfel, dafür danke ich Euch.«
    Es war eine glückliche Zeit, eine der glücklichsten all unserer glücklichen Zeiten, aber sie wurde stets von dem Bewußtsein überschattet, daß Merlin kommen und verlangen würde, daß
    wir unseren Eid einlösten.
    Er kam an einem frostkalten Nachmittag. Ich war draußen und spaltete mit einer sächsischen Streitaxt frisch zurechtgehauene Holzklötze, die unser Haus mit Rauch füllen würden, und Ceinwyn war drinnen, um einen Streit zwischen ihren Dienerinnen und der hitzigen Scarach zu schlichten, als auf der anderen Talseite ein Horn erklang. Der Hornstoß war ein Signal meiner Speerkämpfer und bedeutete, daß sich ein Fremder Cwm Isaf näherte. Als ich die Axt sinken ließ, entdeckte ich Merlins hochgewachsene Gestalt, die unter den Bäumen hervortrat. Nimue begleitete ihn. Sie war nach dem Abend von Lancelots Verlöbnis eine Woche bei uns geblieben und dann eines Nachts ohne ein Wort der Erklärung verschwunden. Nun kehrte sie zurück, ganz in Schwarz neben ihrem Lord in seinem langen weißen Gewand.
    Ceinwyn kam aus dem Haus. Ihr Gesicht war rußverschmiert und ihre Hände blutig von dem Hasen, den sie zerteilt hatte.
    »Ich dachte, er wollte eine Kriegshorde mitbringen«, sagte sie, den Blick der blauen Augen auf Merlin gerichtet. Das hatte uns Nimue damals gesagt, bevor sie uns verließ: daß Merlin jene Streitmacht aufstellen wolle, die ihn auf der Dunklen Straße beschützen sollte.
    »Vielleicht hat er sie am Fluß zurückgelassen«, entgegnete ich.
    Sie strich sich eine Locke aus dem Gesicht und fügte den Rußflecken einen Streifen Blut hinzu. »Ist dir nicht kalt?«
    erkundigte sie sich, denn ich hatte mit nacktem Oberkörper Holz gehackt.
    »Noch nicht.« Ich zog ein Wollhemd über, während Merlin mit seinen langen Beinen über den Bach sprang. Meine Speerkämpfer, die sich darauf freuten, Neuigkeiten zu hören, kamen aus ihren Hütten und folgten ihm, blieben aber vor dem Haus, als er durch unsere niedrige Tür schlüpfte. Er entbot uns seinen Gruß, ging aber an uns vorbei ins Haus. Nimue folgte ihm, und als Ceinwyn und ich eintraten, hockten sie bereits am Feuer. Merlin hielt seine mageren Hände an die Flammen und schien einen langgezogenen Seufzer
    auszustoßen. Er sagte kein Wort, und keiner von uns wollte ihn nach dem Stand der Dinge fragen. Ich setzte mich zu ihm vor das Feuer, während Ceinwyn den halb zerteilten Hasen in eine Schüssel legte und ihre Hände sodann vom Blut säuberte. Sie winkte Scarach mit den Dienerinnen zum Haus hinaus und setzte sich neben mich.
    Merlin erschauerte und schien sich dann zu entspannen. Sein langer Rücken krümmte sich, als er sich mit geschlossenen Augen vornüberbeugte. So blieb er lange Zeit sitzen. Sein braunes Gesicht war von tiefen Falten durchzogen, sein Bart von einem erstaunlichen Weiß. Wie alle Druiden rasierte er sich den vorderen Teil des Schädels, jetzt aber war die Tonsur von einer dünnen Schicht weißer Haare bedeckt – Beweis dafür, daß er sehr lange ohne Rasiermesser und Bronzespiegel unterwegs gewesen war. Er sah sehr alt aus an jenem Tag, und wie er da so geduckt am Feuer saß, wirkte er sogar gebrechlich. Nimue saß ihm schweigend gegenüber. Einmal erhob sie sich, um Hywelbane von seinen Haken am Hauptbalken zu nehmen, und ich sah

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