Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Und Loholt war es auch, der sich zu mir umwandte. »Nächstes Jahr sehen wir uns wieder«, verkündete er. Ich wußte, daß er einen Kampf zu provozieren suchte, blieb aber ruhig. »Ich freue mich jetzt schon auf das Treffen.«
Um mich daran zu erinnern, daß ich seinen Arm festgehalten hatte, als sein Vater mit Excalibur zuschlug, hob er seinen silberumkleideten Armstumpf empor. »Ihr schuldet mir eine Hand, Derfel.«
Ich antwortete nicht. Amhar war neben seinen Bruder getreten. Sie hatten beide das grobknochige Gesicht und das lange Kinn ihres Vaters, ihre Züge waren jedoch so verbittert, daß sie nichts von Arthurs Kraft erkennen ließen. Statt dessen wirkten sie hinterlistig, ja, nahezu verschlagen.
»Habt Ihr mich nicht gehört?« fragte Loholt.
»Seid froh, daß Ihr noch eine Hand habt«, antwortete ich. »Und was ich Euch schulde, Loholt, werde ich mit Hywelbane zurückzahlen.«
Die beiden zögerten, doch da sie nicht sicher sein konnten, daß
Cerdics Krieger sie unterstützen würden, wenn sie ihr Schwert zogen, begnügten sie sich schließlich damit, mich anzuspucken, bevor sie sich abwandten und an das schlammige Ufer hinabstolzierten, wo Cerdics Schiffe warteten.
Die Küste unterhalb von Thunreslea war ein ziemlich elender Ort, halb Land und halb Meer, ein Ort, an dem Fluß und Meer eine öde Landschaft aus Schlammbänken, Untiefen und einem Gewirr von Salzwasserprielen geschaffen hatten. Möwen schrien, als Cerdics Speerkämpfer über das matschige Küstenvorland stapften, in den flachen Priel hineinwateten und sich über die Holzreling ihrer Langschiffe hievten. Ich sah, wie Lancelot den Saum seines Mantels hob, als er sich vorsichtig einen Weg durch den übelriechenden Schlamm suchte. Loholt und Amhar folgten ihm, aber sobald sie das Schiff erreicht hatten, wandten sie sich um und zeigten mit dem Finger auf mich, eine Geste, die Unglück bringen sollte. Ich beachtete sie nicht. Die Segel der Schiffe waren bereits aufgezogen, doch da nur ein leichter Wind wehte, mußten die beiden Schiffe mit dem hochragenden Bug aus dem schmalen, ablaufenden Priel mit langen, von Cerdics Speerkämpfern geschwungenen Riemen hinausgewuchtet werden. Sobald die mit Wolfsschädeln besetzten Bugenden der Schiffe aufs offene Wasser hinauszeigten, stimmten die Krieger-Ruderer ein Lied an, das ihren Schlägen Rhythmus verlieh. » Hwaet für deine Mutter«, sangen sie, »und hwaet für dein Mädchen, und hwaet für dein Liebchen, das du hwaet auf dem Boden.« Bei jedem hwaet sangen sie lauter und zogen ihre langen Riemen durchs Wasser, und beide Schiffe wurden schneller, bis sich der Dunst schließlich um ihre Segel kräuselte, die mit groben Zeichnungen von Wolfsschädeln geschmückt waren. »Und hwaet für deine Mutter«, begann der Gesang noch einmal von vorn, mittlerweile vom Nebel gedämpft, »und hwaet für dein Mädchen.« Die flachen Bootskörper begannen im Dunst zu verschwimmen, bis sie schließlich ganz verschwanden. »Und hwaet für dein Liebchen, das du hwaet auf dem Boden.« Der Gesang schien jetzt aus dem Nirgendwo zu kommen, und dann verklang er mit dem Klatschen der Riemenblätter. Zwei von Aelles Männern hoben ihren Herrn aufs Pferd. »Habt Ihr geschlafen?« fragte er mich, während er sich im Sattel zurechtsetzte.
»Ja, Lord König.«
»Ich hatte Besseres zu tun«, erklärte er kurz. »Und nun folgt mir.« Er gab seinem Pferd die Hacken und dirigierte es an der Küste entlang, wo sich, während das Wasser ablief, die Priele kräuselten und glucksten. An diesem Vormittag hatte Aelle sich zu Ehren seiner scheidenden Gäste als Kriegerkönig herausgeputzt. Sein Eisenhelm war mit Gold besetzt und von einem Fächer aus schwarzen Federn gekrönt, sein lederner Brustpanzer und die langen Stiefel waren schwarz gefärbt, während er um die Schultern einen langen, schwarzen Bärenfellumhang trug, der sein kleines Pferd winzig erscheinen ließ. Ein Dutzend seiner Männer folgte uns zu Pferde. Einer von ihnen trug das Stierschädel-Feldzeichen. Genau wie ich war Aelle ein eher unbeholfener Reiter. »Ich wußte, daß
Arthur Euch schicken würde«, sagte er plötzlich, und als ich nicht antwortete, wandte er sich zu mir um. »Ihr habt also Eure Mutter gefunden?«
»Ja, Lord König.«
»Wie geht es ihr?«
»Sie ist alt«, antwortete ich aufrichtig. »Alt, fett und krank.«
Als er das hörte, seufzte er. »Anfangs, als junge Mädchen, sind sie alle so schön, daß sie einem ganzen Heer von Männern das Herz
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