Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
Pferd verkaufen wollte.« Sie seufzte noch einmal, um ihre Worte zu unterstreichen, und fuhr dann fort: »Ihr hätte sie sehen sollen, wie sie dastand und gaffte. Wie ein gewöhnliches Bauernmädchen, ohne Manieren und ohne auch nur eine Spur von Anstand und Würde. Peinlich war das, zutiefst peinlich.«
Lady Guinevere schaute Muriel an. Ihr Blick wirkte traurig, aber es lag kein Vorwurf darin: »Ist das wahr?«, fragte sie sanft. »Bist du tatsächlich auf einen Karren geklettert, um einem Pferdehändler zuzusehen?«
»Ja, Mylady.« Muriel schaute beschämt zu Boden.
»Da hört Ihr es!«, keifte Wilma zornig. »Dachtet Ihr etwa, ich würde nicht die Wahrheit sagen? Ihr wisst genau, dass ich Euch niemals anlügen würde. Dieses Mädchen ist eine Ente im Pfauenkleid und taugt so wenig für das Leben am Hofe wie jedes andere Bauernmädchen in Camallate.«
»So beruhige dich doch erst einmal, Wilma.« Lady Guinevere blieb ganz ruhig. »Ich weiß, wie sehr dich unschickliches Verhalten stört, aber ich weiß auch, dass wir alle einmal jung und ungestüm waren, und möchte nicht vorschnell urteilen.« Sie erhob sich, kam auf Muriel zu und hob deren Kinn mit der Hand so weit an, dass diese sie ansehen musste. »Willst du mir nicht erzählen, was vorgefallen ist?«
Muriel nickte. Sie schämte sich für ihr Verhalten und verstand sogar Wilmas Wut. Sie wusste aber auch, dass sie nicht anders hätte handeln können. Ascalon und sie gehörten zusammen. Es wäre einfach gewesen, Lady Guinevere die Wahrheit zu sagen, aber es war ein Geheimnis, das Muriel nicht preisgeben durfte. »Zu Hause haben wir viele Pferde«, begann sie zu erzählen. »Ich liebe Pferde über alles.« Ihre Stimme klang verschüchtert und ängstlich, in Wirklichkeit aber wollte sie nur Zeit gewinnen, um eine passende Antwort zu finden. Die ersten beiden Sätze waren leicht und nicht einmal gelogen, aber dann wurde es schwierig. »Ich habe As... ähm, das Pferd wiehern gehört und wurde neugierig. Ich weiß sehr wohl, wie sich ein ängstliches Wiehern anhört, aber da standen so viele Leute und ich konnte nichts sehen ...«
»Und dann bist du auf den Karren gestiegen.«
»Ja.« Muriel nickte.
»Und warum bist du nicht heruntergekommen, als Wilma dich gerufen hat?«
»Es war so ein schönes Pferd«, sagte Muriel gedehnt. »Ein besonderes ...«
»Pah, ein ganz normales Pferd war es!«, rief Wilma dazwischen.
»Aber es war schön«, beharrte Muriel. »Schöner als alle Pferde, die wir daheim haben. Wunderschön.«
»Was kümmern dich die Pferde anderer Leute?«, herrschte Wilma Muriel an. »Du bist eine Zofe und als solche hast du gehorsam ...«
Ein leises Knistern in der Luft ließ sie verstummen. Muriel spürte ein Kribbeln auf der Haut, wie von einer leichten Elektrizität, und folgte mit den Augen den Blicken der beiden anderen Frauen, die wie gebannt zum Fenster starrten. Dort schienen feine Staubkörnchen im Licht der Nachmittagssonne zu tanzen. Bunte, funkelnde Teilchen, die sich sanft hin und her bewegten und schließlich langsam fließend einen menschlichen Körper formten.
Das ist Magie! Muriel hielt staunend den Atem an. Seit sie der Schicksalsgöttin zum ersten Mal begegnet war, war Magie für sie nichts Neues, allerdings fand sie es immer wieder faszinierend, Magie zu erleben. Der Sprung über das Tor der Pferdekoppel, mit dem sie und Ascalon immer ins Reich der Schicksalsgöttin gelangten, hatte jedes Mal etwas Magisches an sich. Der Ritt durch die Zeit sowieso. Der Brunnen der Zeit, den die Schicksalsgöttin ihr gezeigt hatte, war magisch und auch die Hütte der Schicksalsgöttin, die sich beim Eintreten in einen Palast verwandelte. Noch nie aber hatte sie mit eigenen Augen gesehen, wie eine Person auf magische Weise mitten in einem Raum erschien.
Wenige Augenblicke später stand eine hochgewachsene Frau, wie aus dem Nichts kommend, mitten im Raum. Sie trug einen bodenlangen moosgrünen Umhang, dessen Kapuze ihr Gesicht verhüllte. Dennoch erkannte Muriel sie sofort. Es war dieselbe Frau, die sie schon in der Nacht im Schlafraum der Zofen gesehen hatte.
»Lady Noreen!« Lady Guinevere blickte erschrocken auf. Sie schien die Frau zu kennen. Offenbar verhieß ihr Auftauchen nichts Gutes, denn Muriel sah, wie Lady Guinevere erbleichte. Muriel glaubte einen besorgten, fast ängstlichen Unterton in ihrer Stimme zu hören, als sie fragte: »Was führt Euch von Avalon hierher?«
»Eine Vision«, erklärte die Frau knapp. Ihre Stimme war
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