Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Schlagserie pariert hatte, Zeit nehmen konnte, über die Art seines Todes nachzudenken. Immer verzweifelter wurde er, und seine Schläge wurden immer hektischer, doch ich beendete den Kampf, als ich mich unter einem seiner schweren Hiebe hindurchduckte und Hywelbane so hielt, daß ihn die Spitze am Arm traf und der Schwung seines eigenen Schlags ihm die Adern vom Handgelenk bis zum Ellbogen aufriß. Als das Blut floß, schrie er auf; dann fiel ihm das Schwert aus der kraftlosen Hand, und er wartete in tiefstem Entsetzen auf den tödlichen Hieb. Ich säuberte Hywelbane mit einer Handvoll Gras, trocknete die Klinge mit meinem Mantel und schob sie in die Scheide zurück. »Ich will mein Schwert nicht mit Eurer Seele belasten«, erklärte ich Lancelot, und einen Herzschlag lang schien er dankbar zu sein; doch zerstörte ich seine Hoffnung. »Eure Männer haben mein Kind getötet«, sagte ich,
»dieselben Männer, die Ihr ausgeschickt habt, um Ceinwyn in Euer Bett zu zwingen. Glaubt Ihr etwa, ich könnte Euch auch nur eins von beiden verzeihen?«
»Das hatte ich ihnen nicht befohlen«, versicherte er voller Verzweiflung. »Bitte, glaubt mir!«
Ich spie ihm ins Gesicht. »Soll ich Euch Arthur übergeben, Lord König?«
»Nein, Derfel – bitte!« Er faltete die Hände. Er zitterte. »Bitte!«
»Gebt ihm den Weibertod«, drängte mich Issa und meinte damit, wir sollten ihn entkleiden, entmannen und zwischen den Beinen verbluten lassen.
Ich fühlte mich versucht, fürchtete aber, Lancelots Tod zu sehr zu genießen. Die Rache birgt eine gewisse Lust, und ich hatte Dians Mördern einen gräßlichen Tod bereitet, doch keinerlei Gewissensbisse empfunden, als ich ihre Leiden genoß, aber diesen zitternden, gebrochenen Mann zu quälen, dazu hatte ich keine Lust. Er wurde so sehr von Angst geschüttelt, daß ich Mitleid mit ihm empfand, und ich ertappte mich bei der Überlegung, ihm das Leben zu schenken. Ich wußte, daß er ein Verräter und Feigling war und daß er den Tod verdient hatte, aber sein Entsetzen war so abgrundtief, daß er mir tatsächlich leid tat. Er war immer mein Feind gewesen, er hatte mich stets verachtet, doch als er sich jetzt vor mir auf die Knie warf und ihm die Tränen über die Wangen liefen, fühlte ich mich versucht, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Ich wußte, daß in dieser Ausübung von Macht genausoviel Lust liegen würde wie in dem Befehl, ihn zu töten. Einen Herzschlag lang wünschte ich mir seine Dankbarkeit; dann aber dachte ich an das Gesicht meiner sterbenden Tochter und wurde von einem Wutanfall geschüttelt. Arthur war berühmt dafür, daß er seinen Feinden vergab, doch diesem Feind konnte ich niemals verzeihen.
»Den Weibertod«, drängte mich Issa abermals.
»Nein«, antwortete ich, und Lancelot blickte mit neuer Hoffnung zu mir auf. »Hängt ihn wie einen gemeinen Verbrecher«, sagte ich. Lancelot heulte auf, ich aber verhärtete mein Herz. »Hängt ihn«, befahl ich abermals, und das taten wir. Wir suchten uns einen Roßhaarstrick, warfen ihn über den Ast einer Eiche und zogen ihn hoch. Er tanzte, als er da hing, und tanzte weiter, bis Galahad zurückkehrte und an den Beinen seines Stiefbruders zog, um ihn von seinem erstickenden Elend zu erlösen.
Wir entkleideten Lancelots Leichnam. Ich warf sein Schwert und die kostbare Schuppenrüstung in den Fluß, verbrannte seine Kleidung und begann seinen Leichnam dann mit einer sächsischen Streitaxt zu zerteilen. Wir verbrannten ihn nicht, sondern warfen ihn den Fischen vor, damit seine finstere Seele die Anderwelt nicht mit ihrer Gegenwart verseuchte. Wir löschten ihn vom Antlitz der Erde. Nur seinen emaillierten Schwertgurt behielt ich, weil er ein Geschenk von Arthur gewesen war.
Arthur traf ich um Mittag wieder, als er von seiner Verfolgungsjagd nach Cerdic zurückkehrte. Auf müden Rossen ritten seine Männer ins Tal. »Wir haben Cerdic nicht eingeholt«, erklärte er mir, »nur ein paar andere.« Er tätschelte Llamrei den mit weißschäumendem Schweiß
bedeckten Hals. »Cerdic lebt noch, Derfel«, sagte er, »aber er ist so geschwächt, daß er uns auf sehr lange Zeit keine Probleme mehr machen wird.« Er lächelte, doch dann sah er, daß ich seine fröhliche Laune nicht teilte. »Was ist?« wollte er wissen.
»Nur das hier, Lord«, antwortete ich und hielt den kostbaren emaillierten Gurt empor.
Einen Moment lang dachte er, ich wolle ihm ein Stück Beute zeigen, dann erkannte er den Schwertgurt, der sein persönliches
Weitere Kostenlose Bücher