Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Culhwch zuckte die Achseln. »Eben alle.«
»Ist Argante hier?« fragte ich ihn.
»Was glaubt Ihr wohl, wer diesen Reifen aufgestellt hat?« gab er zurück. »Das hier ist alles ihre Idee. Sie hat einen Druiden aus Demetia mitgebracht, und bevor wir heute abend essen, müssen wir alle Nantosuelta anbeten.«
»Wen?« fragte Ceinwyn.
»Eine Göttin«, antwortete Culhwch desinteressiert. Es gab so viele Götter und Göttinnen, daß niemand außer den Druiden all ihre Namen kannte, und weder Ceinwyn noch ich hatten jemals zuvor von Nantosuelta gehört.
Arthur und Argante bekamen wir erst nach Einbruch der Dunkelheit zu sehen, als Hygwydd, Arthurs Schildknappe, uns alle in den Innenhof holte, der von Pechfackeln in Eisenhaltern erleuchtet wurde. Ich mußte an Merlins Abend hier denken, an die ehrfürchtige Menschenmenge, die Olwen, der Silbernen, ihre kranken und verstümmelten Kinder entgegengestreckt hatte. Jetzt wartete eine Gruppe von Lords mit ihren Ladys voll Unbehagen zu beiden Seiten des geflochtenen Reifens, während auf einem Podium am Westende des Hofes drei Sessel mit weißem Leinen verhängt waren. Neben dem Reifen stand ein Druide, in dem ich den Magier vermutete, den Argante aus dem Königreich ihres Vaters herbeigeholt hatte. Er war ein kleiner, untersetzter Mann mit einem wilden schwarzen Bart, in den er Büschel von Fuchshaaren und Bündel von winzigen Knochen geflochten hatte. »Fergal heißt er«, berichtete mir Galahad, »und er haßt Christen. Er hat den ganzen Nachmittag damit verbracht, Flüche über mich zu sprechen; dann erschien Sagramor, und Fergal wäre vor Schreck fast in Ohnmacht gefallen. Er dachte, Crom Dubh höchstpersönlich sei gekommen.«
Galahad lachte.
In der Tat hätte Sagramor jener dunkle Gott sein können, denn er war in schwarzes Leder gekleidet und trug an der Hüfte ein Schwert in schwarzer Scheide. Er war mit seiner üppigen, gelassenen sächsischen Gemahlin Malla nach Lindinis gekommen, und nun standen die beiden ein wenig abseits von uns am entfernten Ende des Innenhofs. Sagramor verehrte Mithras, hatte für die britannischen Götter dagegen nur wenig übrig, während Malla noch immer zu Woden, Eostre, Thunor, Fir und Seaxnet betete, den Göttern der Sachsen.
Alle Heerführer Arthurs waren gekommen, obwohl ich, während ich auf Arthur wartete, an die Männer denken mußte, die hier fehlten. Cei, mit Arthur im fernen Gwynedd aufgewachsen, war bei Lancelots Aufstand im dumnonischen Isca gestorben. Christen hatten ihn ermordet. Agravain, seit vielen Jahren Befehlshaber von Arthurs Reitern, war im vergangenen Winter an einem Fieber gestorben. Balin hatte Agravains Aufgaben übernommen und drei Gemahlinnen nach Lindinis mitgebracht sowie einen ganzen Stamm kleiner, untersetzter Kinder, die voll Entsetzen Morfans anstarrten, den häßlichsten Mann von ganz Britannien, dessen Gesicht uns anderen inzwischen so vertraut war, daß wir weder seine Hasenscharte noch seinen riesigen Kropf oder sein schiefes Kinn bemerkten. Bis auf Gwydre, der noch immer ein Knabe war, schien ich der jüngste Mann hier zu sein, und diese Erkenntnis erschreckte mich. Wir brauchten dringend neue Kriegsherren, und sofort beschloß ich, dem jungen Issa, sobald der Sachsenkrieg vorüber war, eine eigene Kriegshorde zu geben. Falls Issa überlebte. Falls ich überlebte.
Gwydre wurde von Galahad begleitet, und die beiden gesellten sich zu Ceinwyn und mir. Galahad war immer schon ein gutaussehender Mann gewesen, doch nun, da er auf die mittleren Jahre zuging, hatte sein gutes Aussehen eine ganze neue Würde gewonnen. Seine früher leuchtend goldblonden Haare waren ergraut, und er trug jetzt einen kleinen Spitzbart. Er und ich hatten uns immer sehr nahegestanden, in jenem schweren Winter stand er Arthur jedoch vermutlich näher als irgendeinem anderen. Galahad war nicht im Seepalast gewesen und hatte Arthurs Schande nicht miterlebt, und dies, in Verbindung mit seinem ruhigen Mitgefühl, machte ihn für Arthur erträglich. Mit gedämpfter Stimme, damit Gwydre es nicht hörte, fragte Ceinwyn, wie es Arthur gehe. »Ich wünschte, ich wüßte es«, antwortete Galahad.
»Er muß doch sicher glücklich sein«, meine Ceinwyn.
»Warum?«
»Mit einer neuen Gemahlin?« sagte Ceinwyn.
Galahad lächelte. »Wenn ein Mann eine Reise macht, liebste Lady, und ihm auf dieser Reise das Pferd gestohlen wird, kauft er sich oft sehr überstürzt ein Ersatzpferd.«
»Das er anschließend dann nicht reitet, wie ich
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