Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Damit hätte er diesem Miststück eine Lektion erteilt.«
»Jetzt«, fuhr Sagramor fort, ohne Culhwchs vorhersehbare Meinung zu beachten, »fürchtet er sich vor der Niederlage. Denn was ist er denn, wenn nicht Soldat? Er denkt gern, daß er ein guter Mann ist, daß er regiert, weil er der geborene Herrscher ist, aber es ist das Schwert, das ihn an die Macht gebracht hat. Und im Innern weiß er das auch, und wenn er diesen Krieg jetzt verliert, verliert er das, was ihm am wichtigsten ist – seinen Ruf. Man wird sich an ihn als den Usurpator erinnern, der nicht gut genug war, um das festzuhalten, was er sich angeeignet hatte. Er hat Angst davor, wie sich eine zweite Niederlage auf seinen Ruf auswirken würde.«
»Vielleicht kann ihn Argante für die erste Niederlage entschädigen«, sagte ich.
»Das möchte ich bezweifeln«, sagte Sagramor. »Wie Galahad mir berichtet, hat Arthur sich eigentlich gar nicht mit ihr vermählen wollen.«
»Und warum hat er es dann getan?« fragte ich bedrückt. Sagramor zuckte die Achseln. »Um Guinevere zu trotzen? Um Oengus zu gefallen? Um uns zu zeigen, daß er Guinevere nicht braucht?«
»Um Bauchklatschen mit einem hübschen Mädchen zu spielen«, warf Culhwch ein.
»Falls er das überhaupt tut«, sagte Sagramor.
Aufrichtig entsetzt starrte Culhwch den Numidier an. »Natürlich tut er das!« behauptete er dann.
Sagramor schüttelte den Kopf. »Wie ich gehört habe, tut er es nicht. Das sind natürlich nur Gerüchte, und Gerüchten kann man am wenigsten trauen, wenn es um das Verhältnis von Mann und Weib geht. Doch die Prinzessin ist, glaube ich, zu jung für Arthurs Geschmack.«
»Sie sind niemals zu jung«, brummte Culhwch. Sagramor zuckte nur die Achseln. Er war ein weitaus feinfühligerer Mann als Culhwch und vermochte Arthur daher sehr viel besser zu verstehen, denn Arthur gab sich zwar sehr gerade heraus, doch seine Seele war in Wirklichkeit so kompliziert wie die verschlungenen Spiralen und sich windenden Drachen auf Excaliburs Klinge.
Am frühen Morgen trennten wir uns. Unsere Speer-und Schwertklingen waren noch rot vom Blut des Opferstiers. Issa war begeistert. Wenige Jahre zuvor war er noch ein Bauernjunge gewesen, jetzt war er ein Mithrasjünger, und bald würde er, wie er mir anvertraute, sogar noch Vater sein, denn Scarach, seine Gemahlin, war guter Hoffnung. Issa, der durch seine Einführung in den Mithraskult an Selbstsicherheit gewonnen hatte, war plötzlich überzeugt, daß wir die Sachsen auch ohne Hilfe aus Gwent schlagen würden, ich dagegen konnte nicht daran glauben. Zwar mochte ich Guinevere nicht sehr, aber ich hatte sie noch nie für dumm gehalten und sorgte mich wegen ihrer Vorhersage, daß Cerdic im Süden angreifen würde. Die Alternative dazu klang natürlich logisch: Cerdic und Aelle waren widerwillige Verbündete und würden einander vor Mißtrauen nicht aus den Augen lassen wollen. Ein überlegener Angriff entlang der Themse wäre der kürzeste Weg zum Severn-Meer und würde die britannischen Königreiche spalten, und warum sollten die Sachsen ihren Vorteil der größeren Truppenstärke opfern und ihre Streitkräfte in zwei kleinere Heere teilen, die Arthur möglicherweise nacheinander besiegte? Wenn Arthur andererseits nur einen Angriff erwartete und sich nur gegen diesen Angriff wappnete, waren die Vorteile eines Angriffs im Süden überwältigend. Während Arthur mit dem einen Sachsenheer im Themsetal befaßt war, konnte das andere seine rechte Flanke umgehen und fast ohne Widerstand den Severn erreichen. Issa dagegen machte sich über derartige Probleme keine Gedanken. Er sah sich bereits in einem Schildwall, wo er, gestählt durch die Aufnahme in den Mithrasbund, die Sachsen ummähen würde wie ein Bauer das Heu. Auch nach der Wintersonnenwende blieb das Wetter kalt. Tag um Tag dämmerte bleich und froststarr herauf, während die Sonne kaum mehr war als eine rötliche Scheibe, die tief in den südlichen Wolken hing. Wölfe drangen auf der Suche nach Schafen, die wir in Hürden eingeschlossen hatten, bis tief in kultiviertes Ackerland hinein, und eines glorreichen Tages erlegten wir sechs dieser grauen Bestien, so daß
wir sechs frische Wolfsruten für die Helme meiner Kriegshorde hatten. Als wir damals tief in den Wäldern von Armorica gegen die Franken kämpften, hatten meine Männer begonnen, Wolfsruten als Helmzier zu benutzen, denn unsere Gegner, über die wir wie marodierende Raubtiere herfielen, hatten uns als Wölfe bezeichnet,
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