Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
nicht helfen. Dann sagte Guinevere sehr leise: »Morgan.«
»Was ist mit ihr?« erkundigte sich Arthur.
»Sie war vor Nimue Merlins Priesterin«, erklärte Guinevere. »Wenn irgend jemand Merlins Magie kennt, dann Morgan.«
Also wurde Morgan geholt. Als sie in den Hof humpelte, brachte sie, wie immer, eine Aura des Zornes mit. Ihre Goldmaske glänzte, als sie uns einen nach dem anderen ansah, und als sie erkannte, daß kein Christ anwesend war, schlug sie das Kreuz. Arthur holte ihr einen Sessel, sie aber verzichtete darauf, womit sie andeutete, daß sie nur wenig Zeit für uns erübrigen konnte. Seit ihr Gemahl nach Gwent gegangen war, hatte sich Morgan in einem Christenschrein nördlich von Isca nützlich gemacht, in dem Kranke Zuflucht suchten, um dort zu sterben. Morgan gab ihnen zu essen, pflegte sie und betete für sie. Ihren Gemahl bezeichnen die Menschen bis heute noch als Heiligen, aber ich glaube, daß vor Gott eher seine Frau als Heilige gilt.
Arthur berichtete ihr von meinen Erlebnissen, und bei jeder neuen Erkenntnis stieß Morgan ein leichtes Knurren aus; als Arthur jedoch vom Fluch des Anderkörpers sprach, schlug sie das Kreuz, um dann durch die Mundöffnung ihrer Goldmaske zu spucken. »Und was wolltet Ihr nun von mir?« fragte sie kampflustig.
»Könnt Ihr den Fluch aufheben?« fragte Guinevere.
»Gebete können ihn aufheben!« erklärte Morgan.
»Aber du hast gebetet«, warf Arthur verzweifelt ein, »und Bischof Emrys hat gebetet. Alle Christen von Isca haben gebetet, und Ceinwyn ist noch immer todkrank.«
»Weil sie eine Heidin ist«, sagte Morgan tadelnd. »Warum sollte Gott seine Gnade auf die Heiden verschwenden, wenn er für seine eigene Herde sorgen muß?«
»Ihr habt meine Frage nicht beantwortet«, sagte Guinevere eiskalt. Sie und Morgan haßten einander, wahrten aber um Arthurs willen eine recht kühle Höflichkeit.
Morgan schwieg eine Weile; dann nickte sie plötzlich. »Der Fluch kann aufgehoben werden«, erklärte sie. »Wenn Ihr fest an diesen Aberglauben glaubt.«
»Ich glaube daran«, sagte ich.
»Allein der Gedanke daran ist schon eine Sünde«, rief Morgan empört und schlug wieder das Kreuz.
»Euer Gott wird Euch sicherlich vergeben«, sagte ich.
»Was wißt Ihr von meinem Gott, Derfel?« fragte sie gereizt.
»Ich weiß, Lady«, sagte ich und versuchte mich an all die Dinge zu erinnern, von denen Galahad mir im Lauf der Jahre erzählt hatte, »daß
Euer Gott ein liebender Gott ist, ein verzeihender Gott und ein Gott, der seinen eigenen Sohn auf die Erde geschickt hat, damit andere nicht leiden müssen.« Ich hielt inne, aber Morgan reagierte nicht. »Und ich weiß auch«, fuhr ich fort, »daß Nimue in den Bergen eine Menge Böses anrührt.«
Möglich, daß die Erwähnung von Nimues Namen Morgan überzeugt hatte, denn sie war schon immer empört darüber gewesen, daß die Jüngere ihren Platz in Merlins Gefolgschaft eingenommen hatte. »Ist es eine Lehmfigur?« fragte sie mich, »hergestellt mit dem Blut eines Kindes und mit Tau, und gestaltet unter dem Donner?«
»Genau«, bestätigte ich.
Sie erschauerte; dann breitete sie die Arme aus und sprach ein stummes Gebet. Keiner von uns sagte etwas. Ihr Gebet dauerte sehr lange, und vielleicht hoffte sie auch, daß wir sie in Ruhe lassen würden, aber als keiner von uns den Hof verließ, ließ sie die Arme sinken und wandte sich wieder zu uns um. »Welche Zaubermittel benutzt die Hexe?«
»Beeren«, antwortete ich, »Knochensplitter, glühende Asche.«
»Nein, Dummkopf! Welche Zaubermittel? Was benutzt sie, um Ceinwyn zu erreichen?«
»Sie besitzt den Stein aus einem von Ceinwyns Ringen und einen meiner Mäntel.«
»Aha!« sagte Morgan, trotz ihres Abscheus vor dem heidnischen Aberglauben plötzlich interessiert. »Warum einen von Euren Mänteln?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sehr einfach, Dummkopf!« fuhr sie mich an. »Das Unheil fließt durch Euch!«
»Durch mich?«
»Versteht Ihr denn gar nichts?« schalt sie mich. »Natürlich fließt es durch Euch. Ihr habt Nimue einmal sehr nahe gestanden, nicht wahr?«
»Ja«, gestand ich und wurde unwillkürlich rot.
»Und was ist das Symbol dafür?« fragte sie mich. »Hat Sie Euch ein Amulett gegeben? Einen Knochensplitter? Irgendeinen heidnischen Unsinn, den Ihr Euch um den Hals hängen solltet?«
»Das hier hat sie mir gegeben«, sagte ich und zeigte ihr die Narbe an meiner linken Hand.
Morgan betrachtete die Narbe und erschauerte. Sie sagte kein Wort.
»Heb
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