Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
auf die Macht verzichten?« fragte ich, und sie nickte. Arthur hatte immer von seinem Traum gesprochen, mit Frau und Familie auf einem Stück Land ein einfaches Leben zu führen. Er wünschte sich eine Halle, eine Palisade, eine Schmiede und ein paar Felder. Er sah sich als Landbesitzer ohne andere Probleme als die, daß die Vögel seine Saat wegpickten, das Wild sein Getreide fraß und der Regen seine Ernte verdarb. Diesen Traum hatte er seit Jahren genährt, und jetzt, nachdem er die Sachsen geschlagen hatte, schien es, als wollte er ihn verwirklichen.
»Meurig will auch, daß Arthur auf die Macht verzichtet«, sagte Guinevere.
»Meurig!« Ich spie aus. »Was geht es uns an, was Meurig will?«
»Dies war Meurigs Preis, als er sich einverstanden erklärte, seinen Vater Gwents Heer in den Krieg führen zu lassen«, sagte Guinevere.
»Arthur hat Euch das vor der Schlacht nicht gesagt, weil er wußte, daß
Ihr mit ihm streiten würdet.«
»Aber warum sollte Meurig wollen, daß Arthur auf seine Macht verzichtet?«
»Weil er glaubt, daß Mordred ein Christ ist«, antwortete Guinevere achselzuckend, »und weil er will, daß Dumnonia schlecht regiert wird. Auf diese Art, Derfel, hat Meurig die Chance, eines Tages Dumnonias Thron zu erobern. Er ist eine ehrgeizige kleine Kröte.« Als ich ihn etwas härter beschimpfte, lächelte Guinevere. »Das auch«, sagte sie, »doch was er verlangt hat, muß er bekommen, deswegen werden Arthur und ich ins silurische Isca umsiedeln. Das ist besser als ein Leben in irgendeiner zerfallenden Halle. In Isca gibt es ein paar schöne römische Paläste und außerordentlich gute Jagdgründe. Wir werden ein paar Speerkämpfer mitnehmen. Arthur meint zwar, daß wir keine brauchen, aber er hat schließlich Feinde und braucht eine Kriegshorde.«
Ich ging unruhig auf und ab. »Aber Mordred!« klagte ich verbittert.
»Soll er denn wirklich an die Macht zurückkehren?«
»Das ist der Preis, den wir für Gwents Heer bezahlen mußten«, erklärte Guinevere. »Und wenn Argante Mordred heiraten soll, muß er an der Macht sein, sonst wird Oengus niemals seine Zustimmung zu der Vermählung geben. Das heißt, wenigstens einen Teil seiner Macht muß
Mordred zurückerhalten, und den muß sie dann mit ihm teilen.«
»Und alles, was Arthur erreicht hat, wird zerstört werden!« sagte ich.
»Arthur hat Dumnonia von den Sachsen befreit«, gab Guinevere zu bedenken, »und er will kein König sein. Das wißt Ihr, und das weiß ich. Es ist nicht das, was ich will, Derfel. Ich wollte immer, daß Arthur Großkönig wird und Gwydre ihm nachfolgt, aber er will es nicht, und er wird nicht dafür kämpfen. Er will Ruhe, hat er mir erklärt. Und wenn er Dumnonia nicht regieren will, dann muß es Mordred tun. Das gebieten Gwents Forderungen sowie der Eid, den Arthur Uther geschworen hat.«
»Dann werden wir Dumnonia also ganz einfach der Rechtswillkür und Tyrannei überlassen!« protestierte ich.
»Nein«, widersprach Guinevere, »denn Mordred wird nicht die ganze Macht ausüben.«
Ich starrte sie an; ihrem Ton entnahm ich, daß ich noch nicht alles begriffen hatte. »Nur weiter«, forderte ich sie argwöhnisch auf.
»Sagramor wird bleiben. Die Sachsen sind besiegt, aber es wird immer noch eine Grenze geben, und niemand versteht sich besser darauf, sie zu schützen, als Sagramor. Der Rest von Dumnonias Heer wird allerdings einem anderen den Treueid leisten. Mordred darf regieren, denn er ist der König; aber er wird nicht den Befehl über die Speerkämpfer haben, und ein Mann ohne Speerkämpfer ist ein Mann ohne wirkliche Macht. Diese Macht werdet Ihr und Sagramor Euch teilen.«
»Nein!«
Guinevere lächelte. »Arthur wußte, daß Ihr das sagen würdet, deswegen habe ich gesagt, daß ich Euch überzeugen würde.«
»Lady«, begann ich zu protestieren, doch sie gebot mir mit erhobener Hand Schweigen.
»Ihr werdet Dumnonia regieren, Derfel. Mordred wird König sein, doch Ihr werdet über die Speerkämpfer verfügen, und wer über die Speerkämpfer verfügt, der regiert. Ihr müßt es für Arthur tun, denn nur wenn Ihr Euch einverstanden erklärt, kann er Dumnonia guten Gewissens verlassen. Schenkt ihm also seinen Frieden. Tut es für ihn und« – sie zögerte ein wenig – »vielleicht auch ein wenig für mich, ja?
Bitte!«
Merlin hatte recht. Wenn eine Frau etwas will, dann kriegt sie es auch. Und ich sollte Dumnonia regieren.
T aliesin verfaßte ein Lied über Mynydd Baddon. Er dichtete es bewußt
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