Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
war, Sagramor und Culhwch jedoch waren von ihren fernen Grenzposten zu den Zeremonien gekommen. Als die meisten Krieger nach dem Festmahl die Auswirkungen des Met ausschliefen, zogen wir drei uns in einen niedrigen Tunnelgang zurück, wo der Rauch nicht ganz so dick war und wir uns ungestört unterhalten konnten.
Sowohl Sagramor als auch Culhwch waren fest davon überzeugt, daß
die Sachsen direkt durch das Themsetal angreifen würden. »Nach allem, was ich hörte«, erklärte uns Sagramor, »sammeln sie in London und Fontes Proviant und Nachschub.« Er hielt inne, um ein Stück Fleisch von einem Knochen zu nagen. Ich hatte Sagramor seit Monaten nicht mehr gesehen und fand seine Gesellschaft beruhigend; der Numidier war der härteste und furchteinflößendste von Arthurs Kriegsherren, und seine Tapferkeit spiegelte sich in dem schmalen Gesicht mit den scharfen Zügen. Er war über die Maßen treu, ein zuverlässiger Freund und ein wundervoller Geschichtenerzähler, vor allem aber war er der geborene Krieger, der jeden Feind überlisten und überwinden konnte. Die Sachsen fürchteten Sagramor, weil sie ihn für einen dunklen Dämon aus ihrer Anderwelt hielten. Wir waren froh, daß sie eine so lähmende Furcht zu empfinden vermochten, und es war uns ein Trost, daß wir, selbst wenn wir zahlenmäßig unterlegen waren, sein Schwert und seine erfahrenen Speerkämpfer auf unserer Seite haben würden.
»Meint ihr nicht, daß Cerdic im Süden angreifen wird?« erkundigte ich mich.
Culhwch schüttelte den Kopf. »Er läßt nichts dergleichen erkennen. In ganz Venta rührt sich nichts.«
»Die beiden trauen einander nicht.« Sagramor meinte Cerdic und Aelle. »Sie wagen es nicht, einander aus den Augen zu lassen. Cerdic fürchtete, daß wir Aelle bestechen, und Aelle fürchtete, daß Cerdic ihn um die Beute betrügt, deswegen werden sie dichter zusammenbleiben als Zwillingsbrüder.«
»Und was wird Arthur tun?« fragte ich.
»Wir hatten gehofft, daß Ihr uns das sagen könntet«, antwortete Culhwch.
»Arthur spricht in letzter Zeit nicht mehr mit mir«, sagte ich, ohne meine Bitterkeit zu verbergen.
»Damit wären wir schon zu zweit«, grollte Culhwch.
»Zu dritt«, warf Sagramor ein. »Er kommt zu mir, stellt ein paar Fragen, reitet ein paar Attacken und zieht wieder davon. Er sagt kein Wort.«
»Hoffen wir, daß er wenigstens denkt«, sagte ich.
»Vermutlich ist er zu sehr mit seiner neuen Frau beschäftigt«, riet Culhwch verdrossen.
»Habt ihr sie kennengelernt?« fragte ich ihn neugierig.
»Ein irisches Kätzchen«, sagte er wegwerfend. »Mit scharfen Krallen.« Wie Culhwch uns berichtete, hatte er Arthur und seine neue Frau auf dem Weg nach Norden zu unserer Mithrasfeier besucht.
»Hübsch ist sie ja«, räumte er widerwillig ein. »Wenn Ihr sie als Sklavin nähmt, würdet Ihr vermutlich dafür sorgen, daß sie eine Weile in Eurer Küche bliebe. Na ja, ich würde das jedenfalls tun. Ihr wohl weniger, Derfel.« Culhwch spöttelte häufig über meine Treue zu Ceinwyn, obwohl ich damit nicht ganz allein dastand. Sagramor hatte eine gefangene Sächsin zur Gemahlin genommen und war, wie ich, berühmt für seine Treue. »Was taugt ein Stier, wenn er nur eine Kuh bedient?«
fragte Culhwch jetzt, aber keiner von uns reagierte auf seinen Witz.
»Arthur hat Angst«, sagte Sagramor statt dessen. Dann hielt er nachdenklich inne. Der Numidier sprach sehr gut Britannisch, wenn auch mit einem gräßlichen Akzent, aber es war nicht seine Muttersprache, deswegen sprach er häufig langsam, um sicherzugehen, daß er seine Gedanken richtig formulierte. »Er hat den Göttern getrotzt, und zwar nicht nur auf Mai Dun, sondern indem er Mordreds Macht übernahm. Die Christen hassen ihn, und nun erklären auch die Heiden, er sei ihr Feind. Begreift Ihr, wie einsam ihn das macht?«
»Das Problem mit Arthur ist, daß er nicht an die Götter glaubt«, behauptete Culhwch wegwerfend.
»Er glaubt an sich selbst«, wandte Sagramor ein, »und als Guinevere ihn hinterging, war das für ihn wie ein Dolchstoß ins Herz. Er schämt sich. Er hat einen großen Teil seines Stolzes verloren, und er ist ein sehr stolzer Mann. Er glaubt, wir alle lachen über ihn, deswegen hält er sich von uns fern.«
»Ich lache nicht über ihn«, protestierte ich sofort.
»Ich schon«, sagte Culhwch und zuckte zusammen, als er sein verwundetes Bein streckte. »Dummer Bastard. Hätte Guineveres Rücken ein paarmal mit seinem Schwertgurt bearbeiten sollen.
Weitere Kostenlose Bücher