Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
»Arthur kam nach Britannien, weil er geschworen hatte, Mordred zu schützen«, sagte ich. »Und als er nach Siluria ging, hatte er alles erreicht, was er sich vorgenommen hatte. Er hatte die Königreiche von Britannien geeint, er hatte Dumnonia Gerechtigkeit gebracht, und er hatte die Sachsen geschlagen. Er hätte Meurigs Forderung, die Macht niederzulegen, ablehnen können, im tiefsten Herzen aber wollte er das gar nicht; also gab er Dumnonia dem rechtmäßigen König zurück und mußte zusehen, wie alles, was er erreicht hatte, zunichte gemacht wurde.«
»Also hätte er an der Macht bleiben müssen«, erklärte Dafydd energisch. Dafydd ist, wie ich finde – ganz ähnlich wie der heilige Sansum – ein Mensch, der immer recht haben muß.
»Ja«, sagte ich, »aber er war müde. Er wollte, daß andere Männer die Last übernahmen. Wenn man jemanden dafür verantwortlich machen will, dann mich! Ich hätte in Dumnonia bleiben sollen, statt mich so oft in Isca aufzuhalten. Aber damals hätte niemand von uns voraussehen können, was geschah. Keiner von uns konnte ahnen, daß Mordred sich als guter Soldat erwies, und als das geschah, redeten wir uns ein, er werde sicher bald sterben, und dann würde Gwydre König sein. Dann würde alles gut werden. Wir lebten mehr in der Hoffnung als in der Realität.«
»Ich finde, daß Arthur uns im Stich gelassen hat«, sagte Dafydd, und sein Ton erklärte, weshalb er von dem Namen des neuen Edlings so enttäuscht war. Wie oft habe ich mir diese Kritik an Arthur schon anhören müssen! Wenn Arthur nur an der Macht geblieben wäre, sagen die Leute, dann würden uns die Sachsen heute noch Tribut leisten, und Britannien würde sich von Meer zu Meer erstrecken; doch als Britannien Arthur hatte, hat es nur über ihn gemurrt. Als er den Menschen gab, was sie sich wünschten, beschwerten sie sich, weil es ihnen nicht genug war. Die Christen attackierten ihn, weil er angeblich die Heiden bevorzugte, die Heiden attackierten ihn, weil er die Christen duldete, und die Könige
– alle außer Cuneglas und Oengus mac Airem – waren eifersüchtig auf ihn. Die Unterstützung durch Oengus zählte nur wenig, aber als Cuneglas starb, verlor Arthur seinen wichtigsten königlichen Beistand. Außerdem hat Arthur niemals jemanden im Stich gelassen. Britannien hat sich selbst im Stich gelassen. Britannien hat geduldet, daß die Sachsen sich zurückschleichen konnten, die Britannier haben miteinander im Streit gelegen, und dann hat Britannien gejammert, das alles sei nur Arthurs Schuld. Arthurs, der ihnen den Sieg geschenkt hatte!
Dafydd blätterte durch die letzten Seiten. »Ist Ceinwyn gesund geworden?« fragte er mich.
»Gott sei’s gelobt, ja«, antwortete ich. »Und sie hat noch viele Jahre gelebt.« Ich war im Begriff, Dafydd von jenen letzten Jahren zu erzählen, doch da ich sah, daß es ihn nicht interessierte, behielt ich meine Erinnerungen für mich. Letztlich ist Ceinwyn an einem Fieber gestorben. Ich war bei ihr, und ich wollte ihren Leichnam verbrennen, aber Sansum bestand darauf, sie nach Art der Christen zu beerdigen. Ich gehorchte ihm, doch einen Monat später holte ich ein paar Männer zusammen, Söhne und Enkel meiner alten Speerkämpfer, um ihren Leichnam auszugraben und auf einem Totenfeuer zu verbrennen, damit ihre Seele sich zu ihren Töchtern in der Anderwelt gesellen konnte, und ich empfinde keine Reue für diese sündige Tat. Ich bezweifle, daß
irgend jemand das gleiche für mich tun wird, obwohl Igraine, wenn sie diese Worte liest, möglicherweise ein Totenfeuer für mich entzünden wird. Ich bete darum.
»Ändert Ihr meinen Text, wenn Ihr ihn übersetzt?« fragte ich Dafydd.
»Ändern?« fragte er empört. »Meine Königin duldet nicht, daß ich auch nur eine Silbe ändere!«
»Ehrlich?«
»Möglich, daß ich ein paar Grammatikfehler korrigiere«, räumte er ein, während er die Pergamente zusammensuchte, »aber sonst nichts. Wie ich annehme, nähert sich die Geschichte jetzt ihrem Ende?«
»Tut sie.«
»Dann werde ich in einer Woche wiederkommen«, versprach er mir, verstaute die Pergamente in einem Beutel und eilte davon. Einen Augenblick später kam Bischof Sansum in meine Zelle gehuscht. Er trug ein seltsames Bündel bei sich, das zunächst aussah wie ein Stock, der in einen alten Mantel gewickelt ist. »Hat Dafydd neue Nachrichten gebracht?« erkundigte er sich.
»Der Königin geht es gut«, antwortete ich, »und ihrem Sohn ebenfalls.« Ich beschloß, Sansum
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