Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
»Sagt den anderen Fischern«, bat Arthur die Tätowierten, »daß es für jeden Mann, der mit seinem Boot zu Caddwg fährt, Gold geben wird.« Er verabschiedete sich ebenso kurz von Guinevere wie ich mich von Ceinwyn. Ein paar Herzschläge lang hielt ich sie an mich gedrückt, mußte aber entdecken, daß mir die Worte fehlten.
»Bleib am Leben«, bat sie mich.
»Nur für dich«, gab ich zurück. Dann half ich, das gelandete Boot ins Wasser zu schieben, und sah zu, wie es langsam in der Fahrrinne davonglitt.
Kurz darauf kam einer unserer berittenen Kundschafter von dem durchbrochenen Geisterzaun zurückgaloppiert. »Sie kommen, Lord!«
rief er uns zu.
Ich bat Galahad, mir den Kinnriemen des Helms zu schließen, streckte den Arm aus, damit er den Schild daran befestigen konnte, und ließ mir von ihm meinen Speer geben. »Gott sei mit dir«, sagte er dann und griff nach seinem eigenen Schild, der als Emblem das Christenkreuz trug. Dieses Mal kämpften wir nicht in den Dünen, denn wir hatten nicht genug Männer, um im hügeligen Teil einen Schildwall zu bilden, der sich quer über die Landzunge zog, und das bedeutete, daß Mordreds Reiter uns an den Flanken umrunden konnten, so daß wir dazu verurteilt wären, in einem immer enger werdenden Ring von Feinden zu sterben. Aber auch in der Festung kämpften wir nicht, denn selbst dort wären wir, wenn Caddwg eintraf, umzingelt und somit vom Wasser abgeschnitten worden. Also zogen wir uns auf die schmale Spitze der Landzunge zurück, wo unser Schildwall von einer Küste zur anderen reichte. Das Totenfeuer loderte noch immer unmittelbar oberhalb der Tanglinie, welche die Fluthöhe markierte, und während wir auf die Feinde warteten, befahl Arthur, immer mehr Treibholz auf die Flammen zu werfen. So fuhren wir fort, das Feuer zu nähren, bis wir entdeckten, daß Mordreds Männer näher rückten. Dann formierten wir unseren Schildwall nur wenige Schritt von den Flammen entfernt. In die Mitte unserer Reihe pflanzten wir Sagramors schwarzes Banner, verkeilten unsere Schilde und warteten.
Wir waren vierundachtzig Mann, während Mordred über hundert zum Angriff auf uns mitgebracht hatte, doch als sie sahen, daß unser Schildwall kampfbereit war, hielten sie auf einmal inne. Einige von Mordreds Reitern galoppierten ins seichte Wasser des Meeres-Sees, um uns von der Flanke anzugreifen, aber dort, wo die Fahrrinne dicht an der südlichen Küste vorüberführte, wurde das Wasser plötzlich so tief, daß
sie nicht weiterkamen; also glitten sie aus den Sätteln und reihten sich mit Schilden und Speeren in Mordreds langen Schildwall ein. Als ich aufblickte, sah ich, daß die Sonne endlich auf die hohen, westlichen Hügel zusank. Die Prydwen lag schon fast schwimmend im Wasser, obwohl die Männer immer noch mit ihrer Takelung beschäftigt waren. Nicht mehr lange, dachte ich, dann kommt Caddwg, inzwischen aber kamen immer mehr feindliche Speerkämpfer auf der westlichen Straße näher. Immer stärker wurden Mordreds Truppen, während wir nur schwächer werden konnten.
Fergal, der Fuchsfell und kleine Knochen in seinen Bart geflochten hatte, trat auf den Sand vor unserem Schildwall, wo er, eine Hand in die Luft gestreckt und ein Auge geschlossen, auf einem Bein herumhüpfte. Er verfluchte unsere Seelen, versprach sie dem Feuerwurm von Crom Dubh und dem Wolfspack, das Eryris Paß der Pfeile heimsucht. Unsere Frauen würden den Dämonen von Annwn zum Spielen gegeben und unsere Kinder an die Eichen von Arddu genagelt werden. Er verfluchte unsere Speere und unsere Schwerter und wirkte einen Zauber, der unsere Schilde zerschmettern und unsere Eingeweide zu Wasser werden lassen sollte. Er kreischte seine magischen Sprüche hinaus und verhieß
uns, daß wir uns in der Anderwelt vom Kot der Hunde von Arawn ernähren und gegen den Durst das Gift von Cefydds Schlangen auflecken würden. »Eure Augen werden bluten«, sang er, »eure Bäuche werden sich mit Würmern füllen, und eure Zungen werden schwarz werden! Ihr werdet zusehen, wie eure Weiber vergewaltigt und eure Kinder ermordet werden!« Einige von uns rief er beim Namen und drohte uns unvorstellbare Folterqualen an. Um seinen Zaubersprüchen zu begegnen, sangen wir den Kriegsgesang von Beli Mawr. Dieses Lied habe ich bis auf den heutigen Tag nicht mehr gehört, und niemals habe ich erlebt, daß es schöner gesungen wurde als an jenem vom Meer umschlungenen, sonnendurchwärmten Strand. Wir waren nur wenige, aber wir waren die besten
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