Ascalon – Das magische Pferd, Band 2: Ascalon – Das magische Pferd. Das Geheimnis der Maya (German Edition)
besitzt.«
Draußen donnerte es. Ziemlich laut. Das Gewitter war schon sehr nahe. Das Licht flackerte, erlosch kurz, ging dann aber wieder an.
»Na toll.« Muriel wollte die Kette gerade wieder abnehmen, als die Zimmertür aufflog und Vivien hereingestürzt kam.
»Muriel, kann … kann ich heute Nacht bei dir bleiben?«, fragte sie mit großen Augen. »Du weißt doch, dass ich bei Gewitter nicht schlafen kann.«
»Nein!« Muriel schüttelte energisch den Kopf. Das Letzte, was sie in dieser Nacht gebrauchen konnte, war Schlafbesuch.
»Ich brauche deine Hilfe. Heute Nacht wird Ascalon …«
Noch einmal hörte sie die Worte, die ihr die Stimme am Fluss zugeraunt hatte. Heute Nacht. Das konnte nur bedeuten, dass die Schicksalsgöttin Ascalon und sie zu einem Abenteuer rufen würde. Nicht auszudenken, wenn Vivien etwas davon mitbekam.
»Vivien, es geht wirklich nicht«, hob Muriel noch einmal an. »Geh doch zu …« Mam, wollte sie sagte, aber dann fiel ihr ein, dass das Bett neben ihrer Mutter ja nicht mehr frei war. »… zu Teresa.«
»Teresa schnarcht.« Vivien ließ sich auf Muriels Bett plumpsen und machte ein unglückliches Gesicht. »Und bei Mama ist kein Platz mehr.«
Ein Blitz zuckte über den Himmel.
»21, 22, 23 …« Vivien verstummte, als der krachende Donner folgte. »Das Gewitter ist nur noch einen Kilometer weg«, sagte sie mit dünner Stimme. »Bitte, Muriel, darf ich hierbleiben? Ich will nicht alleine sein.«
»Vivien, du bist doch kein Baby mehr.« Muriel schüttelte energisch den Kopf. »Das Gewitter tut dir nichts.«
»Im Radio haben sie gesagt, dass heute Nachmittag ein Reetdachhaus abgebrannt ist, weil da ein Blitz eingeschlagen hat, und wir wohnen doch auch in einem Reetdachhaus.« Der Blick, mit dem Vivien Muriel bedachte, sagte alles.
»Glaubst du etwa, der Blitz überlegt es sich anders und schlägt nicht ein, nur weil du bei mir im Zimmer bist?« Allmählich wurde Muriel ärgerlich. An einem anderen Abend hätte sie sich vielleicht erweichen lassen, aber nicht an diesem. Nicht, wenn es sein konnte, dass in der Nacht ein Abenteuer auf sie wartete.
Es blitzte und donnerte wieder und diesmal war der Abstand schon viel kürzer. Gleichzeitig frischte der Wind auf und zerrte an den Fensterläden.
»Bitte.« Vivien ließ nicht locker.
»Nein.« Muriel blieb hart.
»Mama hat gesagt, sie möchte heute keinen Ärger«, verlegte Vivien sich auf eine andere Taktik.
»Ich hab dich auf den Ausritt mitgenommen und dich den ganzen Tag ertragen.« Muriel versuchte ruhig zu reden. »Aber heute Nacht will ich meine Ruhe haben.«
Es blitzte und donnerte fast gleichzeitig. Und als sei dies ein Zeichen gewesen, öffnete der Himmel erneut die Schleusen.
Der prasselnde Regen wurde von dem Wind ins Fenster gedrückt, das wegen der Hitze weit offen stand. Die Vorhänge bauschten sich und einige Notizblätter wehten vom Tisch.
Muriel lief zum Fenster und schloss hastig die Läden.
»Ich hab aber Angst«, murmelte Vivien kleinlaut.
»Das musst du nicht.«
»Hab ich aber.«
»Schluss jetzt.« Muriel ging zur Tür und öffnete sie weit. »Raus mit dir, bevor ich wütend werde. Du kannst dich ja in Mirkos Bett kuscheln. Paps und er spielen bestimmt noch die halbe Nacht, dann kann Paps dich in dein Bett tragen.«
»Ich will aber bei dir …«
»Kommt nicht infrage.« Muriel ging zu Vivien, packte sie an den Schultern und schob sie vor sich her aus dem Zimmer. »Ich will heute keinen Übernachtungsbesuch.« Mit einem sanften Schubs beförderte sie ihre kleine Schwester auf den Flur und schloss die Tür ab.
»Du bist ja so gemein«, tönte es von draußen. Ein paarmal rüttelte Vivien noch am Türgriff und klopfte mit der Faust gegen das Holz, dann ließ ein erneuter Blitzschlag das Licht flackern. Vivien stieß einen spitzen Schrei aus und verschwand in Mirkos Zimmer.
»Endlich Ruhe.« Muriel atmete auf und schaute auf die Uhr. Fast halb elf. Eigentlich war es Zeit, schlafen zu gehen, aber sie fühlte sich überhaupt nicht müde.
Muriel löschte das Licht, legte sich aufs Bett, verschränkte die Arme hinter dem Kopf, schloss die Augen und wartete. Das Gewitter war nicht so heftig wie das Unwetter am Nachmittag. Muriel fand es richtig gemütlich, einfach nur so dazuliegen und dem Regen zu lauschen, der mit Blitz und Donner auf den Birkenhof niederging, während der Wind rauschend durch die Bäume fuhr …
… und dann, ganz plötzlich, war es vorbei.
Seltsamerweise war es gerade die Stille,
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