Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
Len ließ den Kopf hängen und trottete davon. Ein wenig tat er Muriel nun doch leid. Die Familie war wirklich sehr arm. Sie wünschte, sie könnte Len eine Freude machen, schließlich hatten Mary und er ihr sehr geholfen. Für einen Augenblick überlegte sie, ob sie ihm ein oder zwei der Hacksilberstücke schenken sollte, entschied sich dann aber dagegen. Sie wusste nicht, welchen Wert die Stücke hatten. Wer konnte schon sagen, was die Familie davon kaufen würde und ob das nicht einen Einfluss auf die Zukunft haben würde. So bedankte sie sich nur noch einmal höflich und verabschiedete sich von den Kindern.
Lens Mutter erklärte ihr den kürzesten Weg nach Camallate, dann machte sich Muriel allein auf den Weg. Lens Mutter hatte ihr etwas Brot und zwei Äpfel geschenkt, die sie unterwegs hungrig verzehrte, obwohl das Brot trocken und die Äpfel hart und sauer waren. Ihren Durst löschte sie an einem kleinen Bach, der sich durch die Felder in den Wald hineinschlängelte. So gesättigt fühlte sie sich fit genug, um notfalls auch zu Fuß zur Burg zu laufen.
Unterwegs versuchte sie sich mit dem Gedanken zu trösten, dass Ascalon schon irgendwann zu ihr aufschließen würde. Aber diese Hoffnung schwand mit jedem Schritt, den sie tat, ein wenig mehr. Ein paar Mal rief sie leise nach ihm, erhielt aber keine Antwort.
»Wo steckst du denn?« Muriel seufzte betrübt. Jetzt bereute sie es wirklich, ohne den Ring losgeritten zu sein. Ohne ihn würde es für Ascalon sehr schwer werden, sie zu finden. »Ach, was«, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. »Ascalon kennt meinen Auftrag und wird mich gewiss in Camelot suchen.« Der Gedanke ließ die Hoffnung auf ein glückliches Wiedersehen neu aufkeimen. Sorgen und Ängste aber blieben, auch wenn sie versuchte nicht auf die Stimme zu achten, die ihr immer wieder zuflüsterte, dass sie ohne Ascalon niemals nach Hause würde zurückkehren können.
Nachdem Muriel das Dorf auf einem ausgetretenen Waldweg umrundet hatte, gelangte sie an eine breite gepflasterte Straße, die, wie Lens Mutter ihr erzählt hatte, einst von den Römern gebaut worden war. Ein plumper Ochsenkarren, dem zwei dicke runde Eichenscheiben als Räder dienten, rumpelte vorbei, als sie aus dem Gebüsch auf die Straße hinaustrat. Für einen Augenblick war sie versucht den Kutscher zu fragen, ob er sie mitnehmen würde. Aber der feiste, mürrisch dreinblickende Mann auf dem Kutschbock hatte sich tief in seine schäbige Kutte verkrochen und sah nicht so aus, als ob er gern Gesellschaft hätte.
So setzte sie ihren Weg zu Fuß fort. Es war ein milder und sonniger Herbsttag. Zwischen den Bäumen hatte sich ein leichter Dunst gebildet. Einmal sah Muriel ein Rudel Hirsche, das ganz in der Nähe auf einer Lichtung äste. Es war ein bezaubernder und seltener Anblick. Muriel blieb stehen und beobachtete die Tiere. Dann fiel ihr ein, dass sie eigentlich keine Zeit dafür hatte, und ging weiter. Ganz vorsichtig, um die Tiere nicht zu erschrecken, bewegte sie sich. Der Hirschbulle aber war wachsam. Kaum dass sie ein paar Schritte gegangen war, schnellte der Kopf mit dem prächtigen Geweih in die Höhe. Ein kurzer Blick genügte, dann stürmte er, gefolgt von den Hirschkühen mit ihren halbwüchsigen Kälbern, in das Unterholz.
Obwohl Muriel die Tiere schon längst nicht mehr sehen konnte, hörte sie es im Unterholz immer noch knacken und krachen. Und während sich das Lärmen des flüchtenden Rudels im Wald verlor, hörte sie hinter sich ein anderes, sehr vertrautes Geräusch. Hufschlag!
Ascalon! Muriel wirbelte herum und spähte mit klopfendem Herzen die Straße entlang. Viel sehen konnte sie nicht. Kaum fünfhundert Meter hinter ihr machte die Straße eine Biegung und verschwand hinter einer Wand aus Baumstämmen und Brombeerbüschen.
Der Hufschlag wurde lauter. Ein kraftvoller bodengewinnender Galopp. Muriel hielt den Atem an und ballte vor Anspannung die Fäuste. Jeden Augenblick musste Ascalon um die Ecke kommen. Am liebsten wäre sie ihm entgegengelaufen, aber das erschien ihr dann doch zu gefährlich, immerhin wusste er nicht, dass sie hier auf ihn wartete.
»Ascalon!« Als im Dunst des Nachmittags ein brauner Pferdekopf mit wallender blonder Mähne hinter den Bäumen auftauchte, stürmte Muriel los. »Asca...« Sie brach ab und stoppte schon nach drei Schritten abrupt. Das Pferd war nicht allein. Es trug einen in teures Tuch gekleideten Reiter.
Der Mann konnte noch nicht sehr alt sein. Er hatte lange
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