Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
haben ihre eigenen Belustigungen, und wenn wir nicht ihr Spielzeug sind, sollten wir uns darüber freuen.
An einem Teich unter den Bäumen blieb Olwen stehen. »Hier gibt es Biber«, erklärte sie und starrte angestrengt in das regenbetupfte Wasser. Als ich nicht antwortete, blickte sie lächelnd zu mir auf. »Wenn Ihr an diesem Bach flußabwärts geht, Lord, werdet Ihr auf einen Fußpfad stoßen. Und wenn ihr dem den Berg hinab folgt, kommt Ihr schließlich an eine Straße.«
Ich folgte dem Fußpfad und der Straße und kam in der Nähe der alten römischen Festung Cicucium, die jetzt eine Gruppe verängstigter Familien beherbergte, aus den Bergen. Die Männer, die mich sahen, kamen mit Speeren und Hunden aus dem zerbrochenen Festungstor, ich aber watete durch den Bach und kletterte bergaufwärts, und als sie sahen, daß ich nichts Böses im Schilde führte, keine Waffen bei mir trug und eindeutig kein Späher für einen Überfalltrupp war, begnügten sie sich damit, mich höhnisch zu verlachen. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals seit meiner Kinderzeit so lange ohne Schwert gewesen zu sein. Es verlieh mir das Gefühl, nackt zu sein.
Zwei Tage brauchte ich bis nach Hause; zwei Tage voll trübsinniger Gedanken und Fragen ohne Antwort. Gwydre war der erste, der mich sah, als ich Iscas Hauptstraße herunterschritt, und kam mir freudig entgegengelaufen. »Es geht ihr besser, Lord!« rief er mir zu.
»Es verschlechtert sich aber schon wieder«, gab ich zurück. Er zögerte. »Ja. Aber vor zwei Tagen dachten wir, daß sie sich allmählich erholt.« Beunruhigt von meiner finsteren Miene, musterte er mich aufmerksam.
»Und seitdem«, fuhr ich fort, »ist es von Tag zu Tag wieder ein wenig schlimmer geworden.«
»Aber es gibt Hoffnung«, versuchte Gwydre mir Mut zu machen.
»Mag sein«, antwortete ich, aber auf mich traf das nicht zu. Ich trat an Ceinwyns Bett. Sie erkannte mich und versuchte zu lächeln, aber der Schmerz baute sich wieder in ihr auf, und das Lächeln wirkte wie die Grimasse eines Totenschädels. Sie hatte einen feinen Flaum neuer Haare, aber die waren schneeweiß. Verschmutzt, wie ich war, beugte ich mich zu ihr hinunter und küßte sie auf die Stirn.
Ich wechselte die Kleider, wusch und rasierte mich, gürtete mich mit Hywelbane und suchte Arthur auf. Ich berichtete ihm alles, was Nimue zu mir gesagt hatte, aber Arthur wußte nichts dazu zu sagen, oder er wollte es mir nicht sagen. Er wollte Ceinwyn, aber das konnte er mir nicht ins Gesicht sagen. Statt dessen sah er mich zornig an. »Ich habe jetzt genug von diesem Unsinn, Derfel!«
»Ein Unsinn, der Ceinwyn unerträgliche Schmerzen bereitet, Lord«, hielt ich ihm vor.
»Dann müssen wir sie heilen«, sagte er, doch das Gewissen ließ ihn verstummen. Er krauste die Stirn. »Glaubt Ihr wirklich, daß Gwydre wieder zum Leben erwachen wird, wenn er in den Kessel gelegt wird?«
Ich dachte nach, aber ich konnte ihn nicht belügen. »Nein, Lord.«
»Ich auch nicht«, erklärte er und rief nach Guinevere, aber der einzige Vorschlag, den sie machte, lautete, Taliesin zu befragen. Taliesin lauschte meinem Bericht. »Nennt mir noch einmal die einzelnen Flüche, Lord«, verlangte er, als ich ausgeredet hatte.
»Der Fluch des Feuers«, sagte ich, »der Fluch des Wassers, der Fluch des Schwarzdorns und der schwarze Fluch des Anderkörpers.«
Bei meinen letzten Worten zuckte er zusammen. »Die ersten drei kann ich aufheben«, sagte er dann. »Aber den letzten? Ich wüßte niemand, der den aufheben kann.«
»Warum nicht?« wollte Guinevere in scharfem Ton wissen. Taliesin zuckte die Achseln. »Das ist höheres Wissen, Lady. Ein Druide hört auch nach seiner Ausbildung nicht auf zu lernen, sondern vertieft sich in neue Mysterien. Ich habe diesen Weg nicht beschritten. Und, wie ich vermute, in ganz Britannien auch kein anderer als Merlin. Der Anderkörper ist ganz große Magie; um ihr entgegenzuwirken, brauchen wir eine mindestens ebenso große Magie. Über die ich leider nicht verfüge.«
Ich blickte zu den Regenwolken über Iscas Dächern empor. »Wenn ich Ceinwyns Haupt abschlage, Lord«, wandte ich mich an Arthur,
»würdet Ihr dann einen Herzschlag später das meine abschlagen?«
»Nein«, antwortete er entrüstet.
»Lord!« sagte ich flehend.
»Nein!« entgegnete er zornig. Dieses Gerede von Magie schien ihn zu verärgern. Er wünschte sich eine Welt, in der die Vernunft regierte und nicht die Magie, jetzt aber konnte uns all seine Vernunft
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