Ascalon – Das magische Pferd, Band 2: Ascalon – Das magische Pferd. Das Geheimnis der Maya (German Edition)
immer noch Wache standen.
Vor der letzten Biegung blieb Muriel stehen, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand, schloss die Augen und rang um Atem. Es durfte nicht wie eine Flucht aussehen, wenn sie gleich an den beiden vorbeiging.
Muriel spähte um die Ecke und sah, dass die Wachen gerade mit einer Frau sprachen. Sie wirkte sehr aufgebracht, denn sie fuchtelte mit den Armen und sprach so laut, dass ihre Stimme bis ins Innere des Tempels zu hören war. Muriel konnte nicht verstehen, was sie sagte, aber die Gelegenheit erschien ihr günstig. Solange die Frau mit den Wachen redete, würde sie sich unbemerkt davonschleichen können. Sie atmete noch einmal tief durch, straffte sich und schritt ohne Hast auf den Ausgang zu.
Als sie ins Freie trat, geschahen mehrere Dinge gleichzeitig. Hinter ihr, im Tempelinneren wurden Stimmen laut und hektische Schritte hallten durch die Gänge. »Haltet sie auf!«, rief jemand und eine zweite Stimme tönte: »Sie darf nicht entkommen!«
Die Rufe ließen die Wachtposten augenblicklich herumfahren und gaben den Blick frei auf die Frau, mit der sie geredet hatten.
Zamná! Muriel sog erschrocken die Luft ein. Was um alles in der Welt machte Zamná hier?
Doch zum Nachdenken blieb ihr keine Zeit. Die angehende Priesterin hatte sie bereits entdeckt, deutete mit dem Finger auf sie und schrie: »Seht doch! Das ist sie! Da ist die Verräterin aus dem Reich der Schlange! Haltet sie auf! Sie darf nicht entkommen!«
Muriel war vor Schreck wie gelähmt. Alles hätte sie erwartet, aber nicht, dass Zamná ihr ausgerechnet an diesem Tag nachspionieren würde. Die schattenhafte Frauengestalt, die sie auf dem Weg zum Palast gesehen hatte, kam ihr wieder in den Sinn und sie ärgerte sich, dass sie nicht aufmerksamer gewesen war. Aber für Reue war es jetzt zu spät.
Die Wachen reagierten sofort und stürmten auf sie zu, während die zornigen Rufe aus den Gängen des Palastes immer lauter wurden.
Auf der Flucht
Muriel rannte los.
Sie überlegte nicht lange, was sie tat und wohin sie lief. Es war ihr sogar gleichgültig, dass sie sich damit erst recht verdächtig machte. Sie rannte, so schnell sie konnte, schaute weder nach links noch nach rechts und hatte dabei nur einen Gedanken: Sie dürfen mich nicht kriegen!
Ihre Füße fanden den Weg durch die Tempelstadt wie von selbst, während sie auch das Letzte aus ihrem Körper herausholte und auf den Teil des Dschungels zuhastete, in dessen Dickicht Ascalon auf sie wartete. Die Angst verlieh ihr ungeahnte Kräfte, aber ihr Körper war zu schwach, um die Belastung lange durchzuhalten.
Ihr Gesicht war vor Anstrengung gerötet und ihr Atem ging keuchend. Es dauerte nicht lange, bis die Seitenstiche erneut aufflammten, schlimmer als jemals zuvor. Muriel biss die Zähne zusammen und rannte weiter. Bei jedem Schritt hatte sie das Gefühl, als stäche ihr ein Messer in die Seite, aber sie versuchte, nicht darauf zu achten, und kämpfte sich weiter voran. Schritt um Schritt. Meter um Meter, aber der Dschungel schien nicht wirklich näher zu kommen.
Zu weit!, schoss es ihr durch den Kopf. Es ist zu weit. Ich schaffe es nicht.
Durch das pulsierende Rauschen des Blutes in ihren Ohren hörte sie die Verfolger näher kommen, während die wütenden Rufe vor dem Tempel langsam hinter ihr zurückblieben. Ein kurzer Blick nach vorn zeigte ihr, dass sie schon die Hälfte des Wegs zurückgelegt hatte. Der Anblick hätte ihr Mut machen müssen. Aber ihre Kräfte schwanden immer schneller und sie ahnte, dass sie den schmalen Vorsprung zu den Verfolgern nicht mehr lange würde halten können. Furchtsam blickte sie sich um und sah, wie die Männer drohend ihre Speere hoben.
»Ascalon!« Muriels Stimme war nicht mehr als ein Krächzen. Todesangst schnürte ihr die Kehle zu, trotzdem versuchte sie es noch einmal: »Ascalon, hilf mir!«
Tränen verschleierten ihren Blick und machten aus dem Dschungel eine verschwommene Wand aus Grün- und Brauntönen. Ihre Beine schienen aus Blei zu sein. Jeder Schritt wurde zur Qual. Da stieß ihr Fuß gegen etwas Hartes. Vom eigenen Schwung getragen, taumelte sie noch ein paar Schritte weiter, dann verlor sie das Gleichgewicht und stürzte zu Boden.
Der Aufprall raubte ihr fast die Besinnung. Aber die Furcht vor den Verfolgern war stärker als die drohende Ohnmacht. Längst hatten die Instinkte die Kontrolle über ihren Körper übernommen und alle anderen Gedanken ausgeschaltet. Das Faltbuch, die Göttin, der Auftrag … all das
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