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Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)

Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)

Titel: Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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du, was mich nicht im Geringsten überraschen würde? Wenn sie eine Leiche in der Asche finden, sobald das Feuer heruntergebrannt ist.«
    »Oh nein!«, rief Poppy erschrocken. Plötzlich war sie hellwach und setzte sich im Bett auf. »So etwas darfst du nicht sagen, Roger!«
    »Ach Herrgott, Poppy, leg dich wieder hin«, erwiderte ihr Ehemann.
    Das Feuer hatte nach Kräften gewütet, doch Key House war nicht so einfach zu vernichten. Es war ein massives Steingebäude aus dem frühen achtzehnten Jahrhundert. Seine ersten Bewohner waren bereits zu Queen Annes Zeiten eingezogen. Nach Queen Annes Tod hatten die Mitglieder des Hauses Hannover die Herrschaft übernommen, und die ins Exil verbannten Stuarts hatten sich gegen sie verschworen. Key House hatte sie und die folgenden Generationen kommen und gehen sehen und allen Stürmen bis heute getrotzt. Seine Wände waren an der Basis annähernd einen Meter dick und verjüngten sich nach oben hin. Unter dem Dach maßen sie weniger als dreißig Zentimeter. Das Dach war mit den traditionellen Cotswold-Schieferplatten in sechsundzwanzig verschiedenen Größen gedeckt, von denen jede ihre eigene Bezeichnung und feste Position auf dem Dach hatte. Jetzt nicht mehr – die Platten waren in den darunterliegenden Innenbereich gestürzt, und dort lagen sie nun kreuz und quer durcheinander: lange und kurze Bachelors, Becks und Wivutts und wie sie alle hießen. Sie würden irgendwann geborgen werden, schon wegen ihres Wertes, und wenn sie nicht zum Wiederaufbau von Key House benutzt wurden, dann eben für ein anderes Dach.
    Der Rest, die Eichentreppe mit dem gedrechselten Geländer und den von Schnitzereien überladenen Pfosten, das Parkett, das Gebälk und die vom Alter dunklen Holzvertäfelungen in Eingangshalle, Studierzimmer und Speisesaal – alles war fort. Die Überreste des aus alten Baumstämmen gezimmerten Gebälks waren noch zu sehen. Sie schwelten vor sich hin, vom Feuer geschwärzt und verkohlt und in unregelmäßige Stücke geborsten. Sogar die Astlöcher waren noch zu erkennen sowie die gelegentlichen Narben, wo die Zimmerleute einst mit der Axt zu tief gezielt hatten.
    Es war bereits Nachmittag, als man die Leiche unter den Trümmern der ehemaligen Küche entdeckte, wo Reste der modernen Einbaumöbel geschwärzt an den Wänden hingen. Roger Trenton sollte bald erfahren, dass er recht gehabt hatte.
    Inspector Jessica Campbell traf erst spät am Tatort ein, als Folge des grausigen Fundes. Sie betrachtete den dampfenden Qualm, der immer noch aus der Ruine waberte. Auf ihren Wangen spürte sie die Hitze, die von den einst glatt behauenen Cotswoldsteinen herrührte. Auch die Steine hatten das Feuer überlebt, wenngleich rußgeschwärzt und immer noch zu heiß zum Anfassen. Jessica legte sich die kalten Finger auf das Gesicht und spürte, wie die Spitzen die Wärme aufnahmen und zu kribbeln anfingen.
    Bis jetzt war es ein milder Monat gewesen, doch in den letzten beiden Tagen hatte sich der Winter auf unnachgiebige Weise mit zunehmenden Winden und erstem Frost angekündigt. Die Büsche, Sträucher und Straßenbäume wurden in dieser verlassenen Straße anscheinend von niemandem zurückgeschnitten und gaben ein beinahe unwirkliches Bild ab mit ihren zu langen, kahlen Zweigen. Totes Laub häufte sich in windstillen Ecken und füllte die Gräben. Nur einige wenige Bäume wuchsen voller Trotz weiter, als wüssten sie, dass die wenigen übriggebliebenen Blätter das Rot und Gelb ihrer herbstlichen Pracht nicht zu ersetzen vermochten, geschweige denn das üppige frische Grün des nächsten Frühlings, wenn er denn endlich kam.
    Trockenes Laub war über die vernachlässigten Rasenflächen von Key House geweht und hatte sich zwischen den dichten Ranken der Brombeersträucher gesammelt, wo es zu Mulch zerfallen war. Die Brombeeren hatten den Garten im Lauf der Jahre regelrecht überwuchert und reichten inzwischen fast bis zum Gebäude. Die Feuerwehrmänner hatten bei ihrer Arbeit viele der dornigen Tentakel niedergetrampelt, und das Löschwasser aus den Schläuchen ließ die Laubdecke vor Nässe glänzen. Wenn die Menschen diesen Ort erst wieder verlassen hatten, würden sich die Brombeeren von ihrer vorübergehenden Niederlage erholen und unerbittlich ihren Weg über den ehemaligen Rasen in Richtung Haus fortsetzen. Falls sich niemand fand, der Key House wieder aufbaute, würden sich Ranken und Gestrüpp einen Weg durch die im Mauerwerk klaffenden Löcher der zerbrochenen Fenster und

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