Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Krieger, die Arthur jemals geführt hatte. Nur ein oder zwei junge Männer gab es in jenem Schildwall; alle übrigen waren erfahrene, harte Männer, die Schlachten erlebt und Blutbäder gerochen hatten und wußten, wie man tötet. Wir waren die Herren des Krieges. Es gab keinen einzigen schwachen Mann dort, keinen einzigen Mann, bei dem man sich nicht darauf verlassen konnte, daß er seinen Nebenmann schützte, und keinen einzigen Mann, dessen Mut gebrochen werden konnte. Und wie wir an jenem Tag gesungen haben! Wir übertönten Fergals Flüche, so daß der starke Klang unserer Stimmen bis übers Wasser zur Prydwen gedrungen sein muß, wo unsere Frauen auf uns warteten. Wir richteten unser Lied an Beli Mawr, der den Wind vor seinen Streitwagen gespannt hatte, dessen Speerschaft wie ein Baum war und dessen Schwert die Feinde dahinmähte, wie eine Sichel Disteln schneidet. Wir sangen von seinen Opfern, die weit verstreut tot in den Weizenfeldern lagen, und bejubelten die Frauen, die durch seinen Zorn Witwen geworden waren. Wir sangen, daß seine Stiefel Mühlsteinen glichen, sein Schild einer Eisenklippe und daß der Federbusch auf seinem Helm so hoch war, daß er bis an die Sterne reichte. Wir sangen uns selbst Tränen in die Augen und unseren Feinden Angst ins Herz.
Der Gesang endete mit einem barbarischen Geheul, und bevor dieses Geheul endete, war Culhwch aus unserem Schildwall herausgetreten, um den Feinden mit seinem Speer zu drohen. Er verhöhnte sie als Feiglinge, spie auf ihre Abstammung und forderte sie auf, seinen Speer zu kosten. Die Feinde beobachteten ihn, doch keiner machte Miene, die Herausforderung anzunehmen. Sie waren eine zerlumpte, furchtsame Bande, Männer, die zwar genauso ans Töten gewöhnt waren wie wir, aber nicht an den Krieg der Schildwälle. Sie waren der Abschaum von Britannien und Armonica, Briganten, Gesetzlose und Herrenlose, die sich um Mordred geschart hatten, weil er ihnen Plünderung und Vergewaltigung versprach. Mit jeder Minute wurden ihre Reihen dichter, weil immer mehr Männer auf die Landspitze herauskamen, aber die Neuankömmlinge waren fußlahm und erschöpft, und die immer schmaler werdende Landzunge schränkte die Zahl der Männer, die gegen unsere Speere vorrücken konnten, immer mehr ein. Sie konnten uns vielleicht zurückdrängen, doch an den Flanken umgehen konnten sie uns nicht.
Und wie es schien, wollte auch niemand gegen Culhwch antreten. Er nahm Mordred gegenüber Aufstellung, der sich in der Mitte der feindlichen Linie befand. »Du bist der Sohn einer Krötenhure«, rief er dem König zu, »dein Vater ist ein Feigling. Kämpfe mit mir! Ich hinke!
Ich bin alt! Ich bin kahl! Aber du wagst es nicht, gegen mich anzutreten!« Er spie in Mordreds Richtung aus, aber noch immer rührte sich keiner von Mordreds Männern. »Kinder!« höhnte Culhwch. Dann kehrte er den Feinden, um ihnen seine tiefe Verachtung zu bekunden, einfach den Rücken.
In diesem Moment eilte ein Jungmann aus den Reihen der Feinde nach vorn. Der Helm war zu groß für seinen bartlosen Kopf, sein Brustpanzer ein armseliges Stück aus Leder und sein Schild wies zwischen zwei Brettern eine breite Lücke auf. Er war ein Jungmann, der einen Champion töten mußte, um zu Wohlstand zu gelangen, und so rannte er, seinen Haß hinausschreiend, auf Culhwch zu, während die übrigen von Mordreds Männern ihn anfeuerten.
Culhwch drehte sich, halb geduckt, zu ihm um und zielte mit dem Speer auf den Schritt seines Feindes. Der Jungmann hob den eigenen Speer, um über Culhwchs tiefgehaltenem Schild hinwegzuzielen; dann stieß er unter Triumphgebrüll abwärts, doch sein Gebrüll verwandelte sich in einen erstickten Schrei, als Culhwchs Speer emporschnellte, um dem Jungmann die Seele aus dem offenen Mund zu reißen. Culhwch, im Krieg alt geworden, trat zurück. Sein eigener Schild war nicht einmal berührt worden. Den Speer in der Kehle, taumelte der Sterbende, drehte sich halb zu Culhwch um und stürzte zu Boden. Culhwch trat dem Jungmann den Speer aus der Hand, zog ihm den eigenen Speer aus der Kehle und stieß noch einmal kraftvoll nach. Dann blickte er lächelnd zu Mordreds Männern hinüber. »Noch jemand?« rief er. Niemand regte sich. Culhwch spie Mordred an und kehrte zu unseren jubelnden Reihen zurück. Als er näher kam, zwinkerte er mir zu. »Habt Ihr gesehen, wie man’s macht, Derfel?« rief er mir zu. »Seht her und lernt!« Die Männer in meiner Nähe lachten.
Die Prydwen schwamm jetzt; ihr heller
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