Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
auf Interesse zu stoßen. Ohne zu zögern, begann sie Muriel alles über König Artus zu berichten. In der nächsten halben Stunde hörte Muriel die Legenden, die sich um seine Geburt woben, die seine Begegnung mit dem Druiden Merlin beschrieben, und davon, wie er das magische Schwert Excalibur aus dem Stein gezogen hatte, um König zu werden. Sie hörte von seiner Liebe zu der schönen Guinevere und davon, wie er die Tafelrunde gegründet hatte. Einiges davon wusste sie schon, anderes war ihr neu. Zu ihrer großen Enttäuschung schien die Händlerin nichts über den Schlüssel von Avalon zu wissen, auch wenn sie die geheimnisvolle Insel im Nebel, auf der Artus’ Schwester, die Fee Morgana, wohnen sollte, hin und wieder erwähnte. Muriel wollte gerade danach fragen, als sich der Wald vor ihnen lichtete und den Blick freigab auf ein gewaltiges weißes Schloss, das mit seinen unzähligen Türmen, Erkern und trutzigen Wehrmauern im Licht der Abendsonne auf einem Hügel thronte.
Der majestätische Anblick verschlug selbst der geschwätzigen Wollhändlerin die Sprache. Sie beendete ihren Monolog mitten im Satz und legte die restlichen Schritte zum Waldrand in ehrfürchtigem Schweigen zurück.
Für eine Weile stand Muriel stumm und staunend neben der Händlerin, dann hörte sie die Frau murmeln: »Ich hörte, dass Camallate wunderschön sein soll, aber ich hätte nie gedacht, dass es so prächtig, gewaltig und atemberaubend ist.«
Camelot
Prächtig, gewaltig und atemberaubend ...
Keines dieser Wörter konnte auch nur annähernd beschreiben, was Muriel beim Anblick der sagenumwobenen Burg empfand. Camelot sah aus, als wäre es einem monumentalen Gemälde oder einem Hollywood-Film entsprungen; ein strahlender Edelstein aus weißen Mauern und roten Dächern im Sonnenlicht. Aber auch das traf es nicht wirklich. Muriel schluckte trocken. Die Bilder, die sie in Büchern oder im Fernsehen von Camelot gesehen hatte, verblassten im Angesicht der Wirklichkeit zu farblosen Schablonen und sie fragte sich, wie die Menschen damals ohne technisch aufwendige Baumaschinen in der Lage gewesen sein mochten, eine solch prächtige Festungsanlage zu bauen.
Camelot war auf einem Hügel jenseits der Talmulde errichtet, die die Burg von dem Wald trennte. Eine schneeweiße Wehrmauer von mindestens dreißig Metern Höhe lief um den gesamten Hügel herum. Alle fünfzig Meter sorgten runde Wehrtürme mit spitzen roten Dächern dafür, dass die Wachen auf den Zinnen einen guten Blick auf die Umgebung hatten. Dahinter waren, dicht an dicht, weitere Hausdächer zu sehen, die davon kündeten, dass der Hang hinter den Mauern bis auf den letzten Platz bebaut sein musste. Auch eine Kirche war zu erkennen. Auf dem Hügel selbst thronte die schneeweiße Burg. Eine zweite, etwas kleinere, aber nicht weniger imposante Wehrmauer mit Wehrtürmen trennte sie von der davorliegenden Stadt.
An der linken Seite Camelots begrenzte ein Fluss auf natürliche Weise die Ausdehnung der Festungsanlage. Hier schienen die äußeren Wehrmauern direkt dem Fluss zu entwachsen. Eine steinerne römische Bogenbrücke führte über den Fluss an das andere Ufer. Auf ihr waren Reiter, von Ochsen gezogene Händlerkarren und Menschen zu sehen, die Camelot verließen oder hineinwollten. Zweifellos musste dort das Haupttor der Stadt liegen, denn der Weg, der sich vom Wald kommend durch das Tal in Richtung Camelot schlängelte, mündete in einen Mauerdurchlass, der so schmal war, dass ein Karren ihn niemals hätte passieren können.
Das kleine Tor lag nur wenige Schritte vom Flussufer entfernt. Muriel hätte es fast nicht gesehen, denn der Platz vor der Festung glich einem gewaltigen Heerlager. Hunderte von einfachen Ein- und Zweistangen-Zelten erstreckten sich von der Festungsmauer bis weit ins Tal hinein. Wer keinen Schutz vor Wind und Wetter hatte, schlief einfach auf dem Boden. Überall sah Muriel die schlanken Rauchsäulen der Lagerfeuer aufsteigen und Menschen, die geschäftig hin und her eilten oder ihrem Tagewerk nachgingen.
Die Spitzen der Zelte, Wehrtürme und Zinnen waren mit bunten Wimpeln, Fahnen und Bannern geschmückt. Sie flatterten munter im Wind, der den Rauch der Herdfeuer und Schmieden vor sich hertrieb und Muriel den Geruch nach verbranntem Holz und schwelender Kohle zutrug.
»Cool.«
»Ist dir kalt?« Die Wollhändlerin schaute sie stirnrunzelnd von der Seite her an.
»Nein ... ähm, ja.« Muriel hatte gar nicht bemerkt, dass sie laut gesprochen hatte.
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