Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
»Es ... es wird langsam kühl hier im Schatten. Findet Ihr nicht?« Gespielt fröstelnd schlang Muriel die Arme um den Oberkörper, um ihre Worte zu unterstreichen.
»Nun ja, ich bin gut gepolstert, wie du siehst.« Die Wollhändlerin ließ wieder ihr heiseres Lachen erklingen und fügte hinzu: »So dürr, wie du bist, ist es doch kein Wunder, dass dich friert. Komm!« Sie winkte Muriel ihr zu folgen und machte sich daran, ins Tal hinabzugehen. »Es wird Zeit, dass ich die Burg erreiche. Ich bekomme langsam Hunger.«
Muriel warf unschlüssig einen Blick zurück in den Wald. Wo blieb Ascalon denn nur? Da waren sie wieder, die Sorgen ... War er beim Sprung durch die Zeit zu weit geritten? Aber dann würde er doch sofort umkehren und zu ihr kommen. Muriel war überzeugt, dass Ascalon sie nicht im Stich lassen würde. Trotzdem plagten sie Zweifel. Es konnte Ascalon überallhin verschlagen haben, so geschwächt, wie er auf dem Ritt gewesen ist. Und wenn er nun an einem anderen Ort gelandet ist und mich nicht finden kann, weil ich den Ring daheim vergessen habe? Muriel ärgerte sich, dass sie nicht nachdrücklicher darauf bestanden hatte, den Ring zu holen. Wie hatte sie nur so leichtgläubig sein können? Jetzt war sie hier vielleicht für immer gefangen und würde nie wieder ...
Nein. Muriel schüttelte energisch den Kopf. Daran wollte sie jetzt nicht denken. Ganz gewiss würde die Schicksalsgöttin nicht zulassen, dass ihr und Ascalon etwas zustieß. Er würde schon noch kommen, ganz bestimmt. Mit einem traurigen Seufzer wandte Muriel sich um und folgte der Wollhändlerin ins Tal.
Je näher sie dem Heerlager kamen, desto lauter wurden die summenden Geräusche, die das Zusammenleben so vieler Menschen auf engem Raum mit sich brachte. Über das Summen hinweg hörte Muriel Schmiede hämmern und Waffen klirren, die im Training gegeneinandergeschlagen wurden. Sie hörte Pferde wiehern und Befehle, die lautstark durch das Lager gebrüllt wurden. Das allgegenwärtige Lärmen schwoll weiter an und nahm dem Heerlager den Zauber des ersten Anblicks. Ein Umstand, der sich sogar noch weiter verschlimmerte, als der Wind Muriel die unangenehmen Gerüche zutrug, die von dem Heerlager ausgingen.
Wortlos stapfte sie neben der Wollhändlerin her, während sie das Lager mit wachsendem Unbehagen musterte. Die Wiese vor den Wehrmauern war von Tausenden Füßen zu einem schlammigen Brei getreten worden. Jenseits der letzten Zelte bildeten Unrat und Küchenabfälle übel riechende Haufen, auf denen sich Heerscharen von Ratten tummelten.
Muriel hielt sich angewidert die Hand vor die Nase. Aus der Ferne hatte das Heerlager so prächtig ausgesehen. Aus der Nähe aber wurde deutlich, dass es hier weder edle Ritter noch beeindruckende Schlachtrösser zu sehen gab. Die Menschen, die für König Mordred in die Schlacht zogen, waren fast ausnahmslos einfache Bauern und Handwerker, die ärmlich gekleidet waren und nur mit dem Notwendigsten versorgt wurden. Die Zelte waren schmutzig, Banner und Flaggen zerschlissen, die Farben von der Sonne ausgeblichen.
Muriel konnte nicht glauben, dass dies das Heer eines mächtigen Königs sein sollte. Entweder die Filmemacher in Hollywood hatten kein Ahnung, wie es zu Zeiten König Artus’ wirklich zugegangen war, oder sie wollten es nicht wissen. »Ist das wirklich König Mordreds Heer?«, wandte sie sich an die Wollhändlerin, in der Hoffnung, dass vielleicht sie es war, die sich täuschte.
»Natürlich, was denn sonst?« Die Wollhändlerin blieb stehen, hustete und kam ganz dicht an Muriel heran. »Glaubst du, unser geliebter König Artus würde zulassen, dass seine Männer in so einem Dreck leben?«, raunte sie ihr zu.
Muriel antwortete nicht. Es erstaunte sie, dass die Menschen Mordred offenbar nicht mochten, obwohl er ihr neuer König war. Noch mehr wunderte es sie, dass es ihm dennoch gelungen war, ein so großes Heer aufzustellen, um noch einmal gegen König Artus in die Schlacht zu ziehen.
»Wenn alle lieber Artus als König hätten, wieso kämpfen dann so viele auf Mordreds Seite?«, fragte sie.
»Na, du stellst vielleicht Fragen.« Die Wollhändlerin schüttelte verständnislos den Kopf. »Wenn du fünf oder sechs hungrige Mäuler daheim zu stopfen hast, fragst du nicht danach, wer dir deinen Sold bezahlt. Die Menschen hier sind arm und es gibt nur wenig Arbeit. Wenn sie nicht kämpfen, werden ihre Familien verhungern.«
»Und warum kämpfen sie dann nicht für Artus?« Muriel verstand das
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