Ascalon – Das magische Pferd, Band 1: Ascalon – Das magische Pferd. Die Wächter des Schicksals (German Edition)
kannte sie sie ja gar nicht. Einen Augenblick lang war sie versucht, sich einfach über die Bitte ihrer Mutter hinwegzusetzen und zur Koppel zu gehen. Sie war furchtbar neugierig, was der Makler sagen würde, und hätte das Gespräch der beiden zu gern belauscht. Aber da war etwas in dem Blick ihrer Mutter gewesen, das sie davon abhielt.
»Na, dann komm mal mit«, sagte sie resignierend zu Titus. »Du hast gehört, was Mam gesagt hat. Herr Feuchtwanger bekommt beim Anblick von Hunden Schweißausbrüche. Also ab in die Küche mit dir.«
Muriel blieb ebenfalls in der Küche. Vom Küchenfenster aus hatte sie einen hervorragenden Blick über den Hof. Sie wollte es auf keinen Fall verpassen, wenn ihre Mutter zurückkam.
»Was machst du da?«
Sie war noch keine fünf Minuten in der Küche, als Vivien hinter ihr auftauchte.
»Ich sehe aus dem Fenster!«
»Das weiß ich auch.« Vivien zog sich einen Stuhl heran, kletterte auf die Arbeitsplatte und setzte sich neben Muriel.
»Wem gehört das Auto?«, wollte sie wissen.
»Einem Makler.«
»Was ist ein Makler?«, fragte Vivien weiter.
»Ein Verkäufer.«
»Was verkauft er denn?« Vivien gab keine Ruhe.
»Alles, auch nervige kleine Schwestern.«
»Du bist doof.« Vivien streckte Muriel die Zunge raus. »Jetzt sag schon.«
»Er ist wegen Ascalon hier.« Muriel ließ den Hof nicht aus den Augen. Ihre Mutter und der Makler mussten längst an der Koppel sein, die unmittelbar an die rückwärtige Wand des Stallgebäudes grenzte.
»Oh.«
Zu Muriels großer Überraschung fragte Vivien nicht weiter, sondern starrte wie sie nur stumm aus dem Fenster.
Ihre Geduld zahlte sich aus.
Keine fünf Minuten später kamen der Makler und ihre Mutter zurück. Herr Feuchtwanger sah ärgerlich aus und schien es sehr eilig zu haben. Muriels Mutter sprach ihn an, aber er reagierte gar nicht.
»He, der Anzug von dem Mann ist ja ganz kaputt!«, rief Vivien.
Jetzt erkannte auch Muriel, warum der Makler so wütend war. Ein Ärmel des Jacketts war zerrissen, das weiße Hemd darunter völlig verdreckt.
»Meinst du, das war Ascalon?«, fragte Vivien.
»Schon möglich.« Muriel grinste. »Ich fand den Typen auch ziemlich unsympathisch.«
Die Mädchen beobachteten, wie der Makler zu seinem Auto eilte, einstieg und ohne ein Wort des Abschieds davonfuhr.
Zwei Minuten später, kam Muriels Mutter mit ernstem Gesicht in die Küche. Ihr Blick wanderte von Muriel zu Vivien und dann wieder zurück.
»Und?«, fragte Muriel vorsichtig.
Ihre Mutter antwortete nicht sofort.
»Ich glaube, er hält Ascalon für unverkäuflich!« Ihre Mutter zwinkerte ihr zu – und dann fingen alle drei an zu lachen.
Als Muriel später im Bett lag, kam ihre Mutter noch einmal herein und setzte sich zu ihr auf die Bettkante.
»Du weißt, dass wir heute Glück hatten«, sagte sie leise. »Ich habe es dir noch nicht gesagt, aber du sollst wissen, dass auch ich sehr deutlich spüre, dass Ascalon bei uns – vor allem bei dir – bleiben will. Ich kann es mir nicht erklären, aber er scheint tatsächlich alles daranzusetzen, dass er hier nicht wieder fortmuss.«
»Das glaube ich nicht nur, ich weiß es.« Muriel nickte.
»Nun, trotzdem, und auch das musst du wissen, werde ich nie, niemals eine so horrende Summe für ein Pferd bezahlen«, beteuerte ihre Mutter noch einmal.
»Hm.« Muriel hätte gern etwas erwidert, aber sie spürte, dass ihre Mutter noch nicht fertig war, und verkniff sich die Widerrede.
»Was ich dir jetzt sage, bleibt unter uns – versprochen?«, hörte sie ihre Mutter sagen.
»Versprochen.« Muriel platzte fast vor Neugier. Das klang fast, als plane ihre Mutter eine Geheimverschwörung.
»Gut. Unsere einzige Chance ist, dass sich kein Käufer für Ascalon findet. Das heute war schon mal ein guter Anfang. Kein Makler – keine Käufer. Aber es werden neue Makler kommen. Madame de Chevalier hat für Ascalon eine fünfstellige Verkaufssumme festgesetzt. Bis diese sich dem bescheidenen Etat genähert hat, den ich für ihn zahlen könnte, ist es noch ein weiter Weg. Mach dir also nicht zu viele Hoffnungen.«
»Schon klar.«
»Gut. Ich wollte dir nur versichern, dass ich auf deiner Seite bin«, sagte ihre Mutter. »Und wenn ich dich bitte, nicht mit zur Koppel oder in den Stall zu kommen, wenn hier ein Makler auftaucht, dann hat das allein den Grund, dass Ascalon in deiner Nähe immer viel zu zahm ist«, sagte sie schmunzelnd, »und das können wir beide nun wirklich nicht gebrauchen –
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