Ascalon – Das magische Pferd, Band 2: Ascalon – Das magische Pferd. Das Geheimnis der Maya (German Edition)
und richtete das Wort erneut an die beiden Posten. Er sprach sehr leise, sodass Muriel nicht alles verstehen konnte, aber er deutete einmal auf sie und dann wieder auf den Tempel und sie konnte sich denken, dass er um ihre Dienstbotentätigkeit verhandelte.
Die Wachen schienen nicht begeistert zu sein, nickten dann aber und der Mann kam wieder zu Muriel. »Die große Acna meint es gut mit mir«, sagte er sichtlich zufrieden und gab Muriel ein Zeichen, ihm zu folgen. »Sie werden dich hineinlassen, wenn du mit der Ware kommst.«
Im Tempel
Schweigend folgte Muriel dem Töpfer den Hügel hinab zu seiner Werkstatt am Rand des Tempelbezirks. Dort lagen, fein säuberlich in Tücher gewickelt, verschiedene Tonfiguren und Dinge des täglichen Gebrauchs, die zum Tempel geschafft werden sollten. Ein Gefäß mit dem Abbild eines Jägers und eines Hirsches, wie Muriel es suchte, war nicht darunter, aber sie ließ sich ihre Enttäuschung nicht anmerken. Immerhin würde sie mit den Waren in den Palast gelangen. Das war mehr, als sie zu hoffen gewagt hatte.
Der Töpfer holte einen geflochtenen Korb, legte die Tonfiguren vorsichtig hinein und reichte ihn Muriel mit den Worten: »Gib gut darauf acht.«
Muriel nickte und machte sich auf den Rückweg zum Tempel.
Die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel und die Trompeten auf dem Ballspielplatz verkündeten mit schrillen Tönen den Beginn des Pok-ta-Pok-Spiels.
Die Laute ließen Muriel erschaudern. Sie dachte an Ah Hunahpu und spürte eine tiefe Traurigkeit in sich aufsteigen. Würde er am Ende das sinnlose Opfer bringen müssen? Würde er verlieren? Oder gewinnen und sein Blut für das Leben des Todgeweihten geben? Wie schon bei ihrem ersten Ritt in die Vergangenheit, als sie dem verstoßenen Mädchen hatte helfen wollen, spürte Muriel auch diesmal wieder die grenzenlose Qual, die ihr der Schwur einbrachte, nicht in die Geschehnisse der Vergangenheit einzugreifen. Es drängte sie, das sinnlose Töten zu verhindern, indem sie allen erzählte, dass Ah Coyopa trotz der selbstlosen Opfer sterben würde. Aber die Göttin hatte ihr aufgezeigt, welche Folgen ein solches Handeln haben konnte, und so riss sie sich zusammen und versuchte, nicht auf die Stimme des Mitgefühls in sich zu achten, die sie drängte, Ah Hunahpus Leben zu retten.
Endlich tauchte der Tempel des Priesterfürsten am anderen Ende des Platzes auf und Muriel konzentrierte sich auf das, was vor ihr lag. Sie wusste, dass sie jetzt keinen Fehler mehr machen durfte. Nicht mehr lange und die Menschen würden vom Spiel zurück in die Stadt strömen, dann war auch die letzte Chance vertan, die Aufgabe zu erfüllen.
Der Korb war schwer, die Luft drückend und schwül. Muriel setzte den Korb ab und wischte sich mit dem Arm den Schweiß von der Stirn. Sie war durstig und wünschte, sie hätte etwas zu trinken, aber um einen Flaschenkürbis voll Wasser mitzunehmen, hatte ihr am Morgen die Zeit gefehlt. Als sie den Korb wieder aufnehmen wollte, glaubte sie hinter einer Häuserwand eine Bewegung zu sehen. Für den Bruchteil eines Augenblicks schien es, als würde eine Frau dort blitzschnell Deckung suchen. Aber der Moment war zu kurz und als Muriel blinzelte und wieder hinsah, konnte sie nichts Ungewöhnliches mehr entdecken.
Ich fantasiere schon, schoss es ihr durch den Kopf. Das kommt davon, wenn man so unter Druck steht.
Entschlossen nahm sie den Korb wieder zur Hand und ging auf die beiden Wachtposten zu. Sie war überzeugt, dass die Männer sie ohne zu zögern einlassen würden, aber das war ein Irrtum.
»Halt!« Wie schon bei ihrem ersten Versuch, in den Tempel zu gelangen, versperrten die beiden Krieger ihr den Weg.
»Ich bringe die Töpferwaren«, sagte Muriel. »So, wie der Töpfer es angekündigt hat.«
»Das sehe ich.« Einer der Männer nickte ernst. »Aber du wirst den Palast nicht betreten.«
»Aber ich …«
»Jedenfalls nicht allein.« Der Wachtposten drehte sich um und rief: »Vukub?«
Eine Weile geschah nichts, dann erschien in der Tür ein ergrauter Mann im schlichten Gewand der Bediensteten. »Was gibt es?«, fragte er mit schnarrender Stimme.
»Das Mädchen hier bringt Töpferwaren für Ah Coyopa«, erklärte der Wachtposten. »Zeig ihr, wo sie die Sachen hinstellen soll.«
Der Alte nickte und forderte Muriel durch eine Handbewegung auf, ihm zu folgen. Die Wachtposten gaben den Weg frei und was Muriel nie für möglich gehalten hatte, geschah: Sie betrat den Palast des Priesterfürsten.
Staunend
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