Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
verkohlte Leiche ruhte nach wie vor unbehelligt in ihrem Bett aus verkohlter Schlacke und Asche, zusammengekauert in einer fötalen Haltung, das Gesicht dem Boden zugewandt. Das herabgestürzte Gebälk hatte eine Art Dach über ihr gebildet, sodass sie nicht zerquetscht worden war. Die Arme waren abwehrend erhoben und verharrten in einer Haltung, die typisch war für Leichen, die man nach Bränden fand: die Fäuste geballt in einer absurden Parodie einer Boxerhaltung, als verspotteten sie die prasselnden Flammen, und als riefen sie ihnen zu: »Kommt schon, wenn ihr euch traut!«
Eine Gestalt in einem Schutzanzug erstellte aus angemessenem Sicherheitsabstand eine Videoaufnahme des Schauplatzes.
»Er ist tot, ohne Zweifel«, fasste Layton zusammen. »So weit, so gut. Es besteht kein Grund, jetzt dort herumzufummeln, um ihn zu untersuchen, selbst wenn es möglich wäre, an ihn heranzukommen. Nebenbei, die Überreste sind vermutlich spröde und zerbröseln wie Kekse unter den Händen. Ich möchte nicht dafür verantwortlich gemacht werden, solange der Leichnam nicht obduziert wurde.«
Er schien darauf bedacht, sich nicht noch schmutziger zu machen, indem er eine verkohlte Leiche hin und her wälzte. Womöglich verbrannte er sich dabei die Hände, und eventuell trat er in eine der erwähnten weggeworfenen Nadeln. Jess fühlte mit ihm. Layton war kein Polizeiarzt, den man üblicherweise in Fällen wie diesem herbeirief, sondern unterhielt eine eigene Praxis. Doch er war am schnellsten erreichbar gewesen, und sie hatten ihn schon bei früheren Gelegenheiten hinzugezogen. Eins musste man ihm lassen: Er war ohne Murren gekommen und hatte seine Arbeit gemacht – den Tod des Opfers festgestellt.
Vielleicht lag es daran, dass es ein wenig anders als die ärztliche Tätigkeit war, die er normalerweise ausübte, doch er konnte der Versuchung nicht widerstehen, ein wenig zu spekulieren. »Natürlich ist es Sache Ihres Pathologen, die genaue Todesursache festzustellen und ob das Opfer unter Drogen stand, doch die Muskelkontraktion sagt mir, dass es noch am Leben war, als das Feuer ausbrach. Vermutlich war die Bewusstlosigkeit zu tief, als dass es sich selbst hätte helfen können. Außerdem finden sich Spuren von Rauch in seiner Lunge, wenn es noch am Leben gewesen ist. Wahrscheinlich hat es von alldem nichts mitbekommen. Ich schätze, es starb durch den Rauch, nicht durch das Feuer.«
Layton straffte sich. »Ich muss weiter. Ich habe noch eine Reihe von Hausbesuchen vor mir.« Er fuhr sich mit der Hand durch die wirren grauen Haare in dem Versuch, sie ein wenig zu glätten.
Jess begleitete ihn zu seinem Wagen. »Sie sagten, Sie kennen die Familie, der das Haus gehört?«
Die Frage schien ihn zu überraschen, und für einen Augenblick starrte er sie an, als hätte sie sich einen Fauxpas erlaubt. Doch dann schien ihm einzufallen, dass sie ja schließlich ein Police Officer war und am Anfang eines Ermittlungsverfahrens zu einem Brand mit tödlichem Ausgang stand, und er setzte zu einer vorsichtigen Antwort an.
»Ich kannte Sebastian – den früheren Besitzer. Er war ein Patient von mir. Oh, es ist Jahre her – er ist schon eine ganze Weile tot. Er war einer meiner ersten Patienten, als ich hier am Ort meine Praxis eröffnete, darum erinnere ich mich an ihn. Es gibt immer noch Leute, die den Nationalen Gesundheitsdienst ablehnen und Alternativen vorziehen. Ich war zwanzig Jahre lang sein Arzt. Ich kann nicht sagen, dass ich seinen Sohn Gervase kannte. Zumindest nicht als erwachsenen Mann, heißt das. Ich weiß, dass es ihn gibt. Er war die meiste Zeit im Internat und bereitete seinem Vater die üblichen Kopfschmerzen. Vermutlich hat ihn der Schularzt im Krankheitsfall behandelt. Soweit ich mich erinnern kann, ist er als Jugendlicher nicht mehr in meiner Praxis gewesen, und ganz sicher nicht als Erwachsener. Seine Mutter war ein paar Mal mit ihm da, als er noch ein Kind war. Die üblichen Impfungen und Kinderkrankheiten. Ich kann nicht sagen, wo er in den Jahren danach ärztlich versorgt wurde. Vielleicht war er als Kassenpatient bei einer anderen Praxis. Sein Vater hat stets über ihn gejammert, wie alle Eltern über ihre halbwüchsigen Kinder schimpfen.«
Erneut warf Jess einen Blick auf die verkohlten Überreste des Hauses. »Dann war Sebastian Crown ein reicher Mann?«
»Recht wohlhabend, würde ich sagen. Hier in der Gegend wohnen einige reiche Leute. Wenn ich mich recht entsinne, hat er sein Geld mit Hundeshampoo
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