Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
schlachterfahren waren. Cuneglas würde weitere vierhundert mitbringen, die Schwarzschild-Iren nochmals einhundertfünfzig, und dazu konnten wir noch etwa einhundert herrenlose Männer rechnen, die von Armorica oder den nördlichen Königreichen kommen würden, weil sie auf Beute aus waren. »Sagen wir, zwölfhundert Mann«, schätzte Arthur, dann jedoch versuchte er die Zahl, je nach seiner Stimmung, hinauf-oder hinunterzurechnen. Und wenn er optimistisch war, wagte er es zuweilen sogar, achthundert Mann von Gwent dazuzuzählen, womit wir auf eine Gesamtzahl von zweitausend Mann kamen, aber selbst das, behauptete er, sei möglicherweise noch nicht genug, denn die Sachsen würden vermutlich ein noch größeres Heer aufstellen können. Aelle brachte mindestens siebenhundert Speere auf, dabei war seins das schwächere der beiden sächsischen Königreiche. Cerdics Speere schätzten wir auf eintausend, und es gingen Gerüchte um, daß Cerdic Speerkämpfer von Clivis einkaufte, dem König der Franken. Diese Söldner wurden mit Gold bezahlt, und weiteres Gold wurde ihnen versprochen, wenn der Sieg ihnen den Schatz von Dumnonia einbrachte. Außerdem berichteten unsere Spione, daß die Sachsen bis nach dem Fest Eostre – ihrem Frühlingsfest – warten würden, um ihren Schiffen Zeit zu lassen, übers Meer zu kommen. »Sie werden zweieinhalbtausend Mann haben«, schätzte Arthur, während wir, wenn Meurig sich zu kämpfen weigerte, höchstens zwölfhundert Mann aufbieten könnten. Natürlich konnten wir die Landwehr einberufen, aber keine Landwehr würde gegen gut ausgebildete Krieger standhalten, und unsere Landwehr aus alten Männern und jungen Knaben würde gegen die fyrd der Sachsen stehen.
»Ohne Gwents Speerkämpfer wäre unser Schicksal also besiegelt«, stellte ich niedergeschlagen fest.
Seit Guineveres Verrat hatte ich Arthur kaum jemals lächeln sehen, jetzt aber lächelte er. »Unser Schicksal soll besiegelt sein? Wer sagt das?«
»Ihr, Lord. Die Zahlen sprechen für sich.«
»Habt Ihr noch niemals gegen eine Überzahl gekämpft und gesiegt?«
»Doch, Lord. Das habe ich.«
»Warum also sollten wir nicht abermals gewinnen können?«
»Nur ein Narr sucht den Kampf gegen einen stärkeren Feind, Lord«, gab ich zurück.
»Nur ein Narr sucht den Kampf«, erwiderte er energisch. »Ich bin es nicht, der im Frühjahr kämpfen will. Die Sachsen wollen kämpfen, und uns bleibt einfach keine Wahl. Glaubt mir, Derfel, ich möchte nicht in der Minderzahl sein, und was ich tun kann, um Meurig zum Kampf zu überreden, werde ich tun. Aber wenn Gwent nicht mitmarschieren will, werden wir die Sachsen allein besiegen müssen. Und wir können sie besiegen! Das müßt Ihr mir glauben, Derfel!«
»Ich habe an die Kleinodien geglaubt, Lord.«
Er stieß ein verächtliches Lachen aus. »Dies ist das Kleinod, an das Ihr glauben solltet«, sagte er und tätschelte Excaliburs Heft. »An den Sieg müßt Ihr glauben, Derfel! Wenn wir wie geschlagene Männer gegen die Sachsen marschieren, werden sie unsere Knochen den Wölfen vorwerfen. Wenn wir aber wie Sieger marschieren, werden wir sie heulen hören!«
Das war tapfer gesprochen, doch es fiel mir schwer, an einen Sieg zu glauben. Dumnonia war in tiefer Schwermut versunken. Wir hatten unsere Götter verloren, und das Volk behauptete, es sei Arthur, der sie vertrieben habe. Er war nicht nur der Feind des Christengottes, jetzt war er der Feind aller Götter, und die Sachsen, so sagte man, seien seine Strafe. Selbst das Wetter kündigte eine Katastrophe an, denn am Morgen, nachdem ich mich von Arthur verabschiedet hatte, begann es zu regnen, und der Regen schien nie wieder aufhören zu wollen. Ein Tag um den anderen brachte tiefhängende graue Wolken, kalten Wind und endlos strömenden Regen. Alles war feucht, unsere Kleidung, unser Bettzeug, unser Brennholz, die Binsen auf dem Boden; ja, selbst die Hauswände wirkten schmierig vor Nässe. Die Speere rosteten in den Ständern, das gespeicherte Korn keimte oder verschimmelte, und immer noch strömte vom Westen her unablässig der Regen. Ceinwyn und ich gaben uns die größte Mühe, die Halle von Cun Caric abzudichten. Ihr Bruder hatte ihr Wolfspelze aus Powys mitgebracht, die wir an die Holzwände hängten, aber sogar die Luft unter den Dachbalken wirkte triefnaß. Die Feuer brannten nur träge und schenkten uns widerwillig eine knisternde, rauchige Wärme, die uns die Augen rötete. Unsere Töchter waren in diesem Frühwinter beide
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