Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
musste Muriel mit ansehen, wie er vor Ascalon trat und die Peitsche hob.
»Muriel!« Wilmas Stimme schnitt wie der Peitschenhieb durch die Luft. »Komm sofort da runter. Ich befehle es dir.«
Muriel wusste, dass sie folgen musste. Wenn sie es nicht tat, war alles verloren, was sie bisher erreicht hatte. Aber sie konnte nicht. Die Angst um Ascalon war zu groß. Mit angehaltenem Atem verfolgte sie, was auf dem Platz geschah. Der erste Peitschenhieb hatte Ascalon noch verfehlt. Offenbar wollte der Händler seine prächtige Ware nicht beschädigen.
Bitte, wehre dich nicht, sandte Muriel einen flehenden Gedanken an Ascalon. Bitte!
Tatsächlich blieb Ascalon diesmal ganz ruhig stehen. Zwei Männer kamen herbeigeeilt, um dem Händler beim Aufsitzen zu helfen. Doch kaum dass er das Bein über Ascalons Rücken geschwungen hatte, bäumte sich dieser wieder auf und warf ihn ab. »Du verdammter Teufel!« Außer sich vor Wut rappelte sich der Händler auf, griff nach der Peitsche und holte erneut zum Schlag aus ...
»Nein!« Muriel schrie auf und schlug die Hände vor die Augen. Aber das Geräusch, mit dem die Peitsche Ascalons Körper traf, blieb aus. Stattdessen hörte sie eine bekannte Stimme sagen: »Aber, aber. Wer wird denn ein so edles Tier mit der Peitsche züchtigen wollen?«
Die Dame vom See
Muriel ließ die Hände sinken und beobachtete, was sich auf dem Platz zutrug. Ein kleinwüchsiger Mann in einem bodenlangen dunkelblauen Mantel war aus der Menge getreten und nahm dem Pferdehändler die Peitsche aus der Hand. Er trug einen Hut in der Farbe des Mantels, dessen schmale Krempe das Gesicht verdeckte. Die kunstvollen in Gold und Weiß gestickten Borten, die Hut und Mantel zierten, ließen keinen Zweifel daran, dass es sich um eine hochgestellte Persönlichkeit handelte. Doch erst als der Mann ihr einmal kurz das Gesicht zuwandte, erkannte Muriel ihn – es war Kendell, der Hofmarschall von König Mordred.
»Ein Vögelchen trug mir zu, dass hier ein ganz besonderes Pferd zum Verkauf angeboten werden soll«, sagte er gerade. »Ein prächtiges und stolzes Pferd, wie es in Camallate nie zuvor gesehen wurde.« Er umrundete Ascalon in sicherer Entfernung, musterte ihn von oben bis unten mit prüfendem Blick und sprach weiter: »Man sagt, es sei eines der prächtigen Wildpferde von den Nebelwiesen des Sommersees, das wie kein anderes unseres Königs würdig ist.«
»Unsinn. Das ist ein ganz gewöhnliches Pferd«, beeilte sich der Händler zu erklären. Er zog ein fleckiges Tuch aus seiner Hosentasche und wischte sich damit den Schweiß von der Stirn. Die Bewegung wirkte hektisch, fast furchtsam. Muriel hatte den Eindruck, als sei ihm das Auftauchen des Hofmarschalls gar nicht recht. »Seht Ihr?« Der Händler fuhr Ascalon durch die üppigen Stirnhaare. »Dieser Gaul ist eines Königs nicht würdig. Er ist störrisch und wild. Fragt die Leute hier.« Er deutete auf die umstehende Menge. »Sie haben mit eigenen Augen gesehen, was für ein Teufel das ist.«
»Die Meinung des Pöbels interessiert mich nicht«, erwiderte der Hofmarschall gelassen. »Die Leute können sich glücklich schätzen, dass ich sie nicht allesamt in den Kerker werfen lasse, weil sie das Versammlungsverbot des Königs missachtet haben.« Er machte ein Handzeichen, worauf gleich mehrere bewaffnete Soldaten auf den Platz traten, und befahl: »Treibt sie auseinander. Hier gibt es nichts mehr zu sehen.«
»Aber ... aber, das Pferd«, stammelte der Händler mit einem Blick auf die sich zerstreuende Menge. »Ich wollte es verkaufen. Was wird nun aus meinem Geschäft?«
»Nichts.« Der Hofmarschall wandte sich um und gab zwei Soldaten den Befehl, die Stricke zu übernehmen, mit denen die Männer Ascalon noch immer festhielten. »Ich beschlagnahme es im Namen des Königs. Ein so prächtiges Tier scheint mir wie geschaffen dafür, König Mordred nach seinem Sieg über den Aufrührer Artus im Triumphzug nach Camallate zu tragen. Wir nehmen das Pferd mit auf die Burg.«
»Aber ...« Alle Farbe wich aus dem Gesicht des Händlers, als ihm klar wurde, dass ihm Ascalon nicht den erhofften Reichtum einbringen würde. »Aber mein Lohn?«
»Lohn?« Der Hofmarschall lachte spöttisch. Als er weitersprach, war seine Stimme gefährlich leise. »Ist es dir nicht Lohn genug, unserem geliebten Herrscher einen Dienst erwiesen zu haben?«
»Doch ... doch schon.« Der Pferdehändler konnte seine Wut kaum unterdrücken. Unablässig knetete er das Tuch in den Händen und
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